Reformpläne für Währungsunion:EU-Kommission stellt sich gegen Macron

Lesezeit: 3 Min.

Die EU-Kommission will den Gesamthaushalt aller EU-Staaten aufstocken. (Foto: dpa)
  • Die EU-Kommmission stellt ein umfassendes Reform-Angebot für die Zukunft der Währungsunion vor.
  • Frankreichs Präsident Macron pocht auf einen Extra-Haushalt für die Euro-Zone.
  • Die Kommission erteilt diesem Plan eine deutliche Absage.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Am Ende macht Pierre Moscovici ein Geständnis. Er liebe den Film "Der Pate", und darin gebe es ja das Bonmot des Angebots, das man nicht ablehnen könne. Nun dürfe man ihn bitte nicht falsch verstehen, sagt der französische EU-Kommissar, die Vorschläge seien kein Angebot im Sinne der Mafia, denn natürlich werde keiner dazu gezwungen.

Sagt es und verlässt den Pressesaal des Berlaymont mit einem Lächeln. Moscovici ist nicht allein. Gleich drei EU-Kommissare sind es, die an diesem Mittwoch das umfassende Reform-Angebot der Brüsseler Behörde für die Zukunft der Währungsunion vorstellen.

"Eine Verdopplung oder gar Verdreifachung des europäischen Etats wird nie und nimmer kommen"

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Nachdem der für den Euro zuständige Vizepräsident Valdis Dombrovskis die großen Linien recht unaufgeregt umrissen hat, ist es die Aufgabe von Haushaltskommissar Günther Oettinger, eine Brücke im Reformstreit zwischen Deutschland und Frankreich zu bauen.

Die Kommission habe die Rede des französischen Präsidenten Emmanuel Macron mit Interesse gehört, insbesondere die Forderung nach einem Extra-Haushalt für die Euro-Zone mit einem Beitrag der Mitgliedstaaten von "mehreren Prozentpunkten" der Wirtschaftsleistung, sagt der Deutsche.

Doch die Kommission erteilt diesem Plan eine deutliche Absage; sie will stattdessen den Gesamthaushalt aller EU-Staaten aufstocken. "Eine Verdopplung oder gar Verdreifachung des europäischen Etats wird nie und nimmer kommen", sagt Oettinger, "aber wir gehen über ein Prozent hinaus." Sollte sich Macron mit großen Volumina durchsetzen, werde die Kommission die entsprechenden Instrumente stärken, verspricht er. Daran glauben mag er wohl nicht.

Das Problem: Es gibt gerade eine Kanzlerin, die in der Euro-Frage nichts entscheiden kann

Zur Erinnerung: Bislang zahlen die EU-Länder ein Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in das Gemeinschaftsbudget ein. Im Mai will Oettinger einen Vorschlag für den mehrjährigen Finanzrahmen nach dem Brexit vorstellen. Mit dem EU-Austritt Großbritanniens verliert die Gemeinschaft einen der großen Nettozahler.

Das Bemerkenswerte an Oettingers Auftritt ist, dass die EU-Kommission die anstehenden Haushaltsverhandlungen mit der Euro-Reformdebatte verknüpft. Das Kalkül der Brüsseler Behörde ist klar, denn woher soll das Geld für die anstehenden Reformen und die steigenden Ausgaben für Verteidigung, Sicherung der EU-Außengrenzen und die Terrorabwehr auch kommen, wenn nicht aus den EU-Staaten?

Oettinger erinnert an die Finanzkrise vor zehn Jahren, die Europa tief in den Abgrund blicken ließ. Nach einer Dekade der Krisen sei nun der Moment gekommen, die Währung besser zu schützen, sagt der Kommissar. Und in der Tat: Der Moment dafür ist günstig. Die Wirtschaft der Euro-Zone hat sich erholt und bis zu den Europawahlen 2019 tut sich politisch ein seltenes Zeitfenster auf, das die Staats- und Regierungschefs nutzen wollen. Nächste Woche treffen sie sich zu einem Euro-Sondergipfel. Das Problem ist nur: In Deutschland gibt es keine neue Bundesregierung und damit eine Kanzlerin, die in der Euro-Frage nichts entscheiden kann.

Gipfel in der nächsten Woche als "Realitätscheck der Bankenunion"

EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte sich das anders vorgestellt, als er den Gipfel geplant hatte. Doch es hilft nichts, er muss den Zeitplan seiner "Leaders' Agenda" verändern. Im Entwurf seines Einladungsbriefes zum Euro-Gipfel schreibt Tusk dann auch nur von einer "ersten Möglichkeit", über die Zukunft der Währungsunion zu diskutieren und damit "eine Bühne zu schaffen, damit die Chefs nächstes Jahr Entscheidungen treffen". Der Gipfel in der nächsten Woche sei ein "Realitätscheck der Bankenunion", zu der auch die geplante Einlagensicherung für Sparguthaben gehört. Tusk stellt ganz nüchtern fest: "Wenn es dabei keinen signifikanten Fortschritt gibt, wird es sehr schwierig werden, sich Fortschritte bei den ambitionierteren Ideen vorzustellen."

Einige dieser Ideen bringt die EU-Kommission mit. Die Behörde will den Euro-Rettungsfonds ESM zu einem Europäischen Währungsfonds (EWF) ausbauen. Dieser soll künftig nicht mehr zwischenstaatlich organisiert sein, sondern unter EU-Recht firmieren. Dagegen wehren sich allerdings die Mitgliedstaaten; sie wollen keine Macht abgeben. Der EWF soll nach dem Willen der Kommission "Finanzinstrumente" entwickeln, um eine sogenannte Stabilisierungsfunktion zu unterstützen. Eine solche soll, finanziert von allen EU-Staaten, als eine Art Notfallfonds agieren, wenn ein Land in Schwierigkeiten kommt, etwa Irland in Folge eines harten Brexit. Ökonomen sprechen dabei von asymmetrischen Schocks. Die Kommission fordert außerdem einen europäischen Wirtschafts- und Finanzminister, der ähnlich wie die EU-Außenbeauftragte mehrere Funktionen auf sich vereint und gleichzeitig Vizepräsident der EU-Kommission und Euro-Gruppen-Vorsitzender sein soll.

Über all das sollen die Staats- und Regierungschefs beraten und nach dem Willen von Tusk im Juni 2018 Entscheidungen treffen. Dann auch wieder mit einer handlungsfähigen Bundesregierung.

© SZ vom 07.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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