Novartis:Jahresrückblick ohne Chef

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Ein Firmengebäude von Novartis im schweizerischen Stein. (Foto: Arnd Wiegmann/REUTERS)

Der Basler Pharmakonzern Novartis blickt auf ein gutes Jahr mit Umsatz- und Gewinnzuwächsen zurück. Konzernchef Vas Narasimhan dürfte wieder fester im Sattel sitzen. Doch warum taucht er dann bei der Medienpräsentation nicht auf?

Von Isabel Pfaff, Bern

Es sieht ganz so aus, als zahle sich die Strategie von Vas Narasimhan aus. Der Novartis-Chef, angetreten 2018, hat das traditionsreiche Basler Pharmaunternehmen in den vergangenen Jahren Stück für Stück verschlankt. Das Geschäft mit den rezeptfreien Medikamenten, die Augenheilsparte Alcon, seit Herbst 2023 auch der Generika-Hersteller Sandoz: alles abgespalten oder verkauft. Jetzt ist Narasimhan strukturell gesehen am Ziel, Novartis ist seit einigen Monaten ein rein pharmazeutisches Unternehmen. Oder, wie sie das bei Novartis nennen: "Pure-play innovative medicines company". Der alleinige Fokus auf die Entwicklung neuer Medikamente soll künftig das Geld und den Erfolg bringen.

Die am Mittwoch veröffentlichten Ergebnisse des vergangenen Jahres sprechen zumindest nicht gegen diese Strategie: Novartis konnte beim Jahresumsatz einen Zuwachs von acht Prozent auf 45,4 Milliarden Dollar verzeichnen, auch der Reingewinn stieg ordentlich auf 8,6 Milliarden Dollar - nach gut sechs Milliarden im Vorjahr. Entsprechend will der Konzern seine Dividende von 3,20 auf 3,30 Franken je Aktie erhöhen. Auch wenn sich einige Analysten insbesondere vom vierten Quartal mehr erhofft hatten und die Aktie im Verlauf des Mittwochs zeitweise um mehr als fünf Prozent absackte: Die Zahlen können sich sehen lassen.

Telefonkonferenz statt Präsenzveranstaltung

Umso mehr überraschte die Art und Weise, wie der Konzern seine Ergebnisse den Medien präsentierte. Statt einer physischen Pressekonferenz in Basel gab es lediglich eine telefonische Präsentation. Und statt des Konzernchefs selbst, wie es eigentlich üblich ist, übernahm Novartis-Finanzchef Harry Kirsch den Termin mit anschließender Fragerunde. Man habe in der Pandemie einfach gute Erfahrungen mit virtuellen Konferenzen gemacht, so Kirsch auf entsprechende Nachfragen, das sei "recht effektiv" gewesen. Zudem interagiere der Konzernchef im Laufe des Tages mit verschiedenen Medien. Wer noch Fragen an Narasimhan habe, dürfe sich natürlich gerne an das Presseteam wenden.

Vas Narasimhans Abwesenheit irritiert auch deshalb, weil der 47-Jährige laut Mitteilung für das vergangene Jahr ein Gehalt von satten 16,2 Millionen Franken erhält. Das ist fast doppelt so viel wie im Vorjahr und toppt auch die meisten anderen CEO-Gehälter der Schweiz. Bislang hatte der frühere Roche-Chef Severin Schwan mit zuletzt knapp 16 Millionen Franken Jahresgehalt meist den Spitzenplatz eingenommen.

Großverdiener: Novartis-Chef Vas Narasimhan, hier beim Weltwirtschaftsforum in Davos. (Foto: DENIS BALIBOUSE/REUTERS)

Novartis begründet den Gehaltssprung für den Konzernleiter mit dessen "sehr starker Performance" im vergangenen Jahr - und schreibt im Jahresbericht zudem, dass es das wohl noch nicht gewesen sei. Man habe festgestellt, dass Novartis seine Manager im Branchenvergleich eher unterdurchschnittlich bezahle. Um sich weiterhin die besten Talente sichern zu können, wolle Novartis in diesem Bereich "wettbewerbsfähiger" werden. Man darf sich also auf noch höhere Gehälter in den kommenden Jahren gefasst machen.

Was wiederum in deutlichem Kontrast steht zu den Gerüchten, die vor einiger Zeit über den Novartis-Boss im Umlauf waren. Gemäß Informationen der NZZ am Sonntag soll der Verwaltungsrat im Jahr 2022 bereits auf der Suche nach Ersatz für Vas Narasimhan gewesen sein; im selben Jahr musste der Chef sogar eine Gehaltskürzung um ein Viertel hinnehmen.

Jetzt, mehr als ein Jahr später, dürfte sich die Lage für Narasimhan endgültig entspannt haben. Zwar nicht live, aber gemäß Mitteilung spricht er vom "bedeutenden Umsatzpotenzial" neuer Produktkandidaten und von der "starken Performance unserer wichtigsten Wachstumstreiber". Der Konzernleiter verlängert deshalb seine Prognose und stellt neuerdings bis 2028 statt bis 2027 ein Umsatzwachstum von durchschnittlich fünf Prozent in Aussicht. Die Gewinnmarge soll bis 2027 auf mehr als 40 Prozent steigen.

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