Getränkeindustrie:Trockene Angelegenheit

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Dank neuer Technologien schmeckt alkoholfreier Wein, auch Schaumwein, heute viel mehr wie das Original als früher. (Foto: Catherina Hess)

Sekt steht wie kein zweites Getränk für den gepflegten Kontrollverlust. Eine Herausforderung für das Marketing - aber machbar: Das Geschäft mit nullprozentigem Sekt boomt.

Von Felicitas Wilke

Wer zur Party alkoholfreien Sekt mitbrachte, musste dafür lange mit ziemlicher Sicherheit ein bis zwei Fragen über sich ergehen lassen. "Oh, Du fährst wohl?", das war die eine, begleitet von einem mitleidigen Gesichtsausdruck. Die andere, meist an weibliche Partygäste gerichtet: "Ohh, bist du schwanger?" Die wird dann oft begleitet von einem nervösen Kichern. Wer auf nervige bis grenzüberschreitende Kommentare keine Lust mehr hat, übt sich jetzt einfach im "Dry January". Man ist dabei in guter Gesellschaft.

Immer mehr Menschen trinken alkoholfreien Sekt, heißt es gerade beim Verband Deutscher Sektkellereien (VDS). Im Jahr 2021 verzeichneten die Hersteller ein Absatzplus von 7,3 Prozent verglichen mit dem Vorjahr. Das Deutsche Weininstitut fügt an, dass der Anteil der alkoholfreien Variante an den hierzulande konsumierten Schaumweinen bei immerhin sechs Prozent liegt. Die nicht-schwangeren Nicht-Fahrer fristen also kein Exotendasein mehr.

Die Branche erklärt sich die Entwicklung mit dem Trend zu bewusster Ernährung. Zu verzichten ist gerade generell in Mode. Und die Menschen in den Marketingabteilungen der Republik hätten ihren Job verfehlt, wenn es ihnen nicht gelänge, aus diesem Trend neue Produkte zu entwickeln, auf die man nicht verzichtet. Die großen Supermarktketten drängen ihrer Kundschaft den "Veganuary", also eine vorübergehende vegane Lebensweise, derzeit fast schon auf, die großen Modeketten tun geschickt so, als lehnten sie Wegwerfmode ab. Und die Hersteller von alkoholischen Getränken? Sie lassen den Alkohol weg.

Beim Bier, vor allem beim Weißbier, ist das schon längst gesellschaftlich akzeptiert. Seit die Bierindustrie damit wirbt, dass das goldene Gesöff mit der Schaumkrone isotonisch wirkt, kann sich, wer im Biergarten daran nippt, als lässige Sportskanone geben. Zwischen 2011 und 2021 nahm die Produktion von Weizen, Pils oder Kölsch um 74 Prozent zu.

Alkoholfreier Sekt schmeckt heute mehr wie Sekt als früher

Aber Sekt trinkt man nicht mit Laufschuhen an den Füßen. Das Getränk steht wie vielleicht kein zweites für den gepflegten Kontrollverlust. Eine Herausforderung für das Marketing, wie die Branche selbst einräumt. Doch dank neuer Technologien schmecke alkoholfreier Wein, auch Schaumwein, heute viel mehr wie das Original als früher, heißt es beim Deutschen Weininstitut. Den fehlenden Alkohol kompensiert dabei die Kohlensäure - so spritzig, wie es sich für Sekt gehört, schmeckt also auch die alkoholfreie Variante.

Mittlerweile entalkoholisieren sowohl die großen Sekthersteller wie Henkell Freixenet oder Rotkäppchen-Mumm als auch kleine Kellereien ihre Schaumweine. Die Etiketten auf der Flasche erinnern nicht an Robby Bubble, den quietschbunten Kindersekt, der um die Jahrtausendwende zu jedem Topfschlagen gehörte, sondern sie kommen minimalistisch-cool daher. Für die Stimmung auf der Party muss das nicht gelten: Der Placeboeffekt kann bewirken, dass der Abend trotz fehlender Umdrehungen angemessen albern wird. Für Fahrer, Schwangere und all jene, die froh sind, keine diesbezüglichen Fragen mehr beantworten zu müssen. Aber natürlich auch für die Mitfeiernden, die den Alkohol in Ehren halten.

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