Markenstreit:Ochsen oder Bullen, das ist hier die Frage

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"Wir haben nichts kopiert", sagt der sardische Winzer Mattia Muggittu. (Foto: Hersteller)

Red Bull setzt einen jungen Winzer aus Sardinien unter Druck: Das Etikett seines Weines sei dem Konzernlogo viel zu ähnlich. Doch der Winzer denkt gar nicht daran, klein beizugeben.

Von Uwe Ritzer, Nürnberg

Die beiden Hornviecher sehen, mit Verlaub, besoffen aus. Gerade so, als würden sie anstoßen und gemeinsam bechern, zumal über ihren Comic-Köpfen gemalte Kreise und Punkte schwirren, als würden die tierischen Zechkumpane vor lauter Weinseligkeit schon Sternchen sehen. Die Kringel sind, wie Nachforschungen ergaben, jenen auf dem Menhir Sa Perda Pinta nachempfunden, einem auch als Stele de Boeli bekannten Hinkelstein auf der Insel Sardinien. Was dem Winzer Mattia Muggittu besonders wichtig ist: Die beiden Silhouetten auf dem Etikett seiner Weinflaschen sind Ochsen und keine Bullen.

Ochse, Bulle oder Stier - das bemisst sich bekanntlich an der Geschlechtskraft und dem Alter männlicher Rinder. Womöglich wird die Unterscheidung bei der Auseinandersetzung Muggittus mit Red Bull noch wichtig und eine Rolle vor Gericht spielen. Der österreichische Getränkeriese hat den 23-jährigen Winzer aus dem 2000 Einwohner zählenden Dorf Mamoiada auf der italienischen Insel Sardinien verklagt. Der Konzern aus Fuschl am See hält die mutmaßlich besoffenen Ochsen auf dem Rotwein-Etikett, die zugleich das Markenzeichen des jungen Winzers darstellen, für zu ähnlich jenen beiden roten Bullen, die im Logo des Energy-Drink-Herstellers vor einer glühenden Sonne mit gesenkten Hörnern wutschnaubend aufeinander zustürmen. Deshalb soll Muggittu sein tierisches Logo verschwinden lassen.

Marketingexperten sprechen in solchen Fällen von Brand Protection, Markenschutz also. Und die Marke Red Bull ist allein auf 17 Milliarden Euro Wert taxiert. Red Bull beschäftige deshalb "eine Armada an Anwältinnen und Anwälten, die die Marke mit allen rechtlichen Mittel verteidigen", schrieb die Wiener Zeitung Der Standard. 2010 habe der Konzern ein polnisches Kinderhilfswerk für dessen dem Red-Bull-Slogan zu ähnlichen "Verleih Kindern Flügel" angegriffen. 2017 traf es eine Frankfurter Burger-Bude namens "Guter Bulle", die sich daraufhin vorsichtshalber in "Traumkuh" umbenannte, um einem langen und mutmaßlich teuren Rechtsstreit zu entgehen.

Ob Red Bull die Klage wirklich durchzieht? Der Konzern schweigt dazu

Der sardische Winzer jedoch will nicht nachgeben. "Wir haben nichts kopiert", sagte Mattia Muggittu der italienischen Nachrichtenagentur Ansa. "Das Logo ist eine Hommage an die Weinbautradition von Mamoiada, die Ochsen sind ein Symbol für unseren Weinbau, da wir heute noch mit Ochsen pflügen und unser Weinberg in der Nähe der Stele di Boeli steht", des Hinkelsteins. Der sardische Weinbauernverband hat Muggittu bereits seine Unterstützung zugesagt. Bis 19. März läuft eine rechtliche Frist zur gütlichen Einigung, danach liegt der Fall beim Patentgericht. Gerne wüsste man, ob Red Bull gegen den Winzer tatsächlich durchziehen will. Doch auf eine SZ-Anfrage hin lässt der Konzern mit der Bitte um Verständnis ausrichten, dass er zu laufenden Verfahren grundsätzlich keine Stellung nehme.

Auf insgesamt fünf Hektar baut Muggittu Wein an; etwa 2000 Liter hat er in mit dem Ochsen-Symbol dekorierten Flaschen verkauft. Der junge Mann ist italienischen Medien zufolge neu im Weingeschäft; sein Ochsen-Logo habe er im Oktober 2022 beim zuständigen Patentamt angemeldet. In etwa um die Zeit also, in der Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz im Alter von 78 Jahren starb. Er hinterließ ein Unternehmen, das im vergangenen Jahr 11,582 Milliarden Dosen von seiner namensgebenden Koffeinbrause und anderen Limonaden verkaufte und damit den Umsatz um 24 Prozent auf knapp 9,7 Milliarden Euro gesteigert hat. 15 800 Menschen arbeiten weltweit für Red Bull.

Es ist übrigens genau 40 Jahre her, dass Mateschitz unter der Anmeldenummer 475/1983 die Marke "Red Bull Krating Daeng" registrieren ließ. Krating Daeng ist ein Hinweis auf ein ähnliches Getränk seiner thailändischen Geschäftspartner. Erst vier Jahre später wurde die erste Dose Red Bull in Österreich verkauft, in Deutschland dauerte es sogar bis 1994. Bei der Anmeldung musste Mateschitz 700 Euro Gebühr bezahlen; der Betrag wird seither alle zehn Jahre fällig, also auch in diesen Tagen. Für Red Bull dürfte die Summe kein Problem darstellen.

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