Wohnen - Berlin:425 Anzeigen zu Verstößen gegen Mietendeckel-Gesetz

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Berlin (dpa/bb) - Die zwölf Bezirksämter in Berlin haben bis Ende Mai 425 Anzeigen und Hinweise zu Verstößen gegen den Mietendeckel erfasst. Wie die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen am Mittwoch mitteilte, bezogen sich 270 Anzeigen auf den Mietenstopp, der seit Inkrafttreten des Gesetzes Ende Februar gilt. In 105 Fällen habe es Beschwerden im Zusammenhang mit der Auskunftspflicht durch die Vermieter gegeben. Bei 44 Anzeigen gehe es um die geltenden Mietobergrenzen bei Wiedervermietung, bei 6 Anzeigen um die erst ab November mögliche Absenkung überhöhter Mieten.

Der Berliner Senat hat die Eckpunkte für das Mietendeckelgesetz am 18. Juni 2019 veröffentlicht - vor einem Jahr. Der 18. Juni 2019 ist außerdem der Stichtag, ab dem die Mieten eingefroren wurden. Klagen gegen das Gesetz laufen vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Berliner Verfassungsgerichtshof.

"Ich gehe davon aus, dass das Gesetz der gerichtlichen Überprüfung standhalten wird", sagte Katrin Lompscher, Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen. "Der Mietendeckel ist eine Reaktion auf den entfesselten Immobilienmarkt und gleichzeitig das Signal, dass der rot-rot-grüne Senat entschlossen und im Sinne der Mieterinnen und Mieter dieser Stadt handelt."

Maren Kern, Vorständin beim Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, teilte dazu mit: "Die sehr geringen Fallzahlen zu Anzeigen und Verstößen gegen den Mietendeckel zeigen: Trotz begründeter Zweifel an seiner Verfassungsmäßigkeit hält sich die Wohnungswirtschaft selbstverständlich an Recht und Gesetz." Im Übrigen gelte: "Die Versorgung mit angemessenem Wohnraum in einem angespannten Markt wird in erster Linie mit mehr Neubau erreicht. Der wiederum funktioniert besser mit Kooperation statt Frontstellung."

Der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, sagte am Mittwoch, der Mietendeckel bringe eine spürbare Entlastung für alle Mieter in Berlin. Mieterhöhungen habe es seit dem 18. Juni 2019 nur vereinzelt gegeben, auch nicht mittels Modernisierung. "Die Mieterhöhungen vom Sommer 2019 wurden - oft zähneknirschend und unter Androhungen von Kündigungen - von der überwiegenden Zahl der Vermieter zurückgenommen."

Nach Schätzung des Mietervereins halten sich Vermieter zu 95 Prozent an das Mietendeckel-Gesetz. "Das hat zu einer Entlastung für Mieter geführt, die im Hinblick auf die sozialen Folgen der Corona-Pandemie von sehr hohem Wert ist", sagte Wild.

Wohnungsuchende, die einen Mietvertrag abschließen wollten, stünden aber oft vor schwierigen Entscheidungen. Der Mieterverein schätzt, dass 80 Prozent der Vermieter bei neuen Verträgen zwei Mieten verlangten, eine mietendeckelkonforme Miete und eine höhere, die zu zahlen sei, falls das Gesetz für verfassungswidrig erklärt werde oder auslaufe.

Der Mieterverein hält diese sogenannte Schattenmiete für unzulässig, weil damit dem Mieter eine nach AGB-Recht unzumutbare Vertragsklausel aufgezwungen werde. Maßgebliche Landgerichtsurteile dazu fehlten aber noch.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: