Luftverkehr:Warnstreik des Bodenpersonals trifft die Lufthansa hart

Lesezeit: 3 Min.

Auch am BER-Flughafen in Berlin streikt das Lufthansa-Bodenpersonal. (Foto: Sean Gallup/Getty Images)

Mehr als 1000 Flüge waren für den Mittwoch geplant, davon fallen laut Konzern bis zu 90 Prozent aus. Betroffen sind etwa 100 000 Passagiere an den Flughäfen in Frankfurt, München, Hamburg, Berlin und Düsseldorf. Das Ende ist für Donnerstag um 7.10 Uhr geplant.

Mit einem Warnstreik des Bodenpersonals hat die Gewerkschaft Verdi den Flugbetrieb der Lufthansa und ihre Passagiere empfindlich getroffen. Von den ursprünglich mehr als 1000 geplanten Flügen fielen am Mittwoch bis zu 90 Prozent aus, wie das Unternehmen bestätigte. Mehr als 100 000 Fluggäste mussten der Lufthansa zufolge ihre Pläne ändern.

An den Aktionen in Frankfurt, München, Hamburg, Düsseldorf und Berlin hätten im Laufe des Tages etwa 7000 Menschen teilgenommen, berichtete Verdi-Verhandlungsführer Marvin Reschinsky. Die Beteiligung sei höher gewesen als beim vorangegangenen Warnstreik im Jahr 2022. Noch für den Donnerstagmorgen, an dem der Warnstreik um 7.10 Uhr enden sollte, hat Lufthansa erneut rund 30 Abflüge in München und Frankfurt annulliert.

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Den Anfang machen an diesem Mittwoch die Bodenmitarbeiter, doch auch andere Sparten bereiten sich auf größere Tarifkonflikte vor. Passagiere müssen in nächster Zeit mit weiteren Flugausfällen rechnen.

Von Jens Flottau

Am härtesten trifft der Streik die beiden großen Drehkreuze der Airline, Frankfurt und München. Der Frankfurter Flughafen rechnet bei der Lufthansa mit Ausfällen bei 90 Prozent der Flüge, sagte eine Fraport-Sprecherin am Morgen. Fast alle der etwa 600 geplanten Starts und Landungen der Lufthansa-Kernmarke sowie des konzerneigenen Zubringers Air Dolomiti wurden bereits im Vorhinein abgesagt.

Am Flughafen München fallen mehr als die Hälfte aller Flüge aus. Von normalerweise rund 730 Flugbewegungen aller Gesellschaften seien gut 400 Starts und Landungen betroffen, teilte der Flughafen mit. Dabei handele es sich nahezu ausschließlich um Flüge der Lufthansa und ihrer Partner.

In Hamburg fallen laut Flughafen alle 23 geplanten Flüge der Gesellschaft an diesem Tag aus: zwölf Flüge nach München und elf nach Frankfurt. Am Flughafen Berlin-Brandenburg entfallen alle 46 Flüge der Lufthansa, in Düsseldorf 14 der 15 geplanten Lufthansa-Verbindungen nach München und Frankfurt. Auf der Webseite des Flughafens Köln/Bonn wurden am Morgen fünf München-Verbindungen als annulliert gelistet. Betroffen von dem Warnstreik sind die Bereiche Wartung sowie die Passagier- und Flugzeugabfertigung. Vor allem im Laufe des Mittwochvormittags müssen in Düsseldorf auch Fluggäste anderer Airlines streikbedingt mit Verzögerungen rechnen.

Lufthansa-Tochter Eurowings nicht betroffen

Die Lufthansa-Tochter Eurowings ist nach Angaben des Unternehmens nicht betroffen. Nicht auszuschließen sei, dass es infolge der Streikmaßnahmen vereinzelt zu Unregelmäßigkeiten im Betriebsablauf kommen könnte.

Bei ausfallenden innerdeutschen Flügen können Kunden mit ihrem Ticket auf die Bahn ausweichen. Auf keinen Fall sollten Passagiere abgesagter Flüge zum Flughafen kommen, warnte die Lufthansa. Dort könnten sie keine Hilfe erwarten. "Aufgrund des Streiks sind die Umbuchungsschalter leider nicht besetzt", stand auf der Webseite. Kostenlose Umbuchungsmöglichkeiten stünden über lufthansa.com, die Kunden-App und über das Service-Center zur Verfügung.

Etwa 80 bis 90 Prozent der Lufthansa-Flieger werden, wie diese Maschine am Münchner Flughafen, an diesem Mittwoch am Boden bleiben. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

"Eigentlich müsste man noch mehr fordern"

Im laufenden Tarifkonflikt fordert Verdi 12,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro monatlich bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Außerdem soll es eine konzernweit einheitliche Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3000 Euro geben. Lufthansa verweist auf zurückliegende Lohnsteigerungen und hat für einen Zeitraum von drei Jahren 13 Prozent mehr Geld sowie eine Inflationsausgleichsprämie angeboten.

Auf den Protest-Versammlungen ließen Techniker, Schalterpersonal und Planer ihrem Unmut über Arbeitsbelastung und dünn besetzte Schichten freien Lauf. Eine Gepäckermittlerin berichtete: "Wir haben 50 Prozent weniger Mitarbeiter als vor Corona, aber die Arbeit ist die gleiche geblieben. Eigentlich müsste man noch mehr fordern." Nicht wenige vergleichen die eigene Kassenlage mit dem angekündigten operativen Gewinn von um die 2,6 Milliarden Euro. Verdi-Verhandler Reschinsky hält dem Management vor, die eigenen Leute respektlos zu behandeln. "Die Zweiklassengesellschaft zwischen fliegendem Personal und Boden muss endlich beendet werden."

Lufthansa-Personalvorstand Michael Niggemann stellte sich in Frankfurt der Kritik der Streikenden und warb um Verständnis dafür, dass der Konzern diese Gewinne dringend für die anstehenden Investitionen in neue Flugzeuge und Technik benötige. Auch die Beschäftigten sollten ihren Anteil erhalten, versprach der Manager unter gellenden Pfiffen. Die von Verdi gewählte Eskalation sei nicht notwendig gewesen. Die Gewerkschaft hingegen droht mit längeren Streiks, falls der Lufthansa-Vorstand sein bisheriges Angebot nicht deutlich nachbessere. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 12. Februar in Frankfurt am Main geplant.

Der Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) versuchte, die Lage zu deeskalieren. "Ich appelliere an die Gewerkschaften, mit Augenmaß die weiteren Tarifrunden zu gestalten", sagte BDL-Präsident Jost Lammers in Berlin. "Das Streikrecht ist ein sehr hohes und wichtiges Gut. Es sollte das letzte Mittel sein." Lammers hat dabei weitere Beschäftigtengruppen im Blick: Die Verhandlungen stocken sowohl beim Lufthansa-Kabinenpersonal als auch bei den Crews der Ferienflug-Tochter Discover Airlines.

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