Wohnen:Der SPD-Vorschlag zum Mietenstopp taugt nichts

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Was tun gegen ständig steigende Mieten? Häuserblocks im Berliner Bezirk Schöneberg. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Die Partei fordert einen bundesweiten Mietenstopp - wohl wissend, dass das neuen Streit in der Ampelkoalition heraufbeschwören könnte. Wirklich helfen wird der Vorschlag sowieso nicht.

Kommentar von Georg Ismar

Olaf Scholz ist bisher mit einem zentralen Wahlkampfversprechen gescheitert. 400 000 neue Wohnungen pro Jahr, davon 100 000 öffentlich gefördert, so warb er landauf, landab im Jahre 2021. Die Gründe mögen vielfältig sein, aber der Kanzler hat hier nicht liefern können. Die Zinswende, die gestiegenen Bau- und Materialkosten durch die Inflation, der Mangel an Fachkräften, das sind sicher Faktoren, die so nicht absehbar waren. Hinzu kommen die gestiegenen Energiekosten, die vielen Auflagen, auch in Sachen Klimaschutz, die auch die Nebenkosten weiter steigen lassen.

Und so greift die SPD wieder zu einem Instrument, das sie immer gern herausholt, wenn die Not groß ist, und das sich nach Tatkraft anhört: einem bundesweiten Mietenstopp. Die Bundestagsfraktion fordert, dass die Mieten in Wohngegenden mit hohen Mieten und zu wenig Wohnraum in drei Jahren um maximal sechs Prozent und zudem nicht über die ortsübliche Vergleichsmiete steigen dürfen. Bisher gilt eine Erhöhungsgrenze von 20 Prozent in drei Jahren, für angespannte Wohngegenden von 15 Prozent.

Ein weiterer Koalitionsstreit ist absehbar, das zeigen schon die Attacken von Generalsekretär Kevin Kühnert auf den zuständigen Justizminister Marco Buschmann (FDP). Denn vereinbart im Ampel-Koalitionsvertrag ist, dass die Kappungsgrenze in Gegenden mit besonders hohen Mietpreisen auf maximal elf Prozent in drei Jahren abgesenkt werden soll, nicht mehr. Der Vorschlag hat wenig Aussicht auf Erfolg und ist Ausdruck der eigenen Hilf- und Erfolglosigkeit. Ein Bauministerium wurde neu geschaffen, aber die Erfolge von Ministerin Klara Geywitz, einer Scholz-Vertrauten, sind bisher überschaubar.

Zu starke Eingriffe sind kontraproduktiv

Vor allem aber hat das Großexperiment Berlin mit einem starren Mietendeckel gezeigt, dass zu starke Eingriffe kontraproduktiv sind. Der Neubau geht drastisch zurück, kaum jemand zieht noch um, das Wohnangebot verknappt sich und für Neuankömmlinge wird es fast unmöglich, eine halbwegs bezahlbare Wohnung zu finden. Wenn Bauherren ständig fürchten müssen, dass sich durch politische Eingriffe die Rahmenbedingungen ändern, tätigen sie eine Investition lieber nicht. Und so torpediert die SPD im schlimmsten Fall das eigene Ziel von Hunderttausenden neuen Wohnungen im Jahr.

Sinnvoll am SPD-Vorschlag ist sicherlich, dass man sich als Koalition zumindest noch einmal mit dem Problem der Indexmieten befasst, die an die Inflationsrate gekoppelt sind und zu großen Steigerungen geführt haben. Aber mittelfristig hilft gegen die Misere, die immer mehr zur sozialen Frage wird, wenn weit mehr als ein Drittel des Einkommens für das Wohnen aufzuwenden ist, nur eine Ausweitung des Angebots. Das war auch das Mantra des Scholz-Wahlkampfes. Und so wirkt der SPD-Vorschlag letztlich wie eine Nebelkerze.

Um mehr günstigen Wohnraum, eine Wende hin zu mehr sozialem Wohnungsbau zu schaffen, braucht es angesichts der schlechten Rahmenbedingungen vor allem mehr staatliche Investitionen im sicherlich zweistelligen Milliardenbereich. Und hier befindet sich die Koalition durch die Sparzwänge und das Ziel, an der Schuldenbremse festzuhalten, in einem kaum auflösbaren Dilemma.

Früher konnte sich auch ein Facharbeiter noch Eigentum leisten, aber selbst mit hohen Einkommen ist heute der Eigentumserwerb kein Selbstläufer mehr, sodass oft nur das Wohnen zur Miete - zu sehr hohen Kosten - bleibt. Überall scheitern Reformversuche bisher, hier neue Anreize zu schaffen. Die Länder etwa blockieren wegen der sonst für sie wegbrechenden Milliardeneinnahmen die von Finanzminister Christian Lindner (FDP) angeregte Senkung oder Abschaffung der Grunderwerbsteuer, die je nach Bundesland zwischen 3,5 und 6,5 Prozent des Kaufpreises beträgt.

Statt sich hier in der Koalition zu verkämpfen und Vorschläge zu präsentieren, die keine grundlegende Lösung sind, bräuchte es zusammen mit den Bundesländern einen großen Wurf - auch neue Modelle des Eigentumserwerbs, vergünstigte Kredite je nach Einkommen und Förderprämien für Bauherren, die bezahlbare Mieten ermöglichen. Das wäre ein echtes Reformprojekt der Ampel, mit dem auch der Kanzler Vertrauen zurückgewinnen könnte. Denn er wird sich noch an seinen Versprechen messen lassen müssen.

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