Sanktionen:US-Regierung nimmt Liechtenstein ins Visier

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Die 82 Meter lange Yacht namens "Graceful" soll dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gehören und lag vor rund einem Jahr noch im Hamburger Hafen. Das Unternehmen Sequoia verschleierte den Besitz. (Foto: Andreas Jens/imago images/TheYachtPhoto.com)

Treuhänder im Fürstentum tarnten und verwalteten die Vermögen russischer Oligarchen. Auch Wladimir Putin nutzte ihre Dienste. Nun landete der erste Treuhänder auf einer US-Sanktionsliste.

Von Uwe Ritzer

Schneller noch als die mit dem Fürstentum eng verflochtene Schweiz schloss sich Liechtenstein den internationalen Sanktionen gegen Russland an. Nicht jedem dort gefiel das; am wenigsten den Treuhändern, die seit Langem reichen und zweifelhaften russischen Kunden willig zu Diensten sind. In annähernd jedem Liechtensteiner Schwarzgeld- und Geldwäscheskandal der Vergangenheit waren Treuhänder verwickelt. Und seit Monaten wird ein Fall nach dem anderen bekannt, wo Treuhänder aus dem Fürstentum russischen Oligarchen und mutmaßlich sogar Wladimir Putin persönlich dabei halfen, ausländische Vermögenswerte zu tarnen.

Nun hat die US-Regierung erstmals einen Liechtensteiner Treuhänder samt einem seiner Mitarbeiter, sowie einen in der Kundenakquise tätigen Vermittler auf ihre Sanktionslisten gesetzt. Im Mittelpunkt steht die in der Gemeinde Ruggell angesiedelte Firma Sequoia Treuhand Trust. Die an das US-Finanzministerium angegliederte Sanktionsbehörde OFAC wirft ihr enge geschäftliche Verwicklungen in den innersten Kreis des russischen Machthabers Wladimir Putin vor. Etwa zu dessen Freund und Vertrauten Gennadij Timtschenko, mit dem Putin nicht nur die Begeisterung für Eishockey und Judo teilt. Das Vermögen Timtschenkos und seiner Familie taxieren Experten auf 18,5 Milliarden US-Dollar.

Er nutzte die Dienste des Ruggeller Treuhänders ebenso wie Alischer Usmanow. Das OFAC wirft Sequoia vor, "Luxusimmobilien, die in Verbindung mit dem Oligarchen stehen, verwaltet" zu haben. Usmanow gilt als einer der reichsten Männer Russlands und ebenfalls als persönlicher Freund Putins. Seit 2022 steht sein Name auf westlichen Sanktionslisten. Usmanows und Timtschenkos Namen stehen auch auf der Liechtensteiner Sanktionsliste, weshalb die dortigen Behörden jetzt untersuchen, ob die Treuhandfirma dagegen verstoßen hat. Das Unternehmen gab sich in einer ersten Stellungnahme in der Vaduzer Zeitung Vaterland überrascht und unwissend: "Wir setzen alles daran, um möglichst schnell Klarheit darüber zu erlangen, weshalb es zu den Sanktionen gekommen ist."

Bislang fielen die Behörden nicht damit auf, scharf gegen Treuhänder vorzugehen

Sequoia - der Name ist an eine Mammutbaum-Gattung angelehnt, die als besonders robust und standfest gilt - fällt nicht zum ersten Mal in Zusammenhang mit fragwürdigen Russlandgeschäften auf. Das Unternehmen soll auch an einem Konstrukt beteiligt sein, mit dem über eine Offshore-Gesellschaft Wladimir Putin als eigentlicher Eigentümer einer Hochseeyacht namens Graceful verschleiert wurde. Das auf 150 Millionen US-Dollar Wert taxierte Schiff lag in Hamburg vor Anker, ehe es unmittelbar vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine von dort verschwand. Die Besitzverhältnisse waren über ein verworrenes Offshore-Konstrukt getarnt; eine Spezialität Liechtensteiner Treuhänder. Dabei spielt eine panamaische Gesellschaft eine Rolle, an der der Sequoia-Betreiber zumindest beteiligt war. Man muss wissen: Als Liechtenstein begann, das Bankgeheimnis für ausländische Kunden aufzuweichen, exportierten viele Treuhänder ihre fragwürdigen Geschäftsmodelle nach Panama - und nutzen sie über diesen Umweg. Innerhalb Liechtensteins gelten Treuhänder als die größten Bremser, wenn es um die von Regierung und Fürstenhaus ausgerufene "Weißgeldstrategie" geht, der zufolge der Finanzplatz Liechtenstein nach internationalen Maßstäben sauber werden will.

Nicht nur Sequoia, auch andere Liechtensteiner Treuhänder haben in ihren Kundenkarteien zahlreiche, in Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg in Verruf geratene, russische Milliardäre. Das kleine Land im oberen Rheintal war mangels Glamour nie der Treffpunkt des russischen Jetsets wie einschlägige Hotspots in der Schweiz oder Österreich. Russen besitzen auch keine Villen oder andere Immobilien in Liechtenstein. Sie nutzen das Fürstentum vielmehr, um ihre internationalen Geschäfte zu organisieren und von dort aus anonym abwickeln zu lassen. Immer drängender stellt sich die Frage, ob dabei Sanktionen unterlaufen werden.

So sorgte der Fall der nach Ausbruch des Ukraine-Krieges in Hamburg beschlagnahmten Yacht Luna für Aufmerksamkeit. Sie ist auf eine in Liechtenstein registrierte und dort von einem Treuhänder in Schaan verwaltete Gesellschaft registriert, hinter der Farchad Achmedow steht, Milliardär und Putin-Verbündeter. Auch Igor Schuwalow, einstiger russischer Vizepremier und Chef der staatlichen Bank für Außenwirtschaft, verschleierte sein Luxusanwesen "Waldschlössl" am Attersee in Österreich mit Hilfe Liechtensteiner Treuhänder und Briefkastenfirmen. Ein generell beliebtes Vorgehen von Russen, die ihren westlichen Immobilienbesitz tarnen wollen. Das wusste auch ein anderer Oligarchensohn, der toskanische Villen über Liechtensteiner Gesellschaften und Treuhänder besitzt. Bislang fielen die Liechtensteiner Behörden nicht damit auf, scharf gegen Treuhänder vorzugehen. Stattdessen rühmt man sich, gut 250 Millionen Euro eingefroren zu haben. Das könnte nur ein Teil der Wahrheit sein.

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