Landwirtschaft:Dürre wird für Klöckner zur Bewährungsprobe

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  • Die Dürre verschafft Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) derzeit enorme Aufmerksamkeit. Die Krise wird für sie jedoch auch zur Bewährungsprobe.
  • Nun will die Ministerin mitteilen, ob und was der Bund zu zahlen bereit ist. Beim Koalitionspartner SPD regt sich bereits Protest.

Von Markus Balser und Robert Roßmann, Berlin

In diesen Tagen gibt es keine Bundesministerin, die präsenter ist als Julia Klöckner. Pressekonferenzen, Talkshow-Auftritte, Krisenrunden: Die Dürre verschafft der 45-jährigen Agrarministerin enorme Aufmerksamkeit. Seit Wochen ist es zu heiß und zu trocken. Am Dienstag wurden Klöckners Agrarministerium die Erntebilanzen für dieses Jahr gemeldet. Es zeichnet sich ab, dass in mehreren Bundesländern Betriebe in Existenzgefahr geraten, weil die Ernte bei manchen Pflanzensorten zwischen 30 und 60 Prozent schlechter ausfällt als üblich.

Es geht um eine große Krise für viele Bauern - und um die erste ernsthafte Bewährungsprobe für die Ministerin. Denn für die Union ist die Debatte über Nothilfen heikel. Vor den wichtigen Landtagswahlen in Bayern und Hessen in diesem Herbst gerät eine ihrer wichtigsten Wählergruppen in Bedrängnis. Eigentlich ist das eine große Chance zur Profilierung. Klöckner ist bodenständig. Sie kommt selbst aus einer Winzerfamilie in Rheinland-Pfalz. Sie versteht die Nöte der Betriebe. Doch Klöckners Lage ist vertrackt.

Die Bauern stellen enorme Forderungen. Eine Milliarde Euro soll die Ministerin nach dem Willen des in der Union einflussreichen Bauernverbands lockermachen. Beim Koalitionspartner SPD regt sich dagegen Protest - in der CDU gibt es dafür einige, denen es mit Zahlungen an die Bauern nicht schnell genug gehen kann. Unionsfraktionschef Volker Kauder verlangte schon Anfang August, "wir sollten nicht kleinlich sein". Wer Hilfen für die Höfe ablehne, dem fehle Verantwortungsgefühl oder Kompetenz, polterte die stellvertretende Fraktionschefin Gitta Connemann.

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An diesem Mittwoch will Klöckner mitteilen, ob und was der Bund zu zahlen bereit ist. Schon nach wenigen Monaten Amtszeit geht es dabei auch für die Ministerin um viel. Gelingt das Krisenmanagement, dürfte ihr Einfluss im Kabinett wachsen. Geht es daneben, könnte es eine harte Amtszeit werden. Die Agrarministerin hat bisher trotz der Forderungen Kauders und Connemanns darauf verzichtet, konkrete Zusagen zu machen. Sie wartete lieber auf jene validen Zahlen aus den Ernteberichten der Länder, die am Dienstag eintreffen sollten. Zu klären ist, wie groß die Notlage der Bauern wirklich ist. Ernteverluste werden da gegengerechnet mit steigenden Preisen etwa für Weizen und Roggen.

Vieles deutet darauf hin, dass die Regierung ein Hilfsprogramm verkünden wird. Doch Klöckner muss nicht nur die eigenen Reihen überzeugen, sondern auch den kritischen Koalitionspartner. Mit ganz großen Zahlen müsse man bei Finanzminister Olaf Scholz (SPD) erst gar nicht vorstellig werden, heißt es im Agrarministerium. Klöckner orientiere sich an den letzten gezahlten Nothilfen im Jahr 2003. Damals flossen insgesamt 80 Millionen Euro vom Bund und von den Ländern - die für die Hilfen eigentlich zuständig sind - an Bauern in Not. Dieses Jahr aber sind die Schäden größer als damals. Hatten 2003 acht der 16 Bundesländer Probleme gemeldet, sind es diesmal fast alle. Bei 100 Millionen Euro könnten die Hilfen am Ende liegen, heißt es in Regierungskreisen. Vielleicht werde es auch mehr.

Klöckner hat es auch in der Bevölkerung mit keiner einfachen Gemengelage zu tun. Auf der einen Seite haben die Bürger in diesem Sommer Hitze und Dürre selbst im Übermaß erlebt, die Forderungen der Bauern erscheinen deshalb vielen nachvollziehbar. Auf der anderen Seite haben die Debatten über Glyphosat- und Gülle-Einsatz tiefe Furchen hinterlassen. Auch die Kritik an den Klimafolgen der intensiven Landwirtschaft wächst. Carsten Träger, der umweltpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, hält die Milliardenforderung des Bauernverbandes deshalb für "maßlos". Dies wäre mehr als die Hälfte des gesamten Haushalts des Bundesumweltministeriums, sagt Träger. Anders gerechnet gehe es in etwa um das Doppelte der Mittel, die das Umweltministerium im laufenden Haushaltsjahr für internationale und nationale Klimaschutz-Initiativen aufwendet. "Es ist nicht effektiv, mit kleiner Münze den Klimawandel zu bekämpfen und gleichzeitig die Folgen des Klimawandels mit großen Scheinen zu kaschieren", sagt Träger. "Weniger Geld für die Ursache als für die Wirkung" zu zahlen wäre "schlicht dumm".

Nicht einmal aus der CSU hört man derzeit Kritik an der Ministerin

Zumindest die CDU-Spitze hat Klöckner von ihrem Kurs aber schon überzeugt. Die Ministerin stellte am Montag im Bundesvorstand ihre Sicht der Dinge dar. Sie wies darauf hin, dass einige Bundesländer die Schadensmeldungen eher größer als kleiner rechneten - und dass die Probleme mancher Bauern nichts mit der Hitze zu tun hätten ("Ein Landwirt, der Anfang August Liquiditätsprobleme hatte, der hat die Probleme nicht wegen der Dürre in diesem Jahr.") Klöckner wurde im Vorstand dafür gelobt, dass sie sich sofort um das Thema gekümmert, aber nicht gleich viel Geld via Gießkanne versprochen habe. Einer, der dabei