Opel streitet mit GM:Ring frei zur nächsten Runde

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Eine Zeitlang sah es ganz so aus, als würden sich Opel und die Mutter General Motors wieder vertragen. Doch jetzt präsentierte Opel die Ergebnisse für das dritte Quartal - und der Friede ist dahin. GM droht erneut mit Werkschließungen, der Betriebsrat ist empört.

Thomas Fromm

Zuletzt lief es im Verhältnis zwischen Rüsselsheim und Detroit verdächtig ruhig und harmonisch. Die deutsche Tochter Opel werde auch in 15 Jahren noch zur US-Mutter gehören, sagte General-Motors-Vizepräsident Robert Ferguson neulich in Detroit. Da war gerade der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier zu Besuch in der US-Zentrale, und was er dort hörte, klang gut. Es war eine Bestandsgarantie für ein seit Monaten gebeuteltes Autounternehmen. Eine Art Beruhigungspille, nachdem zuletzt wieder darüber spekuliert wurde, GM könnte Opel - wie schon vor zwei Jahren geplant - am Ende doch noch abgeben. Nun also kam Ferguson und erklärte, Opel sei für GM "sehr, sehr wichtig".

Schwarze Zahlen dürfte es bei Opel, anders als zunächst erwartet, in diesem Jahr wohl keine mehr geben. (Foto: dpa)

Und wo auch immer Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke zuletzt auftrat, sprach er vom Ende der großen, schmerzhaften Sanierung in Rüsselsheim und malte eine rosige Zukunft. Als er dann auch noch Anfang der Woche zum Nachfolger von GM-Europachef Nick Reilly ausgerufen wurde, konnte man auch dies als klares Signal verstehen: Wenn der Opel-Chef in der Hierarchie der Konzernmutter in den engeren Führungszirkel rund um GM-Boss Dan Akerson aufsteigt, dann muss es im Binnenverhältnis von Deutschen und Amerikanern formidabel laufen.

Dachte man. Dann kam das dritte Geschäftsquartal. Und jetzt ist wieder alles anders. 292 Millionen Dollar Verlust fuhr Opel zwischen Juli und September ein. Das war zwar immer noch besser als die 559 Millionen Dollar Verlust im Vorjahr. Aber dennoch war es ein schwerer Schlag. Dachte man doch schon, man wäre aus dem Gröbsten raus, seit man im zweiten Quartal erstmals seit langer Zeit wieder einen Gewinn ausweisen konnte.

Nun war es wie schon so oft das schwache Europa-Geschäft, das den Strategen in Detroit die Stimmung vermieste - gerade jetzt, wo es in den USA und China gut läuft. Für GM-Finanzchef Dan Ammann ist der Fall daher klar: Bei der Sanierung des Europa-Geschäfts müssten alle Optionen geprüft werden - so eben auch Werksschließungen. Denn schwarze Zahlen dürfte es bei Opel, anders als zunächst erwartet, in diesem Jahr wohl keine mehr geben.

Für die Opelaner ist das eine Provokation. 8000 von zuvor 48.000 Stellen hatte der Autohersteller zuletzt europaweit abgebaut, die Hälfte davon in Deutschland. "Nach Aussage von Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke ist die Restrukturierung von Opel in Europa erfolgreich abgeschlossen", kritisierte Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz am Donnerstag die neuen Drohungen aus Übersee. Außerdem gebe es Verträge zwischen Arbeitnehmern und dem Konzern - und diese schlössen "Personalabbau und Werksschließungen bis zum 31. Dezember 2014 kategorisch aus". Franz wörtlich: "Diese wiederholt von GM losgetretenen Spekulationen über die Zukunft von Opel/Vauxhall sind geschäftsschädigend und unverantwortlich."

Auslöser der roten Zahlen?

Während Hersteller wie der Rivale VW noch von Rekord zu Rekord eilen, bekommt Opel die Krise bereits zu spüren, genauso wie der französische Hersteller PSA, der seine Geschäfte ebenfalls vorwiegend in Europa macht. Für Opel rächt sich nun, dass die Konzernmutter klare Grenzen für die geographische Expansion setzt. Beispiel Ampera: Das neue Elektroauto darf nur in Europa vertrieben werden. Grund: Außerhalb Europas soll der beinahe identische Elektrowagen Volt der Konzernschwester Chevrolet verkauft werden.

Einzelne Boommärkte sind für die Rüsselsheimer ohnehin tabu. Brasilien, einer der kommenden Wachstumsmärkte überhaupt, ist angestammtes Chevrolet- und GM-Territorium, ebenso wie die USA. In China, jenem Wachstumsmarkt, von dem der Wolfsburger Wettbewerber VW ganz besonders profitiert, ist Opel noch schwach vertreten. Was bleibt, ist Europa. Und Europa geht es wegen der Schuldenkrise nicht gut. Wachsen will Stracke daher künftig vor allem auf dem russischen Markt.

Arbeitnehmervertreter Franz stößt gerade die Abhängigkeit vom europäischen Krisenmarkt besonders übel auf. "Wir fordern GM erneut auf, die konzerninternen Exportbeschränkungen gegen Opel aufzugeben und Opel/Vauxhall die weltweiten Wachstumschancen einzuräumen, wie dies weltweit alle anderen Automobilmarken haben", sagte er.

In der Rüsselsheimer Zentrale des Autobauers weist man dies vehement zurück. Es gebe keine Verbote von Seiten der Amerikaner, so ein Sprecher am Donnerstag. "Wir gehen nur in Regionen, in denen wir auch erfolgreich sein können", heißt es dort. "Ansonsten gehen wir dort gar nicht erst hin."

© SZ vom 11.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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