Protestkultur in Frankreich:Zerfetzte Hemden, brennende Reifen, spritzende Gülle

Die Franzosen streiken nicht nur häufiger als die Deutschen, sondern auch verrückter. Und dreckiger.

Von Vivien Timmler und Jan Schmidbauer

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(Foto: Kenzo Tribouillard/AFP)

Immerhin konnte er seine Krawatte retten: Wütende Mitarbeiter reißen Pierre Plissonnier, Vorstandsmitglied von Air France, am vergangenen Montag die Kleider vom Leib. Ihm bleibt nur die Flucht über einen Zaun, um sich in Sicherheit zu bringen. Grund für die Wut der Angestellten: Air France hat massive Stellenkürzungen angekündigt. Das Unternehmen will seine Flotte verkleinern, um in Zukunft wieder Gewinne zu erzielen.

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(Foto: AFP)

Bei denen brennt's wohl! Als der Reifenhersteller Michelin im Jahr 2009 ankündigt, 2800 Stellen zu streichen, zünden Mitarbeiter vor einem der Werke Reifen an. Nur einen Monat später die nächste Protestaktion: 50 Michelin-Mitarbeiter sperren vier Manager in der Fabrik ein und hindern sie daran, das Gebäude zu verlassen. Immerhin hatten die vier Manager Zugang zu ihren Büros und durften telefonieren.

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(Foto: AFP)

Das war wohl eine unangenehme Überraschung für die Mitarbeiter des Molkereikonzerns Lactadis: Bauern hatten wegen der fallenden Milchpreise mal wieder ein Zeichen setzen wollen. Ihre Methode: Den Eingang der Molkerei mit Gülle vollschütten. Noch eine Nummer größer wagt es ein anderer Zusammenschluss von Milchbauern: Er tapeziert die Fassade der heimischen Amtsverwaltung mit Gülle. Zu sehen gibt es das hier.

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(Foto: AFP)

Tausende Gurken frei Haus, direkt vor das Werkstor geliefert: Lidl entschließt sich im Jahr 1999 dazu, einen Großteil seines Gemüses lieber in Spanien zu kaufen. Das ist der Dank der französischen Bauern.

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(Foto: dpa)

Auch wenn es so aussieht: Dies ist kein Überfall. Zu sehen ist lediglich der nächste Vorstoß französischer Landwirte, die Supermarktkette Lidl zu erinnern, dass sie doch bitte französische statt spanische Produkte verkaufen soll. Schließlich geht es hier um Wein. Und wer trinkt denn bitte nicht lieber Bordeaux als Rioja?

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(Foto: JACKY NAEGELEN/REUTERS)

LKW-Kolonnen, Mittelspur-Schleicher ... es gibt vieles, was einen auf der Autobahn ausbremsen kann. Wenn aber 1500 wütende Landwirte mit ihren Traktoren auf der A10 Richtung Paris unterwegs sind, geht nichts mehr. Im September protestieren die französischen Bauern auf diese Weise gegen sinkende Preise von Milch und Fleisch.

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(Foto: REUTERS)

Die französischen Bauern sind nicht nur besonders streikfreudig, sie werden dabei auch erfinderisch: Hier schenken sie der Stadt Perpignan ein Bällebad - allerdings sind die Bälle in diesem Fall überreife Pfirsiche und keine Plastikkugeln wie im schwedischen Möbelhaus. Darin zu spielen, wäre also eine ganz schöne Sauerei. Ach ja, demonstriert wurde wieder einmal gegen fallende Preise und billigere Importe aus Nachbarländern.

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(Foto: AFP)

Ja, die Franzosen streiken oft. Sehr oft sogar. Und sie können nicht nur verrückt, sondern auch ganz normal streiken. Wobei "normal" im Vergleich mit anderen Nationen schon wieder relativ ist. Hier demonstrieren Zehntausende in Paris gegen das französische Gesetz zur Homo-Ehe, über das 2013 auch die Adoption für gleichgeschlechtliche Paare erlaubt werden sollte.

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