Porsche: Verdacht der Kursmanipulation:Dubioser Milliardenpoker

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Unter Verdacht: Wie Porsche heimlich die Übernahme von VW plante und warum Ex-Konzernchef Wiedeking Manipulationen an der Börse vorgeworfen werden.

Moritz Koch und Klaus Ott

Beim Aktionärstreffen von Porsche am Freitag in Stuttgart wird einer im Mittelpunkt stehen, der schon länger nicht mehr da ist: Wendelin Wiedeking.

Die VW-Aktie stieg im Oktober 2008 auf mehr als 1000 Euro. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts späterer Kursmanipulationen. (Foto: Foto: ddp)

Der frühere Vorstandschef war ein gefeierter Manager, der den kleinen Sportwagen-Hersteller einst vor der Pleite gerettet hatte und mit der Übernahme von VW zu einem der weltweit größten Autokonzerne machen wollte. Das ging schief. Nun schluckt VW umgekehrt Porsche, und Wiedekings Expansionsdrang könnte im Nachhinein teuer werden. 17 US-Investmentsfonds haben in New York eine Milliardenklage eingereicht, weil Wiedeking und der damalige Finanzchef Holger Härter den Aktienkurs von VW manipuliert haben sollen. Was da dran sei, werden besorgte Aktionäre wissen wollen.

Das Unternehmen und seine beiden Großaktionäre, die Familien Porsche und Piëch, vermitteln den Eindruck, man habe alles im Griff.

Spekulationen schon 2008

Hat man das wirklich? Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft untersucht seit Monaten, ob Porsche unter Wiedeking und Härter an der Börse unzulässig getrickst haben. Fragwürdige Vorgänge haben sich abgespielt, vor allem ab 2008, als die VW-Aktie stieg und stieg, was damals Spekulationen anheizte.

Wollte Wiedeking seine teuren Übernahmepläne bei VW mit einem Griff in die Wolfsburger Konzernkasse finanzieren? Sollte der Porsche-Anteil an VW gar auf 75 Prozent aufgestockt werden, um einen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag abschließen zu können? "Die 75 Prozent sind heute kein Thema", hatte Wiedeking Anfang Oktober 2008 erklärt. "Wir treiben den Kurs der VW-Aktie nicht."

Doch schon zehn Wochen vorher, am 23. Juli 2008, hatte der von den Familien Porsche und Piëch dominierte Aufsichtsrat den Vorstand durch einen "Vorratsbeschluss ermächtigt", die Anteile an VW auf 75 Prozent aufzustocken. So steht es in einem Gutachten des Tübinger Jura-Professors Joachim Vogel, das Porsche der Staatsanwaltschaft vorgelegt hat. Vogel kommt zu dem Ergebnis, es lägen keine Verfehlungen vor. Das sagen auch Porsche, Wiedeking und Härter.

Bemühungen um Vertraulichkeit

Der Porsche-Gutachter schreibt aber auch, warum es diesen frühen "Vorratsbeschluss" gab. Die Erlaubnis des Aufsichtsrats, die VW-Übernahme einzuleiten, sollte bereits zu einem Zeitpunkt erteilt werden, zu dem noch keine Arbeitnehmervertreter von VW im Kontrollgremium von Porsche saßen. Das habe vertraulich bleiben sollen, man habe "politische Komplikationen" zwischen Porsche, VW und dem Land Niedersachsen vermeiden wollen.

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Wendelin Wiedeking geht - aber nicht ohne eine Ansprache an die Porsche-Mitarbeiter. Was er und seine Weggefährten sagen. Die besten Zitate des Tages.

Das Land ist Großaktionär von VW, des größten Arbeitgebers in Niedersachsen. Sollten Belegschaft und Ministerpräsident Christian Wulff anfangs ahnungslos bleiben, damit Porsche leichter zuschnappen konnte?

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Es krachte bald zwischen Wolfsburg und Stuttgart wie auch zwischen den Familien Porsche und Piëch, ehe der Aufsichtsrat des Sportwagen-Herstellers am 20. Oktober das Übernahmeziel bestätigte, der Vorstand sich das zu eigen machte und diese Absicht mitteilte.

Der Kurs der VW-Aktie explodierte auf über 1000 Euro. Um die Börse zu beruhigen, verkaufte Porsche nach öffentlicher Ankündigung und in Absprache mit den Aufsichtsbehörde Bafin Aktien von VW, der Preis fiel unter 400 Euro. Bis dahin war aus Sicht der Bafin alles in Ordnung.

Indizien stützen Verdacht

Anschließend habe Porsche aber weiterhin "Kurspflege" betrieben und den Preis der VW-Aktie dauerhaft je nach Bedarf deckeln oder hoch halten wollen, ohne dies an der Börse transparent zu machen, vermutete später die Bafin und erstattete im August 2009 Strafanzeige.

Zahlreiche Indizien stützten diesen Verdacht. Die Staatsanwaltschaft durchsuchte bei Porsche, Wiedeking und Härter. Nun folgen die Klagen in New York.

Die Fonds werfen Porsche, Wiedeking und Härter Wertpapierbetrug durch die Verbreitung von Fehlinformationen vor. Durch die Verschleierung der Übernahmeabsichten habe der Sportwagenhersteller die Märkte getäuscht. Die Fonds hatten sich mit geliehenen VW-Aktien eingedeckt und darauf spekuliert, dass es keine Übernahme von Volkswagen durch Porsche geben und die VW-Aktien an Wert verlieren würde.

Als doch Übernahmepläne bekannt wurden und der VW-Kurs in die Höhe schoss, zahlten die Fonds kräftig drauf. Wiedeking und Härter hätten Fehlinformationen gestreut und gewusst, dass US-Fonds die Opfer sein würden, heißt es in der Klageschrift. Kein vernünftiger Fonds hätte so agiert, "wenn klar gewesen wäre, dass Porsche 75 Prozent der VW-Anteile kaufen wollte", behaupten die Spekulanten.

© SZ vom 28.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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