René Benko hat viele Leidenschaften, aber mit einigen davon könnte es jetzt vorbei sein - zum Beispiel mit der Jagd. Der schillernde Geschäftsmann aus Österreich hat ein international weitverzweigtes Immobilien- und Handelsimperium geschaffen, auf dem Schulden in Milliardenhöhe lasten. Die Signa Holding, die Dachgesellschaft des Imperiums, ist insolvent. Der Sanierungsverwalter der Holding, der Wiener Rechtsanwalt Christof Stapf, durchforstet nun Benkos Imperium, zu dem auch Kaufhäuser (Karstadt, Kaufhof) und große Immobilienprojekte in Deutschland gehören.
Eine der Kernfragen für Stapf: Was braucht Signa noch, was braucht es nicht mehr? Jagdausflüge auf Firmenkosten dürften vorerst der Geschichte angehören. Ihren Insolvenzantrag hat die Signa Holding vergangene Woche beim Handelsgericht in Wien eingereicht, einschließlich zahlreicher Geschäftszahlen. Darin seien auch Ausgaben in Millionenhöhe für Jagd, Helikopter und Privatjet aufgeführt, berichtet ein Kenner der Unterlagen. Benko hat ehedem vom österreichischen Staat ein großes Jagdgebiet gepachtet, das er auch kaufen und mit luxuriösen Neubauten aufhübschen wollte; der Bund stellte sich aber dagegen.
Anderswo war Jagdfreund Benko offenbar erfolgreicher: Wer österreichische Medien der vergangenen Jahre durchforstet, findet Hinweise auf Jagdgebiete, die mit dem Namen Benko verbunden sind: So pachtete er laut Burgenländischer Volkszeitung 2018 das Jagdrevier "Nickelsdorf West". Für das Stüblergut in der Steiermark soll Benkos Familienstiftung 2020 laut Bloomberg etwa 30 Millionen Euro für 1300 Hektar gezahlt haben. Ob das auf eigene Kosten geschah, oder auf Firmenkosten, das wird sich im Laufe des Insolvenzverfahrens zeigen. Wie so vieles andere auch.
Jagen ist in Österreich ein populäres Hobby, bei dem traditionell sich die Neigungen der Reichen und Einflussreichen, des ehemaligen Adels und vor allem konservativer Politiker treffen, auch wenn die Zahl der jüngeren und weiblichen Fans zuletzt gestiegen ist. Die größten Waldbesitzer des Landes sind, neben dem Staat, immer noch Abkömmlinge von Adelsgeschlechtern. Beim legendären Sauschädel-Essen, zu dem der Generalanwalt des Raiffeisenverbands alljährlich im Januar einlädt, treffen sich Jagdliebhaber, Politik und Medien; die Gästeliste überschneidet sich mit einer Namensliste, aus welcher der Standard zitiert und in welcher die Signa Holding ventilierte, wer zur Netzwerkpflege "Niederwild" und zum "Entenputzen" eingeladen werden könnte.
Alle Versuche, Benko zu erreichen, laufen ins Leere
Benko und Signa, das war immer schwer zu trennen. Benko war Signa, und Signa war Benko, auch wenn der Immobilientycoon schon seit Jahren formal nicht mehr Konzernchef, sondern nur Vorsitzender des Beirats der Signa-Gruppe war. Das Jagdvergnügen wird sich die Holding jedenfalls nicht mehr leisten wollen und können. Ganz egal, ob es Pachtkosten gewesen sein sollten oder anderes, was für die Pirsch draufging. Helikopterflüge und einen Privatjet braucht es auch nicht mehr. Das Luxusleben bei Signa, wer auch immer es in welchem Umfang genossen haben mag, hat ein Ende.
Die Süddeutsche Zeitung hätte Benko gerne dazu befragt, ob die Signa Holding einiges bezahlt hat, was seinen privaten Zwecken diente. Doch alle Versuche, den Immobilientycoon zu erreichen, liefen ins Leere. Eine Mail an seine Firmenadresse blieb ohne Antwort. Eine deutsche Anwaltskanzlei, die früher ein Mandat von Signa hatte und auch Gespräche mit Benko vermittelte, ist nicht mehr für die Holding tätig. Die Kanzlei steht vielmehr auf einer vorläufigen Gläubigerliste; sie wartet noch auf Geld von Signa.
Ebenso wie eine Kanzlei in Wien, die gleichfalls auf der Gläubigerliste steht. Eine dort eingereichte Anfrage an Benko werde man weiterreichen, heißt es auf telefonische Nachfrage aus der Kanzlei. Und dann gibt es noch einen deutschen Kontaktmann zu dem österreichischen Immobilientycoon. Dieser ließ per Mail am Sonntag wissen, man könne ihm Fragen an Benko gerne schicken. "Ich leite das dann entsprechend weiter." Auf die per Mail geschickte Frage, was es mit bestimmten Firmenkosten auf sich habe, kommt dann aber nichts. Der deutsche Kontaktmann war am Montag nicht mehr erreichbar.
Der neue Hausherr bei Signa ist jetzt ohnehin der Wiener Anwalt Stapf, der nach den Angaben auf seiner Homepage schon 18 große Insolvenzen abgewickelt hat. Stapf hat 90 Tage Zeit, einen Sanierungsplan vorzulegen, den die Gläubiger dann annehmen können - oder auch nicht. Damit es überhaupt so weit käme, müsste Stapf den Gläubigern anbieten können, dass diese binnen zwei Jahren wenigstens noch 30 Prozent ihres Geldes bekommen.