Die Arbeitslosenquote von Ausländern in Deutschland ist mit 15,5 Prozent etwa doppelt so hoch wie die der Deutschen. Jeder Dritte ist langzeitarbeitslos. Fast 80 Prozent der arbeitslosen Ausländer haben keine abgeschlossene oder anerkannte Berufsausbildung. Und fast jeder Fünfte ist auf Leistungen in der Grundsicherung (Hartz IV) angewiesen.
Dies geht aus den jüngsten Statistiken der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervor. Setzt sich dieser Trend fort, bekommt Deutschland langfristig erhebliche Probleme am Arbeitsmarkt. Dem Land droht "sozialer Sprengstoff", heißt es in einer Studie der Beratungsgesellschaft Boston Consulting.
"Fehlende Schulabschlüsse und geringere Qualifikationen erschweren den Zugang in Arbeit und Ausbildung", sagte das BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt der Süddeutschen Zeitung. Hinzu kämen Sprachdefizite, auch in der zweiten und dritten Generation. Alt kritisierte, dass die unterschiedlichen Zuständigkeiten für die Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen "schwer durchschaubar" seien.
Dramatisches Bild
Auch würden die Vermittlungsfachkräfte "aufgrund sprachlicher Verständigungsschwierigkeiten an ihre Grenzen stoßen". Alt kündigte an, mehr Vermittler mit ausländischen Wurzeln in den Arbeitsagenturen und Jobcentern zu beschäftigen, "um so besser auf Migranten zugehen zu können". Zur These des Bundesbank-Vorstands Thilo Sarrazin, dass muslimische Einwanderer weniger integrationswillig seien, sagte Alt: "Dafür gibt es aus unseren Statistiken heraus keine Belege."
Auch in mehreren Studien wurde zuletzt darauf hingewiesen, dass die Probleme von Menschen mit ausländischen Wurzeln am Arbeitsmarkt vor allem auf die unzureichende Integrationspolitik in Deutschland zurückzuführen sind. "In kaum einem anderen Land haben junge Migranten so schlechte Bildungs- und damit auch Zukunftsaussichten wie in Deutschland", heißt es in der Studie von Boston Consulting.
Auch aus ökonomischer Sicht sei es notwendig, Zuwandererfamilien besser zu integrieren, warnt das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung in seiner Untersuchung "Ungenutzte Potentiale. Zur Lage der Integration in Deutschland".
In beiden Studien wird ein dramatisches Bild gezeichnet, wenn sich nichts ändert: Fast 20 Prozent der heute in Deutschland lebenden Menschen haben ausländische Wurzeln. Diese Personen bekommen ein Drittel aller Kinder, die hier geboren wurden. In manchen Stadtteilen stammen bereits jetzt zwei Drittel aller Fünfjährigen aus Zuwandererfamilien. Junge Leute mit ausländischen Wurzeln dürften künftig 40 Prozent der potenziellen Berufseinsteiger stellen. Doch in vielen Fällen reicht ihre Qualifikation nicht aus.
Deutlich höheres Armutsrisiko
"Das hat Folgen für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die soziale Stabilität in Deutschland", sagt Christian Veith, der Deutschland-Chef der Beratungsgesellschaft.
"Weil in Deutschland lebende Menschen mit Migrationshintergrund schlechter ausgebildet sind, werden sie häufiger arbeitslos und haben ein deutlich höheres Armutsrisiko", heißt es in der Untersuchung von Boston Consulting.
Zuwanderung habe nur eine positive Wirkung, "wenn es gelingt, die Bildungs- und Berufs- und Lebenschancen für die wachsende Zahl von Migranten erheblich zu verbessern". Doch davon ist Deutschland weit entfernt.
Einwanderer und ihre Kinder schneiden im Schulsystem schlechter ab als die einheimischen Kinder. In Deutschland gelten nach den Kriterien der Industrieländer-Organisation OECD 40 Prozent der Einwandererkinder als "Risikoschüler", die kaum eine Chance haben, eine Ausbildung zu bekommen. Bei den Einheimischen liegt dieser Anteil bei zwölf Prozent. In Kanada gehören nur neun Prozent der Einwandererkinder in diese Risikogruppe.
"Absehbare Perspektivlosigkeit"
Auch schafft es in Deutschland von den Einwandererkindern nur gut die Hälfte, einen solchen Bildungsstand zu erreichen, dass sie im späteren Arbeits- und Berufsleben bestehen können. Das Fazit von Boston Consulting: "Jährlich werden in diesem Land etwa 80.000 junge Menschen in die absehbare Perspektivlosigkeit entlassen - mit Folgen für die gesamte Volkswirtschaft."
Die Beratungsgesellschaft schlägt deshalb vor, etwa elf Milliarden Euro im Jahr mehr auszugeben, um die nachfolgenden Generationen besser zu qualifizieren. Nötig seien zum Beispiel kostenlose Krippenplätze, mehr verpflichtende Sprachkurse für Neuankömmlinge, mehr Ganztagsschulen und zusätzliche Lehrer und Betreuer an den Schulen. Dies koste zwar zunächst viel Geld. Langfristig würde der Staat aber erheblich Geld sparen, weil er weniger für Sozialleistungen ausgeben müsse und höhere Steuereinnahmen erziele.