Streit über Kreditrisiken der EZB:Familienunternehmer springen Sinn bei

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Dem Ifo-Chef schwebt eine andere wirtschaftspolitische Verfassung vor, selbst gegen die Vereinigten Staaten von Europa hätte er nichts, wie er sagt - Hauptsache, die alte Politik werde geändert. Es brauche neue Regeln und eine Beschränkung der Europäischen Zentralbank (EZB) auf Geldpolitik und ein Ablassen von Fiskalpolitik - alles Teile der "Bogenberger Erklärung", die der Professor initiiert hat.

Dieser Erklärung tritt nun der Verband "Die Familienunternehmer" bei. "Die Politik macht es schlecht, die EZB ist ein gewisses Schlupfloch geworden", klagt Michael Moritz, Chef der Ordnungspolitischen Kommission des Verbands. "Die Schuldenfähigkeit Deutschlands ist an eine Grenze gekommen", sagt auch Maschinenbauer Manfred Wittenstein: "Als Unternehmer könnte ich da nicht mehr richtig schlafen." Das sei "ein Spiel mit dem Feuer".

Das Problem mit den Target-Krediten hatte Sinn nach Hinweis des Ex-Bundesbank-Chefs Helmut Schlesinger öffentlich gemacht. Es entsteht, wenn etwa ein griechischer Unternehmer ein Auto für 40.000 Euro aus Deutschland kauft, dafür aber keinen Kredit einer ausländischen Bank erhält, sondern vielmehr die griechische Hausbank die Sache übernimmt, sie von dort über die griechische Zentralbank zur EZB gelangt - und von dort wiederum via Bundesbank zur Hausbank des Auto-Lieferanten. Die zahlt die 40.000 Euro dem Verkäufer aus.

Die Bundesbank hält nach diesem Zyklus eine Forderung an die EZB, die Notenbank in Athen hat eine entsprechende Zahlungsverpflichtung. Die Target-Kredite sind nach Ausbruch der Finanzkrise explodiert - anders als in den USA. Deshalb rät Sinn, etwas aus dem US-System zu übernehmen: Dort werden einmal im Jahr die Target-Schulden von den betroffenen Unter-Zentralbanken in zwölf Distrikten ("District Fed") mit marktgängigen Vermögensobjekten bezahlt.

Für Europa sieht Sinn schwarz. "Nach Lage der Dinge kann das Finanzsystem der Euro-Zone mit seinen jetzigen Strukturen politisch und ökonomisch nicht überleben". Es zerstöre den freien Kapitalmarkt - und bürde den Ländern riesige Haftungsrisiken auf, ohne dass Parlamente zustimmen müssen. Gut findet der Ifo-Chef, dass Bundesbank-Präsident Jens Weidmann inzwischen Target 2 problematisiere: "Er rückt von der bisherigen Position der Bundesbank ab."

Linktipp: Sinns provokante Thesen sind umstritten. SZ-Redakteur Claus Hulverscheidt kommentiert, die Rechnung sei unlauter - Sinn addiere Äpfel, Birnen und Bananen.

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