Ostbahn:Bündnis beharrt auf Streckenausbau Berlin-Küstrin-Kietz

Lesezeit: 2 min

Der Ausbau der 80 Kilometer Bahnstrecke Berlin-Küstrin-Kietz lässt weiter auf sich warten. Anwohner, Vereine und Verbände kritisieren ein Nein des Bundes zum zweigleisigen Ausbau. Sie sehen auch verschenktes wirtschaftliches Potenzial und fordern ein Umdenken.

von Silke Nauschütz, dpa

Golzow/Potsdam (dpa/bb) - Die Interessengemeinschaft Ostbahn (IGOB) dringt trotz einer Absage durch den Bund auf den zweigleisigen Ausbau und die Elektrifizierung der Strecke RB 26 Richtung Polen. Das Bündnis aus Vereinen, Verbänden, Fahrgastinitiativen und anliegenden Kommunen sieht die Verbindung Berlin-Küstrin-Kietz als eine der stärksten Linien im deutsch-polnischen Verkehr und hält die Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums für falsch.

Die Strecke nehme an Bedeutung zu, sagt Frank Schütz, Vereinsmitglied und Bürgermeister von Golzow (Märkisch-Oderland) der Deutschen Presse-Agentur. Täglich nutzten 4500 Fahrgäste die Bahnverbindung - Tendenz weiter steigend. Nur zwei von zehn Bahnverbindungen über die deutsch-polnische Grenze seien elektrifiziert. Inzwischen staue sich der Güterverkehr in der Region Ostbrandenburg auf der A12 oder der vielbefahrenen B1, statt auf die Schiene zu kommen.

Der Bund sieht die Verbindung als „Nahverkehrsstrecke“, die nach derzeitigem Kenntnisstand den Verkehrsbedarfen gerecht werde. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linken hervor. Für die Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan fehle derzeit die Nachfrage, so Kernaussagen der Antwort.

Diese Begründung habe bei den Akteuren Unverständnis hervorgerufen, sagt Schütz. „Unser Projekt hätte einen gesamtdeutschen Effekt mit dem Ausbau Richtung Polen, Osteuropa und einer Verknüpfung bis ins Baltikum.“ Mit Blick auf die Klimaziele sei es doch im Sinne des Bundes, Straßen, Ortschaften und Umwelt von LKW-Verkehr zu entlasten.

Der Bund habe auf seine Anfrage zum ersten Mal eingeräumt, dass die Schienenkapazität in Ostbrandenburg am Limit sei, sagt der Linken-Bundestagsabgeordnete Christian Görke. Als Konsequenz müsste schleunigst ein „Bypass“ gelegt werden, um die Ziele im Personen- und Güterverkehr zu erreichen. Das könne die Ostbahn sein.

Der ehemalige Brandenburger Finanzminister verweist in diesem Zusammenhang auf Ziele des Bundes, bis 2030 25 Prozent des Güterverkehrs auf die Schiene zu bringen. Derzeit seien es 18 Prozent. Auch deshalb müsse die Ostbahn als elektrifizierte, zweigleisige Strecke in den Bundesverkehrswegeplan.

Polen hat den Abschnitt Kostrzyn (Küstrin) - Gorzow - Krzyz-Pila mittlerweile in das europäische TEN-T-Netz (Trans-European Network Transport) aufgenommen. „Die polnische Seite fragt uns, warum es auf deutscher Seite nicht weitergeht mit der Elektrifizierung“, berichtet IGOB-Mitglied Schütz nach einem Besuch des polnischen Botschafters Dariusz Pawłoś im Juli an der Ostbahn in Küstrin-Kietz und Trebnitz (Märkisch Oderland). Polen plane bereits bis an die Grenze heran. Die Ostbahn wird auf polnischer Seite als Linie 203 weitergeführt.

Mitte April wurde die Ostbahn in das Parlamentsmandat des Verkehrsausschusses des EU-Parlaments aufgenommen. Das bedeutet: Die Bundesregierung wurde in einem sogenannten Trialogverfahren angeschrieben. Sie muss nun erklären, warum die Bahnstrecke nicht in den transeuropäischen Netzkorridor aufgenommen wird. Das Brandenburger Verkehrsministerium hat die Ostbahn als Bedarfsstrecke im Deutschlandtakt angemeldet. Wie also könnte ein Ausbau aussehen?

Die Interessengemeinschaft Ostbahn sieht einen positiven Förderbescheid der EU-Kommission vom Juni für die Ausbaustrecke Angermünde-Schwedt-Stettin als Blaupause. Laut Schütz wurden dafür 92 Millionen Euro bewilligt. Brandenburg und Berlin hatten die Kosten vorfinanziert. „Auf EU-Ebene wird eine bessere Verkehrsverknüpfung zwischen Deutschland und Polen als notwendig erkannt, genau diese Erkenntnis sollte auch in der Bundesregierung umgesetzt werden.“

© dpa-infocom, dpa:230727-99-548319/2

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: