US-Präsident:Die Trump-Euphorie der deutschen Wirtschaft ist brandgefährlich

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Im Generatorwerk der deutschen Siemens AG in Erfurt: unter anderem Produktionsstätte für den südkalifornischen Energieversorger San Diego Gas & Electric. (Foto: picture alliance / AP Photo)

Schon jetzt stellt sich bei manchem Manager ein Reflex ein: Optimismus gepaart mit Unterwürfigkeit. Was es stattdessen bräuchte: Rückgrat.

Kommentar von Thomas Fromm

Bei den meisten Managern stellt sich ein Reflex ganz automatisch ein, sobald sich die Dinge grundlegend verändern. Sie fragen nicht, was diese Veränderung für die Gesellschaft um sie herum bedeutet. Sie fragen: Was heißt das nun für mein Geschäft? Kann ich von der neuen Situation irgendwie profitieren?

Im Falle des neuen US-Präsidenten Donald Trump haben sich einige Manager bereits festgelegt: Der Mann ist vielleicht ganz gut für unser Geschäft. "Wir sind im Grunde ein sehr etablierter Bestandteil der Vereinigten Staaten", sagt Siemens-Chef Joe Kaeser, der bereits auf Großaufträge für seine 40 Werke und über 60 000 Mitarbeiter in den USA hofft. "America first" - dabei müsste doch auch für die eigene Firma etwas herausspringen. Und auch Allianz-Chef Oliver Bäte sagt: Am Ende könnte es dem größten deutschen Versicherer sogar nutzen.

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Den optimistischen Annahmen der Manager liegt ein Denkfehler zugrunde, der sich noch als verhängnisvoll erweisen könnte: Sie kalkulieren kurzfristig und blenden dabei aus, wie brandgefährlich Trumps Twitter-Ökonomie langfristig für die globale Wirtschaft und ihre Akteure ist. Im Wirtschaftskonzept des neuen Präsidenten spielen Freihandel und fairer Wettbewerb, nach allem, was er bisher gesagt und getwittert hat, eine wohl eher untergeordnete Rolle. "Wir sind in Amerika gut aufgestellt, also haben wir kein Problem" - noch glauben die Konzernlenker an die normative Kraft des Faktischen, aber was ist in dieser Trump-Zeit noch faktisch, was nicht? Das Denken der Manager stammt offenbar noch aus der Vor-Trump-Ära, planen aber müssen sie nun jedoch unter einem neuen Präsidenten. Je eher sie sich darauf einstellen, desto besser für sie.

Der Siemens-Chef reagiert mit Unterwerfungsgesten auf Trump

Wer jetzt auf das Big Business in den USA hofft, sollte sich Trumps Kommunikation genauer anschauen. Die Rolle, die er für Unternehmen vorgesehen hat, hat er bereits skizziert: Ford, Boeing, Toyota, GM, am Ende auch BMW - man hat sich zu fügen in sein politisches Weltbild. "America first", das ist der neue Imperativ, auch ökonomisch.

Ob ein Münchner Technologiekonzern dabei einen guten Schnitt macht oder gegen die Wand fährt, dürfte einem Trump ziemlich egal sein. Ebenso wenig dürfte es ihn interessieren, dass die größte Fabrik des Autobauers BMW nicht in München und auch nicht in Dingolfing steht, sondern in Spartanburg im US-Bundesstaat South Carolina. Vielleicht lobt er BMW heute dafür. Und vielleicht ist es ihm morgen egal. Man kann es auch so sagen: Künftig wird es nur noch etwas für brave Kinder geben, und wer brav war und wer ungezogen, entscheidet allein der Präsident. Für börsennotierte Konzerne aus aller Welt und ihre Chefetagen, in denen langfristig geplant werden muss, ist das ein Albtraum.

In München hat man vor einigen Tagen gezeigt, wie man mit dem neuen Präsidenten umgehen muss: BMW will trotz der Kritik aus dem Trump-Tower an seinen Plänen für eine neue Großfabrik in Mexiko festhalten. Die Entscheidung ist ein Test, den andere Firmen sehr wohl beobachten. Denn es ist offen, wie Trump mit Konzernen umgeht, die sich ihm widersetzen. Dies aber ist das Ziel der Einmischungen: Wenn sich die einen Konzerne fügen und die anderen nicht, lassen sich die Akteure der Wirtschaft leicht gegeneinander ausspielen. Gerade deshalb ist es jetzt so wichtig, dass Manager Rückgrat zeigen.

Post-Chef Frank Appel empfiehlt deutschen Unternehmern übrigens, angesichts der Twitter-Diplomatie aus Übersee nun verstärkt selbst auf die Kraft der 140 Zeichen zu setzen. Kann man natürlich so machen, aber: Nicht das Medium darf dann die Botschaft sein, auf die richtigen Inhalte kommt es an. Sie sollten sehr selbstbewusst sein.

© SZ vom 24.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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