USA:Kann Jared Kushner Politiker und Geschäftsmann gleichzeitig sein?

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Trumps Schwiegersohn Jared Kushner: Seine Firma hat mehr und mehr Geschäftskontakte mit Firmen und Investoren, die von Entscheidungen der US-Regierung abhängen. (Foto: REUTERS)
  • Trumps Schwiegersohn Jared Kushner hält als Präsidentenberater Kontakte ins Ausland. Gleichzeitig haben seine Firmen Verbindungen in diese Staaten.
  • Kritiker sehen darin einen Interessenkonflikt - und auch der Geheimdienst CIA findet die Verstrickungen problematisch.

Von Kathrin Werner, New York

Ratten wuseln herum, giftiger Staub dringt durch jede Ritze, Fensterscheiben brechen, manchmal fällt das warme Wasser aus, Schimmel wuchert und dazu ständiger Baulärm. Das Austin Nichols House in Williamsburg, dem hippen Teil von Brooklyn, klingt wie ein Wohnhaus aus dem Albtraum. 20 aktuelle und frühere Mieter des ehemaligen Lagerhauses mit Blick auf den East River wehren sich nun dagegen. Und damit gegen einen prominenten Immobilienkonzern: Kushner Companies.

Die Familienfirma von Jared Kushner, Schwiegersohn und Berater Donald Trumps, will das Austin Nichols House zu Luxus-Eigentumswohnungen umbauen. Die Mieter haben nun am Höchsten Gericht in New York Klage eingereicht. Sie verlangen mindestens zehn Millionen Dollar Schadenersatz, weil die Firma sie aus ihren Wohnungen herausekeln wolle.

Auch die New Yorker Mieterschutzbehörde ermittelt. Sie schaltet sich besonders engagiert ein, wenn es um Wohnungen geht, deren Miete aus sozialen Gründen eine gewisse Höhe nicht überschreiten darf. Genau diese Mieter wollten die Kushners laut der Klage durch Schikanen loswerden. "In New York steht niemand über dem Gesetz", sagte Behördenleiterin Ruth Anne Visnauskas. Das Amt steht unter Aufsicht von New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo, Demokrat und Trump-Feind, der dieses Jahr zur Wiederwahl steht. Kushner Companies teilte mit, sie habe sich korrekt gegenüber den Mietern verhalten. "Wir verstehen das aktuelle politische Umfeld", sagte Chefjustiziarin Emily Wolf der Agentur Reuters. "Leider stecken wir mittendrin, und es gibt weiterhin haltlose, unbegründete Beschwerden gegen uns."

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Bisher sah es jedoch so aus, als sei es recht positiv für die Kushners, dass die Immobilienfirma mitten im politischen Umfeld steckt. Im Juni hatte Trumps Schwiegersohn veröffentlicht, dass ihm noch immer Hunderte Firmen und Investmentvehikel gehören, die über Unternehmenswerte von 811 Millionen Dollar verfügen. Sie brachten ihm 2017 ein Einkommen von bis zu 222 Millionen Dollar. Die Firmen haben Immobilien und andere Investmentobjekte im Wert von 147 Millionen Dollar gekauft und verkauft. Wie Kushner die Deals finanziert hat, ob sie mit Schulden verbunden sind, ist nicht bekannt.

Die Frage interessiert Ethikexperten sehr. Sie fürchten, Kushner sei abhängig von ausländischen Geldgebern, was Interessenkonflikte bedeuten würde. Trumps Schwiegersohn hatte einen Teil seiner Geschäfte in eine Stiftung übertragen und die Kontrolle an seine Mutter abgegeben. Zu den Immobilien, für die Kushner seither nicht mehr direkt zuständig ist, zählt das einstige Lagerhaus in Brooklyn. Die Klage der Mieter und die Ermittlungen richten sich also nicht gegen ihn persönlich. Die Immobilie für 275 Millionen Dollar gekauft hatte das Familienunternehmen mit anderen Investoren aber 2015, noch geleitet von Jared Kushner.

Wie viel es bringt, Geschäfte in Stiftungen zu übertragen, um Interessenkonflikte zu vermeiden, ist unter Ethikexperten umstritten - Donald Trump und Tochter Ivanka wählten ein ähnliches Modell. "Jared weiß, wer in das Familienunternehmen investiert hat. Er kann das nicht verlernen", sagte Don Fox, zuständig für Regierungsethik unter Präsident Obama, der New York Times. "Es ist absolut möglich, dass es ihn beeinflusst, wenn er eine Entscheidung treffen oder Regierungsbeamte beraten muss, die seine Investoren betreffen könnten." Die Kushner-Firma hat mehr und mehr Geschäftskontakte mit Firmen und Investoren, die von Entscheidungen der US-Regierung abhängen. So wie Brookfield Asset Management. Der Finanzinvestor will das wichtigste Projekt der Kushner-Familie mit einer Finanzspritze retten. 2007 hatte Jared Kushner als glamourösen Hauptsitz der Familienfirma den Büroturm 666 Fifth Avenue nahe dem Rockefeller Center für 1,8 Milliarden Dollar gekauft, ein Rekordpreis, der Großteil war geliehen. Dann kam die Finanzkrise, das Geschäft wurde ein Verlust, die Refinanzierung kostete ihn fast die Hälfte der Anteile, das Gebäude steht teilweise leer.

Brookfield soll nun helfen. Ein Anteil der kanadischen Firma gehört dem Staatsfonds aus Katar. Und ein anderer Arm des Unternehmens will den US-Atomkraftkonzern Westinghouse Electric übernehmen und wartet auf die Genehmigung der Regierung. Laut Brookfield hängen die Geschäfte aber nicht zusammen. Vertreter der Kushner-Firma sollen auch mit Investoren über 666 Fifth Avenue gesprochen haben, die Chinas Regierung nahestehen.

Der Geheimdienst lässt Kushner nicht alles wissen

Dass Kushners Geschäftsverstrickungen problematisch sein könnten, soll dem Weißen Haus und dem Geheimdienst CIA bekannt sein. Obwohl er als enger Berater Trumps in Vertretung des Präsidenten ausländische Staatschefs treffen und für Frieden im Nahen Osten sorgen soll, hat Kushner laut Medien keinen Zugang zu Informationen der höchsten Geheimstufe. Im Mai habe ihm das Weiße Haus nach langer Prüfung eine Sicherheitsfreigabe gegeben, doch nur auf Stufe "top secret" - das verbietet, von Informationsquellen und Verhörmethoden der Geheimdienste zu erfahren. Die CIA müsste einem größeren Zugang Kushners zustimmen.

Warum er nicht alles wissen darf, ist unklar. Sein Sicherheitsstatus steht aber im Fokus, seit die Washington Post berichtete, Beamte aus China, Israel, Mexiko, den Vereinigten Arabischen Emiraten glaubten, Kushner manipulieren zu können, indem sie seine Geschäfte, finanziellen Probleme und mangelnde außenpolitische Erfahrung ausnutzen. Für Kushners Auslandskontakte interessiert sich wohl auch Russland-Sonderermittler Robert Mueller.

Die Ermittlungen um das Albtraumhaus in Brooklyn sind da quasi Kleinkram. Mieterschützer Aaron Carr sagte aber, der Fall zeige "die verfehlte Moralität von Kushner Companies".

© SZ vom 18.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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