Schweiz:So ein Käse

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Muss gar nicht aus Gruyères kommen: der berühmte Gruyère-Käse. (Foto: AP)

Eigentlich ist die Sache klar: Gruyère-Käse kommt aus Gruyères. Das sieht ein US-Gericht anders.

Von Isabel Pfaff

Ein salziger Grundton, dazu fruchtige Noten. Der Teig muss elfenbeinfarben sein und sich leicht feucht anfühlen, Löcher von etwa fünf Millimeter Durchmesser sind erwünscht, vereinzelte Risse erlaubt. So muss er aussehen, schmecken, sich anfühlen: der berühmte Gruyère-Käse aus Gruyères - zumindest in der Schweiz und in der EU, wo die Bezeichnung geschützt ist.

Seit etwa 900 Jahren, so schreiben Schweizer Behörden stolz, stellen Käsereien rund um das Städtchen Gruyères im Kanton Freiburg den berühmten Hartkäse aus Rohmilch her. Heute dürfen nur diejenigen Produzenten "Le Gruyère" in Versalien auf ihren Käse schreiben, die sich an die detaillierten Vorgaben des Schweizer "Pflichtenhefts" zu Herkunft, Herstellung und Qualität halten. Das heißt vor allem: Die Käselaibe müssen aus den Kantonen Freiburg, Waadt, Neuenburg, Jura oder aus dem französischsprachigen Teil des Kantons Bern kommen. Eine historisch bedingte Ausnahme gibt es für das französische Grenzgebiet: Auch dort dürfen Bauern Gruyère herstellen. In mehreren Abkommen haben die beiden Käseländer festgelegt, dass sie sich die Bezeichnung teilen. Seit 2013 ist Gruyère-Käse in Schweizer oder französischer Ausführung in der gesamten EU eine geschützte Ursprungsbezeichnung.

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Wenn sich also selbst die Schweiz und Frankreich einig sind über die Verwendung des edlen Namens, so meint man, dürfte es eigentlich keine Probleme geben. Doch ein kürzlich publik gewordenes Gerichtsurteil in den USA macht klar: Die Einzigartigkeit europäischen Gruyère-Käses ist international alles andere als unumstritten. Im US-Bundesstaat Virginia urteilte ein Bundesrichter nämlich, dass in den USA verkaufter Gruyère überall hergestellt werden könne. Zwar hätte der Name früher einmal durchaus auf die Herkunftsregion verwiesen. Doch nach Jahrzehnten des Verkaufs von Gruyère-Käse, hergestellt außerhalb der geschützten Region, sei die Bezeichnung für Käsekäufer in den USA "zu einem allgemeinen Begriff" geworden. Und einen solchen kann man in den USA nicht als Marke eintragen.

Für die Schweizer und französischen Gruyère-Hersteller, die sich für die Klage in den USA zusammengetan hatten, ist der Richterspruch eine schwere Schlappe. "Wir sind enttäuscht", sagte Philippe Bardet, Chef des Verbands der Schweizer Gruyère-Produzenten, in mehreren Interviews. Zusammen mit seinen französischen Kollegen versucht Bardet schon seit Jahren, Gruyère als Herkunftsbezeichnung in den USA zu schützen - ohne Erfolg. Das sei "Täuschung des Konsumenten", so Bardet.

Auf europäischer Seite ist die Entrüstung nun groß. "Amis klauen unseren Gruyère!", titelt die Schweizer Zeitung Blick, und auf Twitter ätzt ein Journalist aus der Westschweiz: "Amerikaner lieben einfach ihre beschissenen, falsch bezeichneten Käsesorten, also lasst sie ihnen einfach." Doch so schnell will das franco-helvetische Käsekonsortium nicht aufgeben. Die Gruyère-Verbände haben bereits Berufung gegen das Urteil eingelegt. Vielleicht gelingt ihnen ja irgendwann doch, was die Franzosen beim Roquefort schon geschafft haben: Der muss nämlich aus Frankreich kommen, auch wenn US-Läden ihn verkaufen.

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