Opel: Debatte um Staatshilfen:Bizarrer Bazar

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Europas Regierungen überbieten sich mit Staatshilfen für General Motors. Das ist fatal. Denn eigentlich müssten die Amerikaner ohne Steuergeld auskommen.

Thomas Fromm

Das große Spiel ist eröffnet. Mitmachen kann jeder, der Opel-Arbeitsplätze im eigenen Land zu retten hat. Die ersten haben ihre Angebote schon abgegeben: Großbritannien bietet 400 Millionen Euro, Spanien ebenfalls, Belgien angeblich 500 Millionen, und Polen lockt mit Steuererleichterungen. Wer bietet mehr?

Hauptsache, die Jobs bleiben: Europas Regierungen überbieten sich mit Staatshilfen für General Motors. (Foto: Foto: ddp)

Es ist ein bizarrer Basar, und - wäre der Hintergrund nicht so tragisch - hätte er fast eine komische Note: Europäische Länder bieten dem US-Autohersteller General Motors viel Geld, damit der Konzern Opel-Arbeitsplätze in ihrem Land erhält. Den Startschuss für den großen Wettlauf der Subventionen gab der von GM eingesetzte Opel-Sanierer Nick Reilly. Er tingelte durch Europa, um die Staaten auf die harten Spielregeln eines Basars einzustimmen.

Wenn einer durch die Lande zieht, um Angebote einzuholen und dabei über Arbeitsplätze spricht, liegt der Verdacht nahe, dass hier Parteien gegeneinander ausgespielt werden sollen. Schlimm genug, dass die Amerikaner die Sorgen und Ängste der Staaten ausnutzen. Fataler noch ist es, dass die Regierungen in ihrer Verzweiflung dem Werben der Amerikaner nachgeben und sich auf das Spiel einlassen. Statt mit einzelnen Regierungen dubiose Deals zu machen, sollte GM erst einmal einen plausiblen Sanierungsplan für Opel vorlegen, der ohne Staatshilfen auskommt. Sollten dann noch Hilfen benötigt werden, müsste dies auf europäischer Ebene geklärt werden. Nicht in Hinterzimmern.

Als der Konzern vor einigen Wochen überraschend erklärte, dass man Opel behalten möchte, statt die Tochter an den Auto-Zulieferer Magna zu verkaufen, wurde dies mit neuer Stärke begründet. GM war zu dem Ergebnis gekommen, dass man Opel nach überstandener Insolvenz allein sanieren kann. Der US-Konzern hat selbst jahrelang auf die falschen Modelle gesetzt und war damit grandios gescheitert. Der Konzern braucht daher Opel, seine Autos und seine Technologie.

Wenn GM an Opel festhält, dann nicht aus sentimentalen Gründen. Opel ist Teil der globalen GM-Strategie - dafür sollte der US-Konzern in die eigene Tasche greifen. Zudem will GM schon bald beginnen, seine Milliardenschulden an die US-Regierung zurückzahlen. Man sollte meinen: Wer dafür Geld hat, kann auch seine europäische Autotochter sanieren.

Wenn mit staatlicher Hilfe Opelfabriken künstlich am Leben erhalten werden, geht das zudem auf Kosten anderer Hersteller. Sollen die künftig gegen einen Konzern ankämpfen, dessen neue Modelle mit Staatsgeldern aufgepäppelt werden? Echter Wettbewerb sieht anders aus, zumal bei allen Herstellern in den nächsten Jahren hohe Investitionen in alternative Antriebe anstehen. Es ist nicht Sache der Steuerzahler, hier Wettbewerbsverzerrungen zu subventionieren.

Nun sitzen alle gemeinsam in der Falle: Zunächst trifft es GM, denn ohne Opel wird es der Konzern international schwer haben. Es geht um mehr als eine einfache Sanierung. Bei Opel muss investiert werden, drei, vier oder auch sieben Milliarden Euro. In der Falle sitzen auch die Politiker. Die alte Bundesregierung wollte Magna, auch wenn das mehr als vier Milliarden Euro gekostet hätte. Da ging es um politische Wahlen und Machterhalt, nicht um Autos. Ebenso engagiert taktieren heute die Bundesländer. Ihr Spiel ist riskant: Zahlen Sie, gehen Sie das Risiko ein, Millionen an Steuergeld zu verschleudern, sollte Opel in zwei drei Jahren doch gegen die Wand fahren. Zahlen sie nicht und Opel kollabiert, bleibt die Schuld an ihnen hängen.

In der Bredouille sind auch die Arbeitnehmervertreter in Deutschland: Mit Magna und der Sberbank hatten sie alles auf eine Karte gesetzt - mit vielen Unbekannten. Magnas Opel-Strategie basierte auf Russland. Das war eine Hoffnung, aber beileibe keine Garantie. Mit GM haben sie es nun dafür mit einem unberechenbaren Verhandlungspartner zu tun.

Um aus der Falle zu kommen, braucht es keinen Basar, sondern gemeinsame Anstrengungen. Dafür müssen alle zahlen, und nicht nur Geld: GM, die Politik, die Arbeitnehmer. Zu glauben, dass man sich mit Staatshilfen langfristig Jobs erkaufen kann, ist ein Irrtum.

© SZ vom 23.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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