Gewerkschaften:Scholz kritisiert Mindestlohn-Entscheidung

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Bundeskanzler Olaf Scholz spricht während der Eröffnungsveranstaltung des Verdi-Bundeskongresses in Berlin. (Foto: Annette Riedl/dpa)

Der Bundeskanzler setzt sich beim Verdi-Kongress für mehr Tarifverträge ein. Die Gewerkschaft fordert mehr soziale Gerechtigkeit.

Die Gewerkschaft Verdi macht sich zum Auftakt ihres Bundeskongresses für bessere Arbeitsbedingungen und mehr soziale Gerechtigkeit stark. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kritisiert als Gastredner die Mindestlohn-Kommission - und dürfte damit die Debatte in seiner Partei anheizen.

Für die Dienstleistungs-Gewerkschaft war dieses Jahr von vielen hitzigen Tarifrunden geprägt, in denen die Mitglieder wegen der hohen Inflation starke Lohnerhöhungen forderten. Dabei setzte Verdi etwa im Öffentlichen Dienst die stärkste Gehaltsanhebung seit vielen Jahren durch. Auf dem alle vier Jahre stattfindenden Bundeskongress, auf dem sich Verdi-Chef Frank Werneke zur Wiederwahl stellt, waren die Augen am Sonntag nun auf Olaf Scholz gerichtet: Was sagt der Bundeskanzler zu den Arbeitsbedingungen in der Bundesrepublik?

Die Verdi-Mitglieder vernahmen immerhin, dass Scholz Tarifverträge als das stabile Fundament des Landes sieht: "Wir brauchen mehr Tarifverträge. Als Gewerkschafter bedaure ich, dass die Tarifbindung zurückgegangen ist." Der SPD-Kanzler betonte außerdem die große Bedeutung des Sozialstaats für die Demokratie. Er kritisierte jene, die sagten, in diesen schwierigen Zeiten müsse der Sozialstaat zurückgefahren werden. "Das Gegenteil ist der Fall."

Genau hinhören mussten die Gewerkschafter anschließend beim Thema Mindestlohn. Eine Gesellschaft, die eine Zukunft haben wolle, müsse zusammenhalten, so Scholz. Deshalb sei es richtig gewesen, 2022 ohne Befassung der zuständigen Kommission den Mindestlohn auf zwölf Euro anzuheben. Explizit beklagte Scholz, dass die Arbeitgeber in der Kommission nun für die kommenden Jahre nur geringe Erhöhungen um jeweils 41 Cent durchgesetzt haben. "Ich war genauso unglücklich wie alle hier, dass die Mindestlohn-Kommission so eine Erhöhung vorgeschlagen hat", sagte Scholz. "Man muss das durchaus kritisch bewerten."

Bislang akzeptiert er den Vorschlag der Mindestlohn-Kommission

Damit weicht der Kanzler aber noch nicht von seiner bisherigen Linie ab, das Votum der Kommission zu akzeptieren - und sich nicht erneut über sie hinwegzusetzen, um den Mindestlohn stärker zu erhöhen. Parteichef Lars Klingbeil hat dagegen durch den Verweis auf die neue EU-Richtlinie zum Thema die Tür für eine stärkere Erhöhung geöffnet, etwa auf 14 Euro. Nun dürfte die SPD erneut über diese Frage diskutieren. Verdi dürfte auf dem Kongress in einem Leitantrag die Forderung nach einer Anhebung des Mindestlohns auf mindestens 14 Euro pro Stunde ab 2024 bekräftigen.

Die Gewerkschaft stehe für eine Politik der sozialen Gerechtigkeit und der Umverteilung, erklärte ihr Vorsitzender Frank Werneke. Auch in Deutschland gehe die Schere zwischen Erbschaften, hohen Vermögen und schlechten Entlohnungsbedingungen immer weiter auseinander: "Deshalb ist unsere Botschaft klar: Steuern hoch für Reiche und für Krisengewinner!" Deutschland brauche eine Politik, die Ungleichheit überwinde. "Wir brauchen gute Bildungschancen von der Kita über die Ausbildung bis zur Hochschule. Wir brauchen mehr Investitionen und vor allem mehr Personal." Zentral seien bessere Arbeitsbedingungen für die rund 1000 Berufe, die bei Verdi organisiert sind.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner hat auf dem Kongress angesichts des hohen öffentlichen Investitionsbedarfs erneut die Schuldenbremse infrage gestellt. "Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass wir in unserem Land einen riesigen Investitionsbedarf haben", sagte der CDU-Politiker. Es müsse massiv in die Verkehrsinfrastruktur, in Schul- und Kita-Gebäude, in Universitäten, beim Breitbandausbau, im Bereich Klimaschutz investiert werden. "Die Länder werden es nicht schaffen, diese Investitionen aus ihrem Landeshaushalt zu wuppen", fügte Wegner hinzu. "Die Schuldenbremse darf keine Zukunftsbremse sein. Deswegen müssen wir darüber reden, Länder wie die Bundesregierung, parteiübergreifend."

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