Streit über EZB-Kurs in der Euro-Krise:Bundesbank-Chef wollte angeblich hinwerfen

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Zentralbank-Chef Draghi ist dafür, Bundesbank-Chef Weidmann strikt dagegen: Es geht um den massenhaften Ankauf von Staatsanleihen aus Schuldenstaaten. Nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung soll Weidmann wegen des Streits mehrfach seinen Rücktritt erwogen haben. Die Bundesregierung überredete ihn offenbar zum Bleiben - vorerst.

Ergänzt am 2. September: Weidmann hat nicht an Rücktritt gedacht - das hat die SZ von denen erfahren, die wissen, worüber Bundesbankpräsident Jens Weidmann und Kanzlerin Angela Merkel letzte Woche am Telefon gesprochen haben. Den Artikel über den Dauerclinch in Frankfurt lesen Sie hier.

Soll in den vergangenen Wochen mehrfach seinen Rücktritt erwogen haben: Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. (Foto: Bloomberg)

Im Streit über den Kurs der EZB in der Euro-Krise hat Bundesbank-Präsident Jens Weidmann einem Zeitungsbericht zufolge in den vergangenen Wochen mehrfach seinen Rücktritt erwogen. Weidmann habe einen solchen Schritt auch im engsten Kreis der Bundesbank-Spitze erörtert, berichtet die Bild-Zeitung unter Berufung auf Finanzkreise.

Hintergrund ist der anhaltende Streit um den geplanten Ankauf von Staatsanleihen krisengeschüttelter Staaten seitens der EZB, der bereits am kommenden Donnerstag im EZB-Rat beschlossen werden könnte.

Die Bundesregierung habe auf Weidmanns Bleiben gedrungen. Inzwischen habe sich der Bundesbank-Präsident vorerst gegen einen Rücktritt entschieden. Er wolle weiter gegen das Ankaufprogramm kämpfen. Weidmann sei überzeugt, mit seiner Strategie mehr für Euro-Stabilität und EZB-Unabhängigkeit erreichen zu können.

Die Bundesbank kommentiere den Artikel in der Bild-Zeitung nicht, sagte eine Sprecherin sueddeutsche.de. Sie verwies lediglich auf das Interview, dass Weidmann jüngst dem Nachrichtenmagazin Spiegel gegeben hatte . Dort antwortete der Bundesbank-Chef auf die Frage nach einem möglichen Rücktritt: "Ich kann meiner Aufgabe am besten gerecht werden, wenn ich im Amt bleibe."

Weidmanns Vorgänger Axel Weber war ebenso wie der deutsche Ex-Chefvolkswirt der EZB, Jürgen Stark, im Streit über den Kurs in der Krise zurückgetreten.

EZB-Chef Mario Draghi hatte jüngst angekündigt, im Rahmen seines Mandats alles zum Erhalt des Euro zu tun. Zugleich stellte er ein Anleihenankaufprogramm für Schuldenstaaten in Aussicht, die sich unter den Euro-Rettungsschirm begeben und sich im Gegenzug zu Reformen verpflichten. Nach Informationen der Bild liegen bereits jetzt 38 Prozent aller griechischen Staatsanleihen bei der EZB oder den ihr angeschlossenen nationalen Notenbanken.

Weidmann hatte diesen Kurs massiv kritisiert und davor gewarnt, dass eine solche Hilfe "wie eine Droge" zur Abhängigkeit der Schuldenländer führen könne. Zugleich sieht der oberste Notenbanker Deutschlands die Gefahr, dass die Retter-Rolle der EZB in der Eurokrise die Zentralbank in Konflikt mit ihrer wichtigsten Aufgabe bringen würde, die Preise stabil zu halten.

© Süddeutsche.de/Reuters/dapd/dpa/olkl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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