Versicherung:Was passiert bei einer Scheidung mit den Versicherungen?

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Am Ende einer Ehe kommt eine Menge Bürokratie auf die Ex-Partner zu. (Foto: Martin Gerten/dpa)

Wer beim Ehepartner mitversichert ist, muss bei einer Trennung aufpassen. Spätestens mit der Scheidung kann der Versicherungsschutz verloren gehen. Was es zu beachten gibt - von der Haftpflicht bis zur Altersvorsorge.

Von Anja Hall, Köln

Eine Liebe zerbricht, man trennt sich, die Rede ist von Scheidung. Eine schmerzliche Situation - und ausgerechnet jetzt sollten die frisch Getrennten den Ordner mit den Versicherungen hervorkramen und die Policen prüfen? Ja, unbedingt. "Gerade bei so einem einschneidenden Erlebnis ist das wichtig", sagt Julia Böhne vom Bund der Versicherten, einer Verbraucherschutzorganisation, die sich um die Belange von Versicherten kümmert.

Die Faustregel lautet: Für die Person, die als Versicherungsnehmer im Vertrag steht, ändert sich bei einer Trennung oder Scheidung wenig. Wer aber nur mitversichert oder im Vertrag begünstigt ist, muss aufpassen. Spätestens mit der Scheidung kann Versicherungsschutz verloren gehen.

Vor allem bei der Privathaftpflichtversicherung gibt es oft Schwierigkeiten, berichtet Verbraucherschützerin Böhne. Diese Versicherung ist für jeden Einzelnen sehr wichtig, denn sie deckt die Schäden ab, die Menschen im Alltag verursachen und die schnell sehr teuer werden können. Sie springt dann ein, wenn man als Radfahrer einen Unfall im Straßenverkehr verursacht oder im Winter vergessen hat, den Gehweg vor dem Haus zu streuen, und sich jemand ein Bein bricht.

Familien haben üblicherweise einen Familientarif, in dem die Eheleute und auch - wenn vorhanden - Kinder relativ günstig gemeinsam versichert sind. Diese Mitversicherung endet, wenn die Scheidung rechtskräftig ist. Das ist sie spätestens einen Monat nachdem das Familiengericht den Scheidungsbeschluss verschickt hat. Die Mitversicherung gilt auch dann noch, wenn ein Partner bereits aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen ist.

Oft passiert es dann, dass der Versicherungsnehmer den Familientarif - entsprechend seinem neuen Beziehungsstatus - schon vor der Scheidung auf einen Single-Tarif umstellt. Das ist für ihn als Einzelperson günstiger. "Eigentlich darf er das laut Gesetz gar nicht tun", sagt Frank Ruhig von der Zurich-Versicherung. "Der Versicherungsnehmer muss den Ex-Partner oder die Ex-Partnerin mitversichern bis zur Scheidung." Aber die Versicherer überprüfen normalerweise nicht, ob ein Kunde, der seinen Familientarif auf Single umstellen will, wirklich schon rechtskräftig geschieden ist. Die Folge: Personen, die bislang nur über den Partner mitversichert waren, verlieren ihren Versicherungsschutz - und wissen im Zweifel gar nichts davon.

"Das muss nicht immer böser Wille des Ex-Partners sein, das kann auch aus Versehen passieren", sagt Julia Böhne. Die Verbraucherschützerin weist noch auf einen weiteren Aspekt hin: Verursacht die mitversicherte Person einen Schaden, ist der Versicherungsnehmer, also der Ex-Partner, dafür verantwortlich, dies dem Versicherer zu melden. "Gerade wenn man sich nicht harmonisch getrennt hat, kann das zum Problem werden", sagt sie.

Schon um Abhängigkeiten zu vermeiden, empfiehlt sie allen frisch Getrennten, möglichst bald eine eigene Police abzuschließen. Kinder müssen bei dem Elternteil versichert werden, bei dem sie ihren Lebensmittelpunkt haben. Diese Person braucht deshalb einen Familientarif, für die andere genügt der Single-Tarif. Das gilt unabhängig davon, ob sich die Ex-Partner das Sorgerecht teilen.

