SZ-Wirtschaftsgipfel:Der "Kissinger aus Würselen" und die K-Frage

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  • Martin Schulz spricht auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel in Berlin über Europa - und über seine berufliche Zukunft.
  • Schulz wird als SPD-Kanzlerkandidat und als Außenminister gehandelt. Er sagt in Berlin: "Wir wollen dieses Land führen, und wir werden dieses Land führen, da bin ich mir sicher."
  • Der SZ-Gipfel findet vom 17. bis 19. November im Hotel Adlon in Berlin statt. Alle Texte und Videos finden Sie hier.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Das erste Rätsel des Abends besteht darin, in welcher Rolle Martin Schulz eigentlich gekommen ist: Als Präsident des Europäischen Parlaments? Als potentieller SPD-Kanzlerkandidat? Als möglicher nächster Außenminister? Und schließlich, so beendet SZ-Chefredakteur Kurt Kister die Aufzählung, sei Schulz ja auch schon mal als "Kissinger aus Würselen" bezeichnet worden. Deshalb freue er sich, den Gast sozusagen "in vierfacher Gestalt" begrüßen zu können. Die Frage des Abends wird sein, ob Schulz sich insbesondere zu Rolle zwei und drei etwas entlocken lässt. Wird er Außenminister? Oder Kanzlerkandidat?

Berlin, Donnerstagabend, im Museum für Kommunikation kommen die Gäste des SZ-Wirtschaftsgipfels zur "Nacht der Europäischen Wirtschaft" zusammen. Nach der Vorspeise stellt sich Schulz ans Rednerpult. Eigentlich hätte dort die Kanzlerin stehen sollen, doch da kam der Besuch des amerikanischen Präsidenten dazwischen. Deshalb ist nun jener Mann an der Reihe, der sie unter Umständen bei der Bundestagswahl im nächsten Jahr herausfordern könnte.

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Es geht um Weltpolitik mit besonderem Blick auf Europa

Für den Fall, dass SPD-Chef Sigmar Gabriel die Kanzlerkandidatur nicht übernimmt, gilt Schulz als einer der Aspiranten. Noch am Nachmittag vor dieser Rede hat es Spekulationen gegeben, er wolle nur dann Außenminister werden, wenn er auch die Kanzlerkandidatur bekomme. Kurze Aufregung. "Völliger Blödsinn", hieß es dann knapp und entschieden aus der SPD. Doch klar ist, dass rund um Schulz gerade einiges in Bewegung ist bei den Genossen. Davon allerdings ist nun erst einmal keine Rede, ebenso wenig wie von der Außenminister-Frage. Stattdessen geht es um Weltpolitik mit besonderem Blick auf Europa.

Ein paar "grundsätzliche Gedanken" wolle er in diesen aufgeregten Zeiten mit dem Publikum teilen, so beginnt Schulz. Derzeit stehe "die freie Gesellschaft, die in der europäischen Einigung einen wichtigen Ausdruck gefunden hat, unter erheblichem Druck". Warum? Weil, sagt Schulz, sich viele Menschen mittlerweile abgehängt fühlten und sich "in einer scheinbar immer schneller drehenden Welt kaum noch zurecht finden". Daher müsse man nun "politische Haltung" zeigen - es gehe "um die Verteidigung der liberalen und toleranten Gesellschaft".

Es folgt die Befragung durch SZ-Chef Kister. Und auch dabei geht es zunächst um die Ursachen jener Verunsicherung, die derzeit nicht nur in den USA, sondern auch in Europa um sich greift - und um die politischen Folgen etwa für die Präsidentschaftswahl in Frankreich, die Chancen der Rechtsextremistin Marine Le Pen. Was denn wäre, will Kister wissen, wenn sie gewänne? Schulz antwortet: Wenn es dann tatsächlich eine Volksabstimmung über den Austritt aus der EU gebe und womöglich eine Mehrheit dafür stimmte, "dann ist die EU am Ende", was eine "epochale Krise" in Frankreich wie auch Deutschland nach sich zöge.

Schulz ahnt, was kommt, und kontert schon mal

Doch dann geht es, am Ende, doch noch um Schulz und seine Zukunft - oder, wie Kister es ausdrückt, "eine andere Krisenzone", über die man nun reden wolle: die SPD. Schulz ahnt, was kommt, und kontert schon mal vorsorglich selbstbewusst: "Die SPD, das sehen Sie ja an mir, hat die richtigen Antworten." Und er macht selbstbewusst weiter: Für die SPD sei, Umfragen hin oder her, alles möglich im nächsten Jahr. "Wir wollen dieses Land führen, und wir werden dieses Land führen, da bin ich mir sicher."

"Wollen Sie führen?", fragt Kister.

"Ja klar", sagt Schulz. Ein Politiker, der das nicht wolle, mache etwas falsch.

"Was wollen Sie denn führen."

"Das ist eine gute Frage", sagt Schulz. Mehr Erhellendes sagt er dazu nicht. Und schließlich: "Das werden wir zu gegebener Zeit beantworten."

Diese eine Antwort bleibt er also doch schuldig an diesem Abend.

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