Mobilität:Lufthansa und Bahn planen enge Kooperation

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Einchecken direkt am Hauptbahnhof, das wird es vorerst weiterhin nicht geben. Aber zumindest soll die Zugverbindung zwischen München und dem Frankfurter Flughafen schneller werden. (Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images)

Ein neuer ICE-Sprinter wird in Zukunft von München zum Frankfurter Flughafen fahren. Doch die schlechte Anbindung anderer Flughäfen blockiert höhere Ambitionen.

Von Markus Balser, Berlin, und Jens Flottau, Frankfurt, Frankfurt

Lufthansa-Vorstand Harry Hohmeister, intern sonst eher für seinen manchmal ruppigen Ton bekannt, hatte sich offenbar etwas vorgenommen. Sieben Mal sprach er nach inoffiziellen Zählungen in der gut halbstündigen Video-Konferenz den "lieben Berthold" direkt an und lobte ihn für die gute Zusammenarbeit. Gemeint war Berthold Huber, Vorstand Personenverkehr bei der Deutschen Bahn und das, was dieser eine nun "umfassende Partnerschaft" nannte, in der sich die beiden größten deutschen Verkehrsunternehmen zusammenschließen. Alles sehr harmonisch, so die Botschaft.

Hohmeister und Huber hatten sich in der DB-Lounge des Fernbahnhofes am Frankfurt Flughafen getroffen, um die intensivierte Kooperation vorzustellen. Der Inhalt: Die Bahn führt neue ICE-Sprinter-Strecken ein und das Lufthansa-Express-Rail-Programm wird ausgeweitet. Vor allem der Frankfurter Flughafen soll damit besser und schneller für Umsteiger vom Zug auf das Flugzeug erreichbar sein. Das Problem: Die Partnerschaft hat bei einigen Service-Aspekten, vor allem dem Gepäcktransfer, noch sehr enge Grenzen. Und sie hat nur da Wirkung, wo ICEs an den Flughafen fahren. Also nicht in München, dem zweiten Lufthansa-Drehkreuz.

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Von Dezember an führt die Bahn zweimal täglich eine neue ICE-Sprinter-Verbindung von München nach Köln über Nürnberg und den Flughafen Frankfurt ein, die auf die Knoten der Lufthansa abgestimmt sein soll. Die Fahrzeit vom Hauptbahnhof zum Frankfurter Flughafen liegt dann bei unter drei Stunden und nach Köln bei unter vier Stunden. Von Nürnberg bis zum Frankfurter Flughafen fährt der ICE 3 dann weniger als zwei Stunden. Ebenfalls im Dezember verbindet dreimal täglich ein Sprinter Bonn über Köln mit Berlin. Laut Huber dauert die Reise von Bonn rund vier Stunden und 20 Minuten, von Köln aus weniger als vier Stunden.

Das zweite Element ist Lufthansa Express Rail: Von Juli an werden fünf weitere Ziele (Berlin, Hamburg, Bremen, Münster und München) in das Programm eingebunden. Bislang sind es 17 Ziele. Anders als bisher sollen die Express-Rail-Tickets bis direkt vor Abfahrt zu buchen sein, es gibt keine starren Kontingente und Preise, die sich nach der Nachfrage richten. Passagiere haben reservierte Sitzplätze, gesicherte Anschlüsse und bekommen Meilengutschriften.

Was jetzt vorgestellt worden ist, sei bloß ein erster Schritt

Für eine bessere Vernetzung von Flug und Bahn hatte es in den vergangenen Jahren immer mal wieder Anläufe gegeben. Doch das wirklich vernetzte Reisen blieb bislang eine Vision. Viele Flughäfen, nicht nur München, sind noch immer schlecht angebunden und haben keine direkte Anbindung an Fernzüge. Und auch erste Kooperationen beider Konzerne etwa für den gemeinsamen Gepäcktransport wurden wieder eingestellt. Ein Projekt, bei dem Koffer in Köln und Stuttgart am Startbahnhof abgegeben werden konnten, blieb vor vielen Jahren nur ein Versuch und wurde schon 2007 beendet - nach Angaben der Bahn auf Wunsch der Lufthansa.

