Nachhaltigkeit:Die größten Müll-Mythen des Alltags

Ist der Coffee-to-go-Becher die Inkarnation des Bösen? Sind Papiertüten wirklich besser als Plastiktüten? Und sollten Kaffeekapseln nicht gleich verboten werden? Wir klären auf.

Von Valentin Dornis, Julia Klaus, Vivien Timmler und Esther Widmann

Mythos 1: Kaffeekapseln sind das Umweltdesaster schlechthin

Vorab gesagt: Wem es wirklich um den Erhalt der Natur geht, der verzichtet besser gleich auf Kaffee. Denn schon die Herstellung und Lieferung der Bohnen ist in der Regel schlecht für die Umwelt: gerodete Urwälder, enormer Wasserverbrauch, Transport in stinkenden Frachtschiffen.

Wer trotzdem nicht verzichten will, hat immerhin bei der Zubereitung einige Möglichkeiten. Ein großer Mythos: Die Siebträger-Maschine ist gut, Kaffee-Kapseln sind böse. Doch so einfach ist es nicht. Je nachdem, wie der Kaffee zubereitet wird und was mit dem Müll passiert, fällt die Ökobilanz sehr unterschiedlich aus.

Deutschland schmeißt weg - ein Schwerpunkt

Mehr als 45 Millionen Tonnen Haushaltsmüll wandern in Deutschland jedes Jahr in die Tonne. Zwar wird ein Teil davon recycelt, die Statistik aber zeigt: Der Müll in Deutschland wird nicht weniger, im Gegenteil: Wir schmeißen immer mehr weg. Ist das ein Problem? Alle Texte zum Thema finden Sie hier.

Wer für eine einzelne Tasse Kaffee seine Siebträgermaschine nutzt, verbraucht sehr viel Strom, bis der Apparat und das Wasser aufgeheizt sind - es lohnt sich energetisch gesehen nur für mehrere Tassen. Bei Kapsel-Maschinen ist der Stromverbrauch geringer, vor allem was den Vergleich bei einer einzigen Tasse angeht. Dafür entsteht mehr Müll, Schätzungen zufolge mehr als 5000 Tonnen pro Jahr allein in Deutschland.

Wie negativ das zu bewerten ist, kommt jedoch darauf an, was mit dem Müll passiert: Sind die Kapseln aus Aluminium, können sie mit relativ geringem Energieaufwand recycelt werden. Dafür muss der Verbraucher sie aber in den Verpackungsmüll werfen, nicht in den Restmüll. Die Aluminiumherstellung selbst ist jedoch enorm energieintensiv und somit umweltbelastend, was die ökologische Bilanz der Kapsel drückt.

Sind die Kapseln aus Plastik, ist die Herstellung zwar minimal umweltverträglicher, die Recyclingquote aber deutlich schlechter. Plastik wird als Abfall zu großen Teilen einfach verbrannt.

Verbraucher sollten sich vor der Anschaffung einer Maschine also unbedingt überlegen, ob sie in der Regel alleine Kaffee trinken - denn dann kann eine Kapsel-Maschine ökologisch sinnvoller sein. Eine ausführliche Auswertung zur Ökobilanz verschiedener weiterer Zubereitungsarten gibt es hier. Und wem das zu kompliziert ist, der sollte einfach Tee trinken.

Mythos 2: Papiertüten sind viel umweltverträglicher als Plastiktüten

Jede Tragetasche hat ihren Ruf. Da wäre zum Beispiel der Jutebeutel: ganz klar die Öko-Ecke. Die riesige Mehrwegtasche aus Kunststoff: Da kauft jemand für die Großfamilie ein. Oder eben die klassische Plastiktüte: die Inkarnation des Bösen.

Vor etwas mehr als einem Jahr haben Handel und Bundesumweltministerium letzterer den Kampf angesagt. Sie haben eine Selbstverpflichtung unterzeichnet, laut welcher der Einzelhandel künftig für 60 Prozent aller Plastiktüten eine Abgabe verlangen muss. Von 2018 an soll der Anteil auf 80 Prozent steigen. Die Botschaft an den Verbraucher ist klar: Benutzt weniger Plastiktüten!

Trotzdem werden viele Kunden auch weiterhin an der Kasse von der plötzlichen Notwendigkeit einer Tragetasche überrascht. Weil sie das schlechte Image der Plastiktüte im Hinterkopf haben, greifen viele zur Alternative aus Papier. Die kostet zwar ebenfalls Geld, ist aber umweltverträglicher - denken sie.

Tatsächlich aber ist die Papiertüte erst nach der vierten Nutzung ökologisch sinnvoller als eine Plastiktüte. Das liegt vor allem an ihrem Ausgangsstoff: Um eine Tüte aus Papier reißfest zu machen, müssen besonders lange und widerstandsfähige Fasern verwendet werden. Diese werden vor der Verarbeitung mit Chemikalien bearbeitet. Verbessert werden kann die Umweltbilanz der Papiertüte zwar mit Recyclingpapier - der Ressourcenverbrauch bleibt jedoch sehr hoch, da nur mit viel Materialeinsatz die gewünschte Reißfestigkeit erreicht werden kann. Und selbst dann gilt: Wird die Papiertüte einmal nass und kann nicht erneut benutzt werden, ist die Ökobilanz dahin.

Ökologisch deutlich sinnvollver sind zwar Beutel aus Baumwolle oder Jute, doch auch sie sind längst nicht so umweltfreundlich wie ihr Ruf. Beim Anbau der Stoffe wird extrem viel Wasser und Energie verbraucht, zudem droht eine Übersäuerung des Bodens. Die Umweltbilanz des Beutels ist allerdings schon allein deswegen besser, da er kein Wegwerfprodukt ist - das gilt aber streng genommen erst, sobald er 25 bis 32 Mal wiederverwendet wurde.

Eine Alternative, die sich immer häufiger an Supermarktkassen findet: klitzeklein zusammengefaltete Polyester-Beutel. Laut Umweltbundesamt sind die die umweltfreundlichste Alternative zur Plastiktüte. Sie halten in der Regel bis zu zehn Kilo aus - deutlich mehr als alle anderen Tragetaschen. Ihre Lebensdauer kann daher Jahre betragen.

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