Koalitionsvertrag:Glyphosat-Verzicht? Reicht nicht!

Lesezeit: 2 Min.

Soll es demnächst nicht mehr geben: Ein Traktor versprüht Glyphosat auf einem Feld. (Foto: Steven Lüdtke/dpa)

Union und SPD wollen, dass künftig kein Glyphosat mehr auf Felder gesprüht wird. Für die nachhaltige Landwirtschaft ist damit aber nichts gewonnen. Ein wissenschaftlich fundierter Umbruch muss her.

Kommentar von Kathrin Zinkant

Wenn Landwirtschaftsminister Christian Schmidt demnächst sein Amt abgibt, wird sein politisches Vermächtnis nicht allen in guter Erinnerung bleiben. Schmidts Alleingang in Brüssel, der zu einer begrenzten Neuzulassung des Unkrautvernichters Glyphosat führte, war für viele Umweltfreunde ein Akt der Schamlosigkeit, im Interesse der Agrarindustrie. Da konnte der Minister noch so betonen, dass er sein Ja zu Glyphosat an ein gezieltes Ausschleichen des Gifts aus der landwirtschaftlichen Praxis gekoppelt hatte.

Wer jetzt einen Blick in den aktuellen Koalitionsvertrag wirft, dem muss klar werden, dass Schmidt es ernst meinte. Und, zugleich, wie wertlos die ganze Debatte um Glyphosat für eine nachhaltige, ökologisch verträgliche Landwirtschaft gewesen ist. Zur Zukunft des deutschen Ackerbaus findet sich im Groko-Papier nämlich genau eine konkrete Ansage: Das Ende von Glyphosat ist ausgemacht. Es soll nicht nur, es wird von deutschen Feldern verschwinden. Die Gegner des Gifts dürfen sich als Sieger fühlen in ihrem heillosen Kampf gegen eines der besten Herbizide, das der Ackerbau zur Verfügung hatte. So gut untersucht wie kein anderes Pestizid, rasch abbaubar, und nein, nicht krebserregend. Ein Gift, das zwar Gift bleibt und fraglos zu reichlich eingesetzt wird. Dagegen musste etwas unternommen werden.

Der Verzicht auf Glyphosat bringt noch gar nichts für eine nachhaltige Landwirtschaft

Doch für eine nachhaltige Landwirtschaft ist mit dem Verzicht auf Glyphosat rein gar nichts gewonnen. Das spiegelt der Koalitionsvertrag. Den wahren Erfordernissen in Ackerbau begegnet die kommende Regierung lediglich mit viel Wollen und Sollen. Klar, Pestizide sparen will man, die alte Gentechnik will man nicht, Digitalisierung und Nachhaltigkeit wiederum sollen schon sein. Dass der Biolandbau keine umfassende Lösung bietet, wird angedeutet: Bis 2030 soll ein Fünftel der Ackerfläche ökologisch bestellt werden. Was aber ist mit dem Rest? Wie wird der Nicht-Bio-Acker von morgen aussehen, welche Strategien ermöglichen ihn, und wie wird die Forschung in diese Prozesse integriert? All das bleibt offen, und das ist schlicht: zu wenig.

Nur ein klares Bekenntnis zum wissenschaftlich fundierten Umbruch ermöglicht eine zukunftsfähige, ökologisch angepasste konventionelle Landwirtschaft. Dazu gehören Pläne, die moderne Technologien wie die neue Gentechnik und moderne Agrochemie mit Erkenntnissen über Fruchtfolgen, Bodenbearbeitung und Artenschutz zusammenführen. Das Wissen dafür ist zum Teil da, zum Teil muss es dringend gewonnen und im Ganzen auch konstruktiv genutzt werden. Das ist gewiss unpopulär und viel schwieriger, als gegen ein einzelnes Gift zu wettern oder neue Methoden zu verteufeln. Aber es ist die Aufgabe, der sich die Politik zu stellen hat. Auch ohne Glyphosat.

© SZ vom 10.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Neue Regierung
:Das sind die Überraschungen im Koalitionsvertrag

Union und SPD haben sich mehr vorgenommen als viele ihnen zutrauen. Darunter ein Masterplan für künstliche Intelligenz - und endlich ein staatliches Tierwohllabel.

Von Kristiana Ludwig, Helmut Martin-Jung und Henrike Roßbach

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: