Es ist nicht weniger als ein unerwarteter Kahlschlag - aber erwartungsgemäß macht sich die Playmobil-Muttergesellschaft Horst Brandstätter Group nicht die Mühe, ihn zu erläutern oder gar zu begründen. Auch nicht gegenüber den Beschäftigten, die am Montag aus den Medien erfuhren, dass ihr Arbeitgeber bis 2025 knapp 700 Stellen streicht, sowohl bei der Spielzeugmarke Playmobil als auch bei der Schwestermarke Lechuza, die Kunststoff-Pflanzenkübel produziert. 369 Jobs fallen demnach in Deutschland weg, was nach Firmenangaben 16 Prozent der Belegschaft hierzulande entspricht. Das Unternehmen gab all dies just einen Tag nach Eröffnung einer Jubiläumsausstellung zu 50 Jahren Playmobil im Historischen Museum in Speyer bekannt.
Der Abbau sei nach einer "umfassenden Untersuchung aller Geschäftsbereiche und unter Berücksichtigung der Geschäftsentwicklung", beschlossen worden, heißt es. Von nicht näher definierten "wirtschaftlichen Herausforderungen" und einer "herausfordernden Situation in den beiden vergangenen Geschäftsjahren" mit Umsatz- und Ergebniseinbußen ist die Rede. Corona, Rezession, die Weltwirtschaft - kaum eines der gängigen Schlagworte fehlt.
Nach Einschätzung von Experten und Beobachtern der Spielwarenbranche sind es allerdings weitgehend hausgemachte Gründe, die das jahrzehntelang florierende Unternehmen immer mehr in Schieflage bringen. Das Kerngeschäft werde vernachlässigt, sagen Insider, die Strategie sei unklar, die Belegschaft demotiviert.
"Die Zustände bei Playmobil haben schon lange nichts mehr mit den heilen Spielewelten zu tun."
Seit 2015 der langjährige Firmenpatriarch Horst Brandstätter starb, läuft es nicht mehr rund in der Playmobil-Welt. Zuletzt verlor die Marke nach SZ-Informationen aus Insiderkreisen Anteile in wichtigen Spielwarenmärkten. Im Geschäftsjahr 2021/22 sank der Playmobil-Umsatz so um sechs Prozent, während die Spielwarenbranche insgesamt über Corona hinweg um 8,5 Prozent zulegte. Negativ zu Buche schlugen in der jüngeren Vergangenheit auch teure Pannen wie ein aufwendig produzierter Playmobil-Kinofilm, der floppte. Überdies kommen und gehen die Manager in der Brandstätter-Zentrale in Zirndorf, zuletzt warf im August Firmen-Chef Steffen Höpfner resigniert das Handtuch.
Was sich dagegen seit Brandstätters Tod hält, sind Klagen über eine von mangelnder Wertschätzung geprägte Unternehmenskultur. Beschäftigte beklagen rüde Umgangsformen und Misstrauen; auch die Bekanntgabe des Stellenabbaus über die Medien an einem Tag, an dem das ganze Unternehmen in einem verordneten Brückentag-Urlaub weilt und dementsprechend kein Verantwortlicher und nicht einmal der Kommunikationschef telefonisch erreichbar ist, "passt in das verheerende Bild", sagt ein Insider und ergänzt: "Die Zustände bei Playmobil haben schon lange nichts mehr mit den heilen Spielewelten zu tun, für die Playmobil als Spielzeug steht."
Das schlägt nach Ansicht von Kritikern auch auf Kreativität und Engagement der Beschäftigten durch. Arbeitnehmervertreter beklagen seit Jahren Mobbing, Streit und Intrigen. Vor kurzem erst kritisierte der Betriebsrat in einem internen Newsletter, dass "Angst und Demütigungen an der Tagesordnung" seien und beispielsweise junge Mütter, die aus der Elternzeit zurückkommen, drangsaliert würden. Das Unternehmen weist alle Vorwürfe stets als falsch zurück, doch die Klagen kommen immer wieder hoch.
Seit März ist die Unternehmensberatung McKinsey in der Firma
Dass es wirtschaftlich nicht gut läuft und die Arbeitsbedingungen so kritikwürdig sind, machen Insider an den internen Machtverhältnissen fest. Die Firma gehört einer von Horst Brandstätter noch zu Lebzeiten gegründeten Stiftung, in der Marianne Albert das Regiment führt, eine frühere persönliche Assistentin Brandstätters. Vor dessen Tod vor acht Jahren bekleidete sie keine nennenswerten Führungsaufgaben in der Firma; über ihren beruflichen Werdegang und ihre Qualifikation schweigt sich das Unternehmen hartnäckig aus.
Der nunmehr angekündigte Stellenabbau werde "sozialverträglich und nach Möglichkeit einvernehmlich erfolgen", so das Unternehmen. Die Vermutung liegt nahe, dass er Ausfluss einer Untersuchung der Unternehmensberatung McKinsey ist, die seit März die Firma durchforstet. Offen ist auch, in welchen Unternehmensbereichen genau wie viele Stellen abgebaut werden. Ein Teil dürfte im Kunststoff-Formenbau im fränkischen Dietenhofen gestrichen werden, wo das Unternehmen bereits zuvor den Wegfall von 74 Stellen bestätigt hatte. Dort werden großvolumigere Kunststoffteile für Lechuza und Playmobil gefertigt, während die fingerlangen Plastikfiguren in einem Werk auf der Mittelmeerinsel Malta hergestellt werden.