SZ-Wirtschaftsgipfel:Scheuer fordert mehr Verrücktheit

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Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer beim SZ Wirtschaftsgipfel in Berlin. (Foto: Stephan Rumpf)
  • Beim SZ-Wirtschaftsgipfel forderte Bundesverkehrsminister, moderne Mobilität müsse auch "verrückter" werden.
  • Die Sache mit dem Dieselskandal müsse man bald "in Ordnung bringen, sonst kommen wir nie in die Rolle, die spannende Zukunft zu gestalten", sagte er.
  • Aktivisten hatten zuvor die Bühne gestürmt und ein Banner entrollt.

Von Max Hägler, Berlin

Der Aufruf ist einigermaßen ungewöhnlich für einen Politiker, zumal einen von der CSU: Nicht nur digitaler müsse Mobilität werden und elektrisch, sondern auch: "verrückter". Lufttaxis seien ja etwa gar nicht so fern, sagt Andreas Scheuer, auch wenn das verrückt klinge. Es wäre ja auch gut, wenn die vielen Autos in den Städten nicht nur mit einem Menschen besetzt wären. Und überhaupt: Mehr öffentlicher Personennahverkehr! Nun ist Scheuer mit seinem Dienst-BMW angereist zum Adlon, und zuhause hat er noch einen BMW aus dem Jahr 1987 stehen.

Aber der Ansatz ist dennoch neu in diesem Ministerium, das lange ein Autoministerium war - und der Umgang mit dem Thema ebenfalls: Als er ansetzt zu seinem kleinen Impulsreferat, da stürmen ein paar junge Leute die Bühne. Sie spannen ein Banner auf: "Wir kündigen den Generationenvertrag", steht darauf. Worum es genau geht, ist auf Anhieb nicht erkennen, aber Scheuer übergibt das Mikrofon, hört zu und antwortet hernach: Er würde sich wünschen, wenn niemand etwas kündigen würde. "Mit uns zusammen Zukunft gestalten" - es wäre schön, wenn die Leute das so formulierten, sagt er.

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Fünf Staats- und Regierungschefs, darunter natürlich Kanzlerin Angela Merkel, mehrere Bundesminister, der Präsident der EU-Kommission, Manager und viele andere sind in diesem Jahr zu Gast im Hotel Adlon in Berlin.

Es ist der Unterschied zu seinen Vorgängern: Ob Peter Ramsauer, Alexander Dobrindt oder Christian Schmidt - alle waren zwar auch aus der CSU. Aber eine große Idee von dem Amt hatte keiner so richtig, wenn man von Dobrindt absieht, der versuchte, für die kommenden Roboterautos ein wenig die notwendigen Gesetze zu bereiten. Aber ansonsten war da bei Dobrindt: Große Stille und Tatenlosigkeit, weil er nicht angesprochen werden wollte, und wenn dann zur Partei, nicht zum Thema Verkehr. Auch deshalb kämpfen die deutschen Städte immer noch vor Gericht mit Fahrverboten. Es passierte schlicht kaum etwas, um eines der großen Themen, die von Dieselautos verpestete Luft, in den Griff zu bekommen.

Mehr als 14 Milliarden Euro für Investitionen in den Verkehr

Scheuer nun laviert auch zwischen den Wünschen der mächtigen deutschen Autoindustrie - das Verkehrsministerium ist immer auch ein bisschen Wirtschaftsministerium - und den Wünschen der Bürger. Diesel-Nachrüstung sei höchst zweifelhaft, weil kaum umzusetzen, erklärte er über Monate. Um derlei jetzt einzufordern und einigermaßen konsterniert festzustellen, dass die Autohersteller ihm diesen Schwenk nicht so recht abnehmen. Aber man kann es auch so sehen: Der Dieselskandal, also die illegalen Manipulationen wie die formal legalen aber allzu sportlichen Optimierungen, ist irgendwie auf dem Tapet. Mitunter zitiert der Minister Manager herbei, letzthin hielt er sogar eine veritable "Wutrede". Der messbare Erfolg lässt weiter auf sich warten, denn die Industrie macht kaum Zugeständnisse.

Und dennoch scheint es, als nehme Scheuer das Amt zumindest halbwegs ernst. "Wir müssen die Sache in Ordnung bringen, sonst kommen wir nie in die Rolle, die spannende Zukunft zu gestalten", sagt er im Adlon. Und, an den Adlon-Teilnehmer und früheren Finanzminister Hans Eichel (SPD) gewandt: Geld sei genügend da. Über neun Milliarden Euro stehen im aktuellen Haushalt für Baumaßnahmen bei Autobahnen und Bundesstraßen bereit, über fünf Milliarden Euro für Investitionen in den Schienenverkehr. Geld für Asphalt und ein paar Verrücktheiten.

© SZ vom 14.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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