Vor allem bei der Altersvorsorge vergessen viele eine wichtige Änderung

Weil bei einer Trennung normalerweise einer der Partner aus der gemeinsamen Wohnung auszieht, sollten die Eheleute sich auch Gedanken über die Hausratversicherung machen. Ist beispielsweise die Ehefrau die Versicherungsnehmerin und zieht aus, muss sie dem Versicherer ihre neue Adresse mitteilen.

Zieht sie in eine kleinere Wohnung, wird es sich lohnen, die Versicherungssumme herabzusetzen, dann wird der Beitrag günstiger. Der bisher mitversicherte Ehemann sollte daran denken, seinen Hausrat neu zu versichern. Unmittelbar nach der Trennung besteht eine Übergangsfrist, innerhalb derer noch für einige Monate beide Wohnungen versichert sind. Sie kann je nach Anbieter variieren.

Viele Menschen schließen eine Rechtsschutzversicherung ab, um für Fälle vorzusorgen, bei denen sie Rechtsbeistand benötigen. Auch bei einer Scheidung braucht man einen Anwalt und geht vor Gericht. Wer aber glaubt, dass jetzt die Rechtsschutzversicherung einspringt, kann eine böse Überraschung erleben: Die meisten Versicherer übernehmen zwar die Kosten für eine Erstberatung, die weiteren Gerichts- und Anwaltskosten aber nicht. Zumindest die Arag jedoch bietet einen Ehe-Rechtsschutz an, der Anwalts- und Gerichtskosten von bis zu 30 000 Euro für die beiden Trennungswilligen übernimmt.

Eheleute, die sich scheiden lassen, müssen sich sehr sorgfältig um ihre private Altersvorsorge kümmern. Wer eine Lebensversicherung hat, legt oft fest, dass Ehemann oder Ehefrau das angesparte Geld ausbezahlt bekommt, wenn der Versicherungsnehmer stirbt.

Bei einer Trennung kann man dieses Bezugsrecht ändern lassen. Das wird gerne vergessen, sagt Zurich-Manager Ruhig. "Spätestens dann, wenn sie eine neue Beitragsrechnung für ihre Privathaftpflicht oder Hausratversicherung bekommen, fällt Geschiedenen auf, dass sie in einen Single-Tarif wechseln können", erläutert er. "Bei Lebensversicherungen und privaten Rentenversicherungen ist das anders."

Man erhalte zwar einmal im Jahr eine Übersicht, wie sich der Wert der Versicherung entwickelt hat. "Dort steht aber meist nicht, wer der oder die Begünstigte im Todesfall ist, und deshalb vergessen viele, das zu ändern." Dann kann es passieren, dass die Ex-Frau, von der ein Mann schon seit Jahrzehnten getrennt lebt, viel Geld erhält, wenn der Versicherte stirbt. Aber die zweite Frau, mit der er eine neue Familie gegründet hat, geht komplett leer aus.

Die Krankenversicherung könnte günstiger werden

Wer privat krankenversichert ist, sollte sich im Trennungsfall beraten lassen. Anwälte für Familien- oder Versicherungsrecht und Verbraucherschutzorganisationen können das. Je nach konkreter Lebenssituation wird es schnell kompliziert, beispielsweise für Angehörige, deren Ex-Ehepartner als Beamter beihilfeberechtigt ist.

Hier kann es für den Angehörigen zu deutlichen Prämienerhöhungen kommen, wenn er privat versichert bleibt. Unter Umständen ist ein Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung möglich. Dazu muss in der Regel das Gehalt unter der Versicherungspflichtgrenze liegen, die aktuell 5775 Euro im Monat beträgt.

Die Krankenversicherung ist eine der wenigen Versicherungssparten, in denen die Scheidung helfen kann, Geld zu sparen. "In dem ganzen Ärger kann auch eine Chance liegen", meint Verbraucherschützerin Böhne. Sie rät generell dazu, die Versicherungspolicen regelmäßig zu prüfen. Egal ob man frisch verliebt ist oder sich gerade trennt.

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