Bundesfinanzhof:Sportvereinen droht ein dickes Steuerproblem

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Wenn der Tennisverein gegen einen Mitgliedsbeitrag den Platz stellt, muss er dafür Umsatzsteuer zahlen. (Foto: azovtcev161 via www.imago-images.de/imago images/Panthermedia)

Die Vereine können sich nach einem Gerichtsurteil nicht mehr von der Umsatzsteuer auf Mitgliedsbeiträge und andere Einnahmen befreien lassen. Nun könnten hohe Nachzahlungen fällig werden.

Von Stephan Radomsky, München

Als ob ihnen Corona nicht schon genug Probleme bereitet hätte: Nun droht vielen Sportvereinen auch noch Ärger mit dem Finanzamt. Anders als bisher können sie sich in den allermeisten Fällen nicht mehr von der Umsatzsteuer auf Mitgliedsbeiträge und sonstige Erlöse befreien lassen. So hat es der Bundesfinanzhof (BFH) in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil entschieden (Az. V R 48/20). Auf den Großteil aller Einnahmen der Vereine würde damit wohl der volle Steuersatz von 19 Prozent fällig - und das würde nicht nur für die Zukunft gelten, sondern auch für Einnahmen in allen noch nicht rechtskräftigen Bescheiden der Finanzämter.

In Deutschland gibt es mehr als 87 000 Sportvereine, die meisten von ihnen dürften von ihrem lokalen Finanzamt als gemeinnützig anerkannt sein. Dennoch dürfte sie alle das Urteil des BFH nun erst einmal treffen. Auch "die Förderung des Sports" ist zwar laut Abgabenordnung ein Zweck, um die Allgemeinheit "selbstlos zu fördern". Deshalb gewährt der Staat diesen Vereinen Steuervorteile - eigentlich auch bei der Umsatzsteuer. Allerdings sind die Vorgaben dazu im Umsatzsteuergesetz gerade für Sportvereine überaus eng gefasst. Nicht davon abgedeckt sind etwa Beiträge, für die ein Mitglied im Gegenzug die vereinseigenen Sportanlagen nutzen kann. Das hatte der BFH in einem anderen Fall bereits entschieden. Zwar agierten die Finanzämter hier generell großzügiger und gewährten auch auf Mitgliedsbeiträge den Umsatzsteuer-Bonus - die Rechtsprechung sehe das aber auf Basis der geltenden Gesetze "grundsätzlich anders", heißt es vom BFH.

Keine Wahlmöglichkeit mehr für Vereine

Bisher konnten sich die Vereine zudem auf die sogenannte Mehrwertsteuersystemrichtlinie berufen, um Steuererleichterungen auf andere Einnahmen geltend zu machen. Dieser Weg ist nach einem Urteil des EuGH und der nun erfolgten Entscheidung des BFH aber versperrt. Vereine haben damit nicht mehr die Wahlmöglichkeit, ob sie als nicht gewinnorientiert und damit von der Umsatzsteuer befreit gelten wollen oder als wirtschaftlich handelndes Unternehmen, das zwar Umsatzsteuer zahlt, im Gegenzug aber auch den finanziell günstigen Vorsteuerabzug bei Investitionen geltend machen kann. Nun gilt allein das Umsatzsteuergesetz - und das sieht den Steuerbonus nur für die Teilnahmegebühren bei Sportveranstaltungen vor.

Beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), der Dachorganisation des Sports in Deutschland, gibt man sich dennoch betont gelassen. Die Entscheidung betreffe die überwiegende Mehrheit der Vereine gar nicht, sagte ein Sprecher der SZ. "Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf die fortbestehende Umsatzsteuerfreiheit der Mitgliedsbeiträge." Das Urteil werde nun aber ausgewertet und solle auch Thema in der nächsten Sitzung des DOSB mit Vereins- und Verbandsvertretern sowie Steuerjuristen sein.

Richter mahnen bessere Regelung im Gesetz an

Im konkreten Fall war es um einen Golfverein gegangen, der neben Mitgliedsbeiträgen auch Einnahmen unter anderem aus Gebühren für die Nutzung des Golfplatzes oder dem Vermieten von Caddys erzielte. Auf diese Erlöse verlangte das Finanzamt Umsatzsteuer, auch weil es Zweifel an der Gemeinnützigkeit des Vereins hatte. Gegen den Bescheid klagten die Golfer seit 2015 durch die Instanzen.

Das Grundsatzurteil des BFH betrifft nun alle Sportvereine - auch dann, wenn sie zweifellos gemeinnützig arbeiten. Allerdings, und darauf wiesen die Richter explizit hin, könnte der Gesetzgeber das Problem beheben: Die Vorgaben könnten insgesamt so angepasst werden, dass der Vereinssport in größerem Umfang von der Umsatzsteuer befreit wird. "Dies wird in der Fachwelt seit zwei Jahrzehnten diskutiert, ohne dass der nationale Gesetzgeber derartige Überlegungen bislang aufgegriffen hat", heißt es dazu vom BFH. Juristen gehen davon aus, dass dann sowohl Mitgliedsbeiträge als auch viele sonstige Einnahmen doch wieder vom Steuerbonus profitieren könnten - und zwar auch rückwirkend.

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