Tourismus:Pleite von Thomas Cook trifft die Reiseländer

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Zum Strand der Ägäis nicht mehr mit Thomas Cook (Foto: Chris McGrath/Getty Images)
  • Die griechische Tourismusvereinigung rechnet mit 200 bis 250 Millionen Euro Schaden durch die Pleite des Reiseveranstalters Thomas Cook.
  • Neben Griechenland ist die Türkei ebenso betroffen. Die Ägäis gehört zu den beliebtesten Zielen.

Von Christiane Schlötzer, Athen

Die griechische Wirtschaftszeitung Naftemporiki sieht in der Pleite von Thomas Cook bereits den "stärksten Schlag seit der Finanzkrise". Im Ranking der fünf wichtigsten Destinationen des Reiseveranstalters lag Griechenland auf Platz drei, mit fast drei Millionen Besuchern im Jahr 2018. Beliebteste Ziele waren vor allem - der Strände wegen - die Inseln Kreta, Rhodos, Kos und Zakynthos.

"Der Tourismus in unserem Land hat nie eine solche Mega-Pleite erlebt", sagt der Präsident der Tourismusvereinigung, Andreas Andreadis. Er forderte alle Hoteliers auf, die gestrandeten etwa 53 000 Touristen "mit Respekt und Großzügigkeit zu behandeln". Von der Regierung verlangte Andreadis finanzielle Hilfen, wie einen Mehrwehrtsteuerverzicht auf unbezahlte Rechnungen. Den Schaden für den griechischen Tourismus bezifferte er auf 250 bis 500 Millionen Euro.

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Gestern hatten der Bund und das Land Hessen dem Unternehmen noch einen Überbrückungskredit zugesagt.

Der griechische Wirtschaftsminister Adonis Georgiadis hatte zuvor noch eine vorsichtigere Schätzung gewagt. Der Süddeutschen Zeitung sagte er, der Schaden für griechische Firmen könnte 150 bis 170 Millionen Euro betragen. Thomas Cook habe im August und im September keine Rechnungen mehr bezahlt, bei Hotels und auch bei der Fluglinie Aegean. "Ich hoffe, es gibt keinen Dominoeffekt und noch mehr Pleiten", sagte Georgiadis. Ziel der erst im Juli gewählten konservativen Athener Regierung ist es, Wirtschaft und Wachstum zu fördern. "Das waren sehr schlechte Nachrichten für uns", sagte Georgiadis zu der Pleite des britischen Veranstalters.

Thomas Cook arbeitete in Griechenland mit einem großen Netzwerk von Hotels, betrieb aber auch vier eigene Häuser und beschäftigte 640 Mitarbeiter. Was mit den Beschäftigten und den Hotels geschieht, sei unklar, berichten griechische Medien. Die Hotels hatten erst 2018 einen zweistelligen Millionenkredit der griechischen Piräus Bank erhalten. Griechenland erlebte zuletzt einen Tourismusboom, 2018 kamen 33 Millionen Gäste. Thomas Cook hatte damit einen Marktanteil von fast zehn Prozent und einen Umsatz von etwa 1,2 Milliarden Euro. 70 Prozent davon entfielen auf Hotels, schreibt die Zeitung Kathimerini.

"Wir rechnen damit, dass innerhalb der kommenden drei Tage 22 000 Touristen heimkehren können"

Im Tourismusministerium in Athen wurde ein Krisenstab eingerichtet. Minister Haris Theoharis sagte, man habe bereits 15 Sonderflugzeuge nach Zakynthos, Korfu und Kos geschickt. "Wir rechnen damit, dass innerhalb der kommenden drei Tage 22 000 Touristen heimkehren können", sagte Theoharis. Die Kosten für Unterkunft und Rückflüge seien abgesichert.

Am Dienstag ging auch im Hafen von Piräus fast nichts mehr, Fähren verharrten an den Piers. Viele Wagen der Athener Metro blieben ebenfalls in den Depots. Griechische Gewerkschaften beendeten mit einem ersten Streik seit der Parlamentswahl die Schonfrist für die neue Regierung. Sie werfen den Konservativen vor, diese wollten Arbeitnehmerrechte einschränken. Touristen, die gehofft hatten, auf eigene Faust von einer der Inseln Athen und dann einen Linienflug zu erreichen, kamen also auch nicht weiter.

Betroffen von der Pleite ist in besonderer Weise auch die Türkei. Der türkische Tourismusverband rechnet nun mit jährlich 600 000 bis 700 000 weniger Urlaubern im Land. An der türkischen Ägäis hatten sich die Hoteliers nach schweren Verlusten in den vergangenen Jahren gerade erst wieder etwas erholt. Wegen politischer Turbulenzen waren russische, aber auch deutsche Touristen längere Zeit weggeblieben. Das Tourismusministerium in Ankara versprach jetzt ein Unterstützungspaket für Hoteliers und andere Tourismusunternehmen. Mehr als 20 000 Gäste von Thomas Cook befinden sich im Land. Das Ministerium kündigte auch juristische Konsequenzen für Hotels an, die Gäste zu zusätzlichen Zahlungen oder zur Räumung der Zimmer auffordern.

© SZ vom 25.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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