Rüstungsindustrie:Warum Renk mit seinen Börsenplänen gescheitert ist

Lesezeit: 3 min

Ein Leopard-Kampfpanzer auf einem Truppenübungsplatz in Nordrhein-Westfalen. (Foto: Sven Eckelkamp/IMAGO)

Das Augsburger Unternehmen geht kurzfristig doch nicht an die Börse. Das Interesse der Anleger war zu gering. Ein Grund dafür findet sich auch in Washington.

Von Caspar Busse

Vier Wochen ist es her, da verkündete die Augsburger Firma Renk, dass sie schnell an die Börse zurückkehren wolle. Der Zeitpunkt erschien günstig: Das, was Renk herstellt, ist gerade sehr gefragt. Das Unternehmen liefert unter anderem die Getriebe für fast alle Panzer westlicher Bauart und bezeichnet sich als Weltmarktführer. Und Panzer sind seit dem brutalen Überfall Russlands auf die Ukraine wieder sehr gefragt, die Auftragslage bei Renk ist jedenfalls gut.

Doch jetzt stoppte Renk die Börsenpläne in letzter Minute. Eigentlich sollten an diesem Donnerstag die Aktien erstmals an der Frankfurter Börse gehandelt werden, wenige Stunden vorher verschoben Renk und sein Eigentümer, der Finanzinvestor Triton, aber die Emission auf unbestimmte Zeit. "In den letzten Tagen hat sich das Marktumfeld spürbar eingetrübt", begründete Renk die kurzfristige Absage. Ob der Börsengang später nachgeholt wird, werde geprüft.

Dabei sind die Augsburger auch stark von der Weltpolitik betroffen. Denn nach dem Streit um den Staatshaushalt in Washington gibt es erste Zweifel, wie sehr die USA künftig die Ukraine noch unterstützen werden. Demokraten und Republikaner haben sich zwar geeinigt und einen Shutdown in den USA vorerst abgewendet. Ausgeklammert wurden aber vorerst weitere Hilfen an die Ukraine, als Zugeständnis an skeptische Republikaner im Abgeordnetenhaus. Die Aktien der beiden deutsche Rüstungsfirmen Rheinmetall und Hensoldt gingen wohl auch deshalb zuletzt nach unten. "Das alles ist sicher nicht hilfreich gewesen", sagte ein Insider.

Schon zuvor hatte sich abgezeichnet, dass die gut 27 Millionen Aktien sich nur am unteren Ende der Preisspanne hätten verkaufen lassen. Die begleitenden Investmentbanken hatten Investoren am Mittwoch 15 Euro als voraussichtlichen Ausgabepreis genannt. Auf diesem Niveau sei die Emission "vielfach überzeichnet", hatte es noch geheißen. Man hatte sich mehr erwartet, aber das Interesse war offenbar sehr schleppend. Das ehemals zu MAN gehörende Unternehmen wäre zum avisierten Preis mit 1,5 Milliarden Euro bewertet worden. Das ist mehr als das Doppelte des Preises, den Investor Triton Anfang 2020 gezahlt hatte, aber ein deutlicher Abschlag zur Bewertung anderer Rüstungszulieferer.

Schlappe für Renk-Chefin Susanne Wiegand: Der Börsengang wurde erst mal abgesagt. (Foto: Renk)

"Wir haben in unseren zahlreichen Gesprächen mit Investoren ausgesprochen positives Feedback bekommen", sagte am Donnerstag Renk-Chefin Susanne Wiegand. Und: "Unser Geschäftsmodell, unsere hervorragende Marktposition sowie unsere Strategie haben überzeugt. Wir werden uns weiterhin mit voller Kraft auf die Realisierung unserer Wachstumsziele konzentrieren." Das sehen viele aber anders, wichtige Investoren sind kurz vor Schluss des Börsengangs noch abgesprungen. Am Ende kam die Absage - zu hoch gepokert.

Das Scheitern ist auch schlecht für den Eigentümer

Für Wiegand ist der gescheiterte Börsengang auch ein Rückschlag. Derzeit macht das Rüstungsgeschäft 70 Prozent des Renk-Umsatzes aus, vor allem mit Getrieben für Panzer oder Marineschiffe. Der deutsche Leopard, der britische Ajax, der französische Leclerc - alle fahren mit Renk-Getrieben, in Dutzenden verschiedenen Armeen. Renk, sagte Wiegand vor ein paar Wochen, sei vielleicht nicht so sichtbar, aber trotzdem ziemlich wichtig. Es gebe einen weltweiten "Megatrend", nämlich den hin zu einem höheren Bedarf nach Sicherheit. Der geschätzte Weltmarktanteil bei Getrieben für militärische Kettenfahrzeuge, zu denen vor allem Kampfpanzer, Schützenpanzer, Panzerhaubitzen, Mannschaftstransporter und spezielle Hilfsfahrzeuge gehörten, liege bei 30 Prozent.

Der Rest des Renk-Umsatzes entfällt auf ziviles Geschäft, etwa mit Getrieben für Kompressoren, aber auch mit Zulieferungen für die Energiebranche. 2022 machte das Unternehmen mit weltweit 3700 Mitarbeitern einen Umsatz von 849 Millionen Euro, der Gewinn lag bei 144,3 Millionen Euro. Für 2023 ist ein deutlicher Anstieg geplant.

Das Scheitern ist auch für Triton schlecht. Der Finanzinvestor hatte Renk für knapp 700 Millionen Euro vom Autobauer Volkswagen gekauft und anschließend - nach 97 Jahren - von der Börse genommen. Jetzt wollte er aussteigen und einen Teil der Beteiligung abstoßen. Angepeilt worden war ein Streubesitz von bis zu 27 Prozent, Triton sollte mit mindestens 73 Prozent zunächst beteiligt bleiben. Renk wäre der vierte Börsenneuling in Deutschland in diesem Jahr gewesen. Offen ist, wie der nächste Börsenkandidat auf die Absage von Renk reagiert. DKV Mobility, ein für seine Tankkarten bekannte Mobilitätsdienstleister aus Ratingen, wollte Insidern zufolge in dieser Woche seine Börsenpläne öffentlich machen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusExklusivGesellschaft
:So zufrieden sind die Deutschen

Wohlstand ist mehr als Geld. Erstmals misst ein offizielles Barometer die Zufriedenheit der Bürger: Wie es sich auswirkt, welche Bildung jemand hat, ob er Single ist, Kinder hat - oder wie lange er pendelt.

Von Alexander Hagelüken

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: