Lizenzschranke:So will Lindner künftig Steuertricks verhindern

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Rechnet mit signifikanten Mehreinnahmen: Bundesfinanzminister Christian Lindner. (Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Der Finanzminister setzt darauf, dass die globale Mindestbesteuerung Konzerne daran hindert, ihre Gewinne zu verschleiern - und nimmt für die Mehreinnahmen auch Mindereinnahmen in Kauf.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Es ist ein Lieblingsthema von Olaf Scholz (SPD) aus der Zeit, als er noch nicht Bundeskanzler, sondern Finanzminister war: die globale Mindestbesteuerung. Damals hatte er die internationale Steuerreform mit ersonnen und vorangetrieben. Jetzt ist es an seinem Nachfolger, Christian Lindner (FDP), das Vorhaben in Deutschland über die Ziellinie zu bringen.

Sein Ressort hat nun den Referentenentwurf vorgelegt, mit dem die EU-Richtlinie zur Mindestbesteuerung bis Jahresende umgesetzt werden soll. Im Kern geht es darum, dass große Unternehmensgruppen überall auf der Welt mindestens 15 Prozent Steuern zahlen sollen - sie also nicht weiterhin ihre Gewinne so lange über Grenzen schubsen können, bis sie keine oder kaum Steuern zahlen müssen. Betroffen sind Konzerne, die in mindestens zwei der vier vorangegangenen Geschäftsjahre die Umsatzgrenze von 750 Millionen Euro erreicht oder überschritten haben.

Die Mindestbesteuerung, der sich 138 Staaten angeschlossen haben, ist Teil einer großen internationalen Steuerreform, über die seit Jahren auf internationaler und europäischer Ebene verhandelt wurde - und teilweise noch wird. Das Vorhaben ruht auf zwei "Säulen". Die "erste Säule" dreht sich vor allem um das "Wo" der Besteuerung: Unternehmen sollen ihre Gewinne künftig dort versteuern müssen, wo sie entstehen. Im Zuge der Digitalisierung nämlich erwirtschaften etwa große Digitalkonzerne ihre Gewinne auch in Staaten, in denen sie keine Niederlassungen und Produktionsstätten und erst recht nicht ihren Hauptsitz haben. Die zum Teil hohen Steuern in diesen Ländern können sie auf diese Weise umgehen. Über diesen Teil der Reform wird noch verhandelt. Die "zweite Säule" ist die globale, effektive Mindestbesteuerung, die Deutschland und Frankreich 2018 vorgeschlagen haben, und die jetzt von Lindner in nationales Recht umgesetzt wird.

Laut Gesetzentwurf rechnet das Finanzministerium durch die Mindeststeuer von 2026 an mit signifikanten Mehreinnahmen, wenn auch mit abnehmender Dynamik: 910 Millionen Euro werden 2026 erwartet, ein Jahr später 535 Millionen und 2028 noch 285 Millionen Euro. Es könnte allerdings noch mehr sein. Denn dem Entwurf nach würde die Mindestbesteuerung für sich genommen im Jahr 2026 für ein Einnahmeplus von einer Milliarde Euro sorgen, 2027 für 800 Millionen und 2028 für 600 Millionen.

Lindner plant aber sogenannte "Begleitmaßnahmen": Eine ist die Abschaffung der "Lizenzschranke". Mit dieser 2017 eingeführten Maßnahme wurde bislang ein Steuertrick unterbunden, bei dem Unternehmen ihre Steuerlast dadurch verringerten, indem sie ihre Lizenz- und Markenrechte an Tochtergesellschaften in Steueroasen verkauften - und sie dann zu überhöhten Preisen zurückmieteten. Nun heißt es in Lindners Gesetzentwurf, dass unerwünschte "Gestaltungen zur Gewinnverlagerung" mittlerweile durch eine "Vielzahl an international abgestimmten Maßnahmen", wie etwa auch die geplante globale Mindestbesteuerung, verhindert würden. Heißt: Aus Sicht des Finanzressorts kann die Lizenzschranke weg. Zusammen mit zwei weiteren Maßnahmen rund um die Besteuerung ausländischer Tochtergesellschaften (Senkung der "Niedrigsteuergrenze" und Abschaffung der Gewerbesteuerpflicht in bestimmten Fällen) sorgt das für Mindereinnahmen, die die Mehreinnahmen durch die Mindestbesteuerung etwas verringern.

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