In der Bundesregierung bahnt sich neuer Streit um die Zukunft des Unkrautgifts Glyphosat an. Die neue Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner ist skeptisch, ob ein Verbot durchsetzbar ist. "Verbote haben nicht immer Bestand", sagte Klöckner im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Die CDU-Politikerin weist auf Bedenken aus Brüssel bei einem aktuellen Präzedenzfall in Österreich hin. Das österreichische Bundesland Kärnten hatte ein Verbot geplant. "Die EU-Kommission hat ernsthafte rechtliche Bedenken angemeldet", sagte Klöckner.
Dagegen hatte die neue Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) einen schnellen und kompromisslosen Ausstieg bis 2021 gefordert. Schon die alte Bundesregierung hatte sich im Streit um die richtige Haltung zu Glyphosat heftig zerstritten. Zwar will auch Klöckner gegen den Einsatz des Stoffes vorgehen - neben der Einschränkung des Privateinsatzes allerdings vor allem mit der Suche nach Alternativen. "Wir müssen Glyphosat überflüssig machen", kündigt Klöckner nun an. Sie wolle in jedem Fall stärker "in die Forschung nach alternativen Pflanzenschutzmitteln investieren. Das wird die Zukunft sein", sagte Klöckner weiter. Ein von der Kabinettskollegin gefordertes Aus bis zum Ende dieser Legislaturperiode wäre auf diesem Weg jedoch kaum zu erreichen. Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD lediglich festgelegt, die "Anwendung so schnell wie möglich grundsätzlich zu beenden".

Koalitionsvertrag:Glyphosat-Verzicht? Reicht nicht!
Union und SPD wollen, dass künftig kein Glyphosat mehr auf Felder gesprüht wird. Für die nachhaltige Landwirtschaft ist damit aber nichts gewonnen. Ein wissenschaftlich fundierter Umbruch muss her.
Umweltschützer lehnen den breiten Einsatz von Glyphosat in der Landwirtschaft ab, weil die Chemikalie die Artenvielfalt bedroht. Zuletzt hatten Forscher vor einem massiven Insektensterben gewarnt. Umstritten ist noch, ob der Stoff beim Menschen Krebs auslöst. Bauernverbände hatten sich dennoch immer wieder gegen ein starres Ausstiegsdatum ausgesprochen.
Klöckner kündigte an, in der Auseinandersetzung mit dem Umweltministerium auf die Kabinettskollegin zuzugehen. "Ich will, dass wir das Umwelt- und das Landwirtschaftsministerium versöhnen und nicht uns gegeneinander profilieren. Das hilft sonst keinem in der Sache weiter." Die Landwirtschaft nahm sie gegen zuletzt heftige Kritik in Schutz: "Wir müssen weg von den stimmungsgeladenen Zuschreibungen, nach dem Motto: Eine Berufsgruppe ist schuld, und die sitzt auf dem Trecker."
Klöckner kündigt einen neuen Anlauf für ein staatliches Tierwohlsiegel an. Es soll auf Fleisch- und Wurstwaren Informationen über die Haltung der Tiere liefern. "Ich werde ein staatliches Tierwohllabel einführen", sagt Klöckner. Es solle Produkte kennzeichnen, die gesetzliche Standards übertreffen. Dabei will die Ministerin auf Freiwilligkeit setzen und lehnt eine gesetzlich verpflichtende Kennzeichnung ab. Sie mahnt Verbraucher zum verantwortungsvollen Einkauf: "Ein Bauer, der über die gesetzlichen Standards hinausgeht, den kostet das mehr Geld. Wir Verbraucher entscheiden jeden Tag an der Supermarktkasse mit, was auf Dauer gekauft - und dadurch produziert und angeboten wird."