Berthold Huber (rechts) von der Deutschen Bahn und Harry Hohmeister von der Lufthansa vor einem ICE-Sprinter am Frankfurter Flughafen. Alles sehr harmonisch, so die Botschaft. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Der Check-in am Bahnhof ist so seit Jahren nicht mehr möglich. Wer etwa mit der Lufthansa fliegt, kann zwar nach wie vor über die Lufthansa ein Zugticket zum Flughafen lösen. Das Gepäck mussten Passagiere aber selbst zum Flughafen bringen. Daran wird sich auch mit der neuen Kooperation nichts ändern. Die Bahn versprach lediglich, moderne Züge mit mehr Gepäckflächen einzusetzen. Zudem sollen Lufthansa-Kunden, die mit der Bahn anreisen, am Flughafen Frankfurt bei der Sicherheitskontrolle schneller vorankommen und die sogenannte "Fast Lane" nutzen.

Was das Gepäck angeht, so deutete Huber Verbesserungen an. Was jetzt vorgestellt worden sei, sei ein erster Schritt. "Wir werden das weiter ausbauen," so Huber. Schließlich werde sich der "Mobilitätsmarkt schnell erholen" nach der Corona-Pandemie. Und Hohmeister wunderte sich, dass es immer noch Leute gebe, die Bahn und Lufthansa als Konkurrenten sehen. "Es gibt nur unser Zusammen", fand er. Man habe in den "letzten 15 Monaten mehr erreicht als in den letzten 15 Jahren." Lufthansa werde Inlandsverbindungen reduzieren oder streichen, wenn es einen schnellen Bahnanschluss gebe.

Die Vermeidung von Kurzstreckenflügen sei überfällig, sagen Umweltverbände

Auf eine erste Offerte der Flugbranche reagierte die Bahn zuletzt noch reserviert. Ende 2019, auf dem Höhepunkt der Klimadebatte ums Fliegen, kündigte der Flughafenverband ADV an, auf Kurzstrecken unter 400 Kilometer zugunsten der Bahn verzichten zu können. Dazu zählen Verbindungen wie Frankfurt-Düsseldorf. Die Bahn reagierte zunächst reserviert. Man sei für Gespräche offen, das Gepäck annehmen wolle man aber nicht, hieß es damals. Doppelstrukturen aufzubauen, sei nicht sinnvoll.

Für die Umwelt wären laut Umweltbundesamt weniger Inlandsflüge ein Gewinn. Laut Statistischem Bundesamt traten im letzten Vor-Corona-Jahr 23,5 Millionen Passagiere Flüge im Inland an. Weniger solcher Flüge könnten dem Klima helfen - wenigstens etwas. "Fliegen ist die klimaschädlichste Art, sich fortzubewegen", urteilt das Umweltbundesamt. Der Treibhausgasausstoß sei pro Person und Kilometer 50 Prozent größer als beim Auto und mehr als fünfmal so groß wie bei einem Zug. Der Flugverkehr steht für rund drei Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen.

Umweltverbände sehen in der Kooperation einen richtigen Schritt. Die Vermeidung von Kurzstreckenflügen sei überfällig, sagt Jens Hilgenberg, BUND-Mobilitätsexperte und Mitglied im Vorstand des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Der BUND aber fordert weitere Schritte auch von der Bundesregierung. Das Bahnnetz müsse ausgebaut und Flughäfen wie der in München ans Bahnnetz angeschlossen werden. "Das Ziel muss es sein, dass 2030 Kurzstreckenflüge inklusive Zubringerflügen komplett auf die Schiene verlagert sind", sagt Hilgenberg. Der BUND fordert zur Finanzierung des Bahnausbaus unter anderem eine Verdreifachung der Luftverkehrsteuer für innerdeutsche Flüge auf 24 Euro.

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