Wirecard:Marsalek-Vertrauter gesteht vor Gericht

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Ein Fahndungsaufruf nach Jan Marsalek, Ex-Vertriebsvorstands des ehemaligen Dax-Konzerns Wirecard. Seit Sommer 2020 ist Marsalek abgetaucht. (Foto: Daniel Bockwoldt/picture alliance/dpa)

In dem Verfahren gegen Aleksandar V. geht es nicht um die Wirecard-Millionen, sondern um eine Steuerschuld aus dem Jahr 2018. Auf den Mann wartet noch ein größerer Prozess.

Von Susi Wimmer, München

Wie stellt man sich einen Manager vor, der zusammen mit Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek die geklauten Millionen "gewaschen" und Investoren betrogen haben soll? Sicher nicht so, wie Aleksandar V., der auf der Anklagebank vor dem Amtsgericht München sitzt: leger, locker, nahezu entspannt wirkt der Freund und Geschäftspartner des flüchtigen Marsalek. Schließlich geht es für ihn in dem Verfahren - gemessen an den Ausmaßen des Wirecard-Skandals - nur um Peanuts, um Steuerhinterziehung, um einen Betrag von gut 30 000 Euro.

Erst im Mai dieses Jahres war Aleksandar V., der sich selbst als "arbeitssuchend" bezeichnet, ein Strafbefehl der Münchner Staatsanwaltschaft ins Haus geflattert: Er soll als alleiniger Geschäftsführer der Firma BGN55 Trading Company im Jahr 2018 keine Steuererklärung abgegeben und damit die Umsatzsteuer in Höhe von 32 335 Euro verkürzt haben. Damals befand sich der Firmensitz noch in München, ehe er nach Berlin wechselte.

Der 51-jährige V. legte über seinen Anwalt Bernhard Knies Einspruch gegen den Strafbefehl ein. Deshalb ging die Causa an das Amtsgericht zur Verhandlung. Ziel sei es, so sagt Knies, die Steuersache wegen Geringfügigkeit im Hinblick auf ein kommendes Verfahren am Landgericht München I einzustellen.

Die Vorwürfe, die die Staatsanwaltschaft noch gegen V. erhebt, sind heftig: Als Freund und Geschäftspartner von Jan Marsalek soll V. über 20 Wirecard-Millionen über Investitionen in Start-up-Unternehmen in den legalen Wirtschaftskreislauf eingepflegt haben. Dabei soll er nach Erkenntnissen der Ermittler auch einige Millionen Euro für sich selbst abgezweigt haben.

Vor dem Amtsgericht räumt Aleksandar V. nun freimütig ein, er habe den Jahresabschluss für die Steuer der BGN55 "zu spät abgegeben". Er sei zu der Zeit "mit anderen Dingen beschäftigt gewesen". Weiter sagt V., er hätte die Steuerschuld nach der Veranlagung des Finanzamts im Juli 2020 gerne sofort beglichen, "aber da haben sich die Ereignisse überschlagen". Sprich: Die Wirecard-Blase platzte. "Mein Partner hat sich entschieden zu fliehen und keine Verantwortung zu übernehmen", sagt V. in Bezug auf Marsalek. Das alles hätte auf ihn, V., massive Auswirkungen gehabt.

In Bezug auf die Steuer sei er "etwas schludrig" gewesen, räumt Aleksandar V. ein

Alle Konten und Vermögenswerte seien arrestiert worden. V. und seine Frau hätten versucht, die Schuld zu tilgen. "Aber über uns brach eine Welt zusammen." Zu der Zeit sei sein Hausumbau gelaufen, die Kinder auf Internaten, er habe nur einen Teil der Steuerschuld begleichen können. Seit mittlerweile drei Jahren sei seine finanzielle Situation angespannt. "Wir haben uns Geld von Freunden geliehen, um wieder auf die Beine zu kommen", sagt Aleksandar V.

In Bezug auf die Steuer sei er "etwas schludrig" gewesen, räumt V. ein. Aber zu keinem Zeitpunkt habe er vorsätzlich versucht, "jemanden zu bescheißen oder zu betrügen, die Steuer schon gar nicht, sorry".

Verteidiger Knies legt dem Gericht einen Überweisungsbeleg über die noch ausstehenden 12 976 Euro an Steuerschulden vor. Via Anruf wird sofort überprüft, ob der Geldtransfer auch stattgefunden hat. Freunde von ihm, ein Garchinger Finanzdienstleister, hätten ihm das Geld überwiesen, erklärt V.

Der Richter regt an, das Verfahren wegen Geringfügigkeit einzustellen, wenn V. sich im Gegenzug bereit erklärt, die Kosten seiner Auslagen selbst zu übernehmen. So geschieht es dann auch. Aleksandar V. verlässt das Gericht, um demnächst wiederzukommen: Wenn die 7. Strafkammer am Landgericht München I das Verfahren gegen V. wegen Geldwäsche, Betrugs und Verletzung der Buchführungspflicht eröffnet hat.

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