Immobilien:Vonovia will sich gesundschrumpfen

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Vonovia-Immobilie in Dortmund: Welche Häuser und Wohnungen der Konzern genau verkaufen will, ist noch nicht klar. (Foto: Ina Fassbender/imago images)

Europas größter Wohnungsvermieter steigert zwar seinen Gewinn - will aber Häuser und Wohnungen im Milliardenwert verkaufen. Mit dem Geld will der Konzern Schulden tilgen.

Von Stephan Radomsky, München

Eigentlich kannten sie bei dem Konzern, der heute Vonovia heißt, immer nur ein Ziel: wachsen. Innerhalb von nur zwei Jahrzehnten wurde aus alten Eisenbahnerwohnungen, Arbeitersiedlungen im Ruhrgebiet und ehemals staatlichen Wohnungen in West und Ost der größte Vermieter Europas. Insgesamt hält Vonovia heute knapp 550 000 Wohnungen, fast 490 000 davon in Deutschland, vor allem in Nordrhein-Westfalen und in Berlin. Doch die Zeiten des stürmischen Wachstums, sie sind vorerst vorbei.

Neue Zukäufe soll es erst einmal nicht geben - im Gegenteil will Vonovia nun sogar eher Immobilien loswerden. So plant der Dax-Konzern in den kommenden Jahren Wohnungen und Mehrfamilienhäuser im Wert von rund 13 Milliarden Euro zu verkaufen, hieß es bei der Vorlage der Halbjahreszahlen am Mittwoch. Mit dem Geld sollen vor allem Kredite abgezahlt werden. "In Zeiten höherer Zinsen ist es sinnvoll, Schulden zu reduzieren", sagte Konzernchef Rolf Buch.

Dafür will Vonovia zusätzlich zu ohnehin geplanten Verkäufen gut 40 000 Wohnungen abstoßen. In welchen Städten und an welchen Standorten genau, sei noch nicht klar, sagte ein Sprecher. Es handele sich aber vor allem um Objekte außerhalb der Quartiere, die der Konzern schwerpunktmäßig entwickeln will. Die Immobilien sollten je nach Gelegenheit über die kommenden Jahre auf den Markt gebracht werden.

Der Gewinn steigt, aber die Aktie ist deutlich gefallen

Vonovia-Chef Buch steht seit Monaten unter Druck durch Investoren, seit Jahresbeginn hat die Vonovia-Aktie fast 35 Prozent an Wert verloren - deutlich mehr als der Dax und auch mehr als andere Immobilienunternehmen. Auch angesichts rasant gestiegener Baukosten und höherer Zinsen steuert Buch nun um. Neues Eigenkapital oder frische Kredite aufzunehmen, sei "derzeit keine praktikable Option", heißt es in einer Präsentation für Investoren. Nach der 17-Milliarden-Übernahme des Rivalen Deutsche Wohnen im vergangenen Jahr werde es deshalb vorerst keine weiteren Zukäufe geben - auch nicht mit Blick auf den schwer angeschlagenen Rivalen Adler. Vonovia ist dort seit knapp einem halben Jahr größter Aktionär mit einem Anteil von gut 20 Prozent. Ursprünglich hatte Buch durchaus eine Komplettübernahme angepeilt - inzwischen sei das aber "im derzeitigen Marktumfeld ausgeschlossen". Wegen des drastischen Einbruchs des Adler-Aktienkurses musste Vonovia die Beteiligung sogar um rund 160 Millionen Euro abwerten.

Ansonsten lief das Geschäft für den Vermieter im ersten Halbjahr allerdings ordentlich. So stieg der Gewinn aus dem operativen Geschäft in den ersten sechs Monaten getrieben durch die Deutsche-Wohnen-Übernahme, höhere Mieteinnahmen und einen niedrigen Leerstand um mehr als ein Drittel auf gut eine Milliarde Euro. Die Aktie legte daraufhin bis zum Mittag rund 1,3 Prozent zu.

Höhere Vorauszahlungen und kühlere Heizungen

Mit Blick auf die kommenden Monate könnte vor allem die drohende Energiekrise im Winter neue Schwierigkeiten bringen. Denn wenn eine große Zahl an Mietern die drohenden hohen Nebenkostennachzahlungen nicht leisten kann, würde Vonovia auf diesen Kosten sitzen bleiben. Um Energie zu sparen, sollten deshalb nachts die Heiztemperaturen der Gasheizungen abgesenkt werden. 55 Prozent aller Vonovia-Wohnungen erhalten ihre Wärme per Gas. Zudem würden die Nebenkostenvorauszahlungen auf Basis der jährlichen Abrechnung "nach angemessenen wirtschaftlichen Kriterien" angepasst.

Buch stellte sich zugleich hinter Forderungen, die Temperaturen noch stärker als bisher absenken zu können. Das sei auch im Interesse der Mieter, die so schließlich auch Heizkosten sparten. "Dieses Land kann die Heizungen noch weiter runterstellen", so Buch. Zugleich unterstütze man die Pläne der Bundesregierung für einen befristeten Kündigungsausschluss, falls Mieter die Heizkosten nicht bezahlen können. "Dies muss aber mit Maßnahmen verbunden sein, damit finanziell überforderte Haushalte eine angemessene Förderung erhalten."

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