Die deutschen Sparkassen bleiben fest in Männerhand. Am 30. Juni 2021 waren von den 911 Vorstandsmitgliedern der 373 Institute gerade einmal 53 weiblich, zeigt eine Studie des Analysehauses Barkow Consulting, die der SZ vorliegt. Das entspricht einer Frauenquote von 5,82 Prozent. Unter allen Beschäftigten sind dagegen 63 Prozent weiblich. Im Vergleich zum vorhergehenden Quartal hat sich die Frauenquote in den Vorständen sogar noch leicht verschlechtert.
Barkow Consulting wertete die Zahlen vor dem Hintergrund des Führungspositionen-Gesetzes II aus, das bis Ende dieses Jahres in Kraft treten soll. Danach verpflichtet die Bundesregierung Unternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten und mindestens vier Vorstandsmitgliedern, dass eines davon künftig eine Frau sein muss. Unter diese Bedingungen fallen derzeit 66 Unternehmen. Davon sind 24 ohne Frau im Vorstand. Für Unternehmen, an denen der Bund eine Mehrheit hält, gilt das Gesetz in verschärfter Form: Bei ihnen muss bereits ab drei Vorstandsmitgliedern ein Vorstand weiblich sein. Davon sind 94 Unternehmen betroffen. Und schließlich gilt für Körperschaften des öffentlichen Rechts eine Mindestbeteiligung von einer Frau schon ab zwei Vorstandsmitgliedern. Betroffen sind hier unter anderem rund 155 Sozialversicherungsträger.
Für Sparkassen gilt das neue Gesetz jedoch nicht, obwohl sie öffentlich-rechtliche Anstalten sind. Das liegt daran, dass sie nicht Eigentum des Bundes sind, sondern unter kommunaler Trägerschaft stehen. "Betrachtet man die Zahlen zum Frauenanteil in Sparkassenvorständen, wird deutlich, dass auch hier eine gesetzliche Regelung angezeigt wäre", sagt der Corporate-Governance-Experte Wolfgang Schnorr, der die Zahlen für Barkow Consulting analysiert hat. Diese seien ernüchternd.
Auch in den Volks- und Raiffeisenbanken sind nur 4,4 Prozent der Vorstände Frauen
Würde man die Sparkassen bei der Regelung für Körperschaften des öffentlichen Rechts einbeziehen, sähe die Rechnung ganz anders aus. Aktuell haben 372 der 373 Sparkassen einen Vorstand mit mindestens zwei Mitgliedern. Damit würden alle Sparkassen bis auf eine unter das Gesetz fallen. Von diesen 372 Sparkassen haben 49 mindestens eine Frau im Vorstand, 323 jedoch nicht. Wenn nun in jeden dieser Vorstände eine Frau eintreten würde, stiege die Frauenquote im Sparkassenlager von 5,82 auf 41,27 Prozent.
"Mit der Einbeziehung der Sparkassen in das neue Regelungswerk hätte man also nahezu Parität in den Vorstandsgremien geschaffen", sagt Schnorr. Er hält es für ein Versäumnis, dass die Sparkassen nicht in die Regelung für Körperschaften des öffentlichen Rechts einbezogen worden sind. Der Bund und auch die Länder hätten die politischen Kompetenzen, die Rechtslage dahingehend zu ändern.
Als reine Männerbastion erweist sich auch die zweite wichtige Säule der Filialbanken in Deutschland, die Volks- und Raiffeisenbanken. Da sie genossenschaftlich organisiert sind, unterliegen sie ebenfalls keinen gesetzlichen Regelungen, was eine Frauenquote betrifft. 57 Prozent aller Mitarbeiter der 839 Volks- und Raiffeisenbanken waren Ende 2020 Frauen. In den Vorständen beträgt die Quote 4,4 Prozent - auf 1905 Männer kommen 88 Frauen. Der Banken-Newsletter "Finanz-Szene" durchforstete die Geschäftsberichte aller Institute und stellte fest, dass es in Vorständen mehr Männer mit dem Vornamen Thomas gibt - nämlich 92 - als Frauen insgesamt.