Schadstofftests:Autobauer benutzten Wissenschaftler, um Gefahren durch Diesel zu verharmlosen

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Der Skandal um Abgastests am Menschen und Affen sorgt für Kritik aus der Politik. (Foto: imago/JOKER)
  • Der Lobbyverein, der die Schadstofftests an Menschen und Affen beauftragte, gerät weiter unter Druck.
  • Die Weltgesundheitsorganisation sollte von einer kritischen Studie zum Diesel abgehalten werden.

Von Markus Grill, Max Hägler und Klaus Ott, Berlin/München

Die deutsche Autoindustrie hat fast zehn Jahre lang Wissenschaftler eingespannt, um die Gesundheitsgefahren von Dieselabgasen zu verharmlosen. Die von BMW, Daimler und VW betriebene Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor (EUGT) versuchte sogar, die Weltgesundheitsorganisation von einer kritischen Untersuchung abzuhalten. Das zeigen Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR.

Die Autokonzerne und deren Vereinigung sind wegen jetzt öffentlich bekannt gewordener Menschen- und Tierversuche stark in Kritik geraten. Politiker mehrerer Parteien bis hin zu Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reagierten empört. Tests an Affen oder gar Menschen seien ethisch in keiner Weise zu rechtfertigen, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert.

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Die nun bekannt gewordenen Schadstofftests an Affen und Menschen sind kein Einzelfall. Untersuchungen mit Schadstoffen gibt es reichlich - und längst nicht alle sind von der Industrie bezahlt.

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VW-Chef Matthias Müller sagte am Montagabend in Brüssel zu den Vorgängen, der von der EUGT in den USA praktizierte Tierversuch sei "falsch, unethisch und abstoßend" gewesen. Es tue ihm leid, dass Volkswagen als einer der EUGT-Träger daran beteiligt war, sagte Müller.

Die EUGT wurde 2007 von BMW, Daimler, VW und dem Autozulieferer Bosch gegründet und spielte in Veröffentlichungen die Gesundheitsgefahren des Dieselabgases Stickstoffdioxid herunter. Nachdem 2015 aufgeflogen war, dass VW bei Dieselfahrzeugen jahrelang Messergebnisse manipuliert hatte, traten drei der sieben Mitglieder des Forschungsbeirates zurück. Einer von ihnen, Professor Ulrich Keil von der Universität Münster, sagte am Montag: "Ich fühle mich im Nachhinein beschissen." Er sei zunehmend skeptisch geworden, weil der Diesel verharmlost worden sei.

2016 beendete VW die Mitgliedschaft in dem Verein und beantragte, ihn aufzulösen, was auch so beschlossen wurde. Laut Vereinsunterlagen wollten weder BMW noch Daimler ohne VW weitermachen. Bosch war bereits 2013 ausgestiegen, weil die Ausrichtung der EUGT "den Erwartungen an die wissenschaftliche Begleitung verkehrspolitisch relevanter Fragen nicht entsprochen" habe.

Aufsichtsratschef Pötsch distanziert sich

2012 hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Dieselabgase als krebserregend eingestuft. Vor einer weiteren Untersuchung soll die EUGT versucht haben, die WHO von diesem Vorhaben abzubringen, da es zu Dieselabgasen keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse gebe. VW äußerte sich am Montag auf Anfrage nicht zu diesem bereits 2016 bekannt gewordenen Vorgang. Zu dem Versuch mit Testpersonen an der Uniklinik Aachen teilte VW mit, er sei von der EUGT gefördert und von der Ethikkommission der Klinik genehmigt worden. Es sei um Stickstoffdioxid-Grenzwerte am Arbeitsplatz , nicht um Dieselabgase gegangen.

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Wieder zeigt sich, wie zynisch und selbstherrlich die Autoindustrie ist. Doch die, die jetzt entrüstet tun, haben selbst dazu beigetragen.

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VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch sagte, er distanziere sich nachdrücklich von den Menschen- und Tierversuchen. "Wer auch immer dafür Verantwortung zu tragen hat, ist selbstverständlich zur Rechenschaft zu ziehen." Auch BMW und Daimler distanzierten sich. Die drei Konzerne waren mit teils hohen Managern in der EUGT vertreten.

© SZ vom 30.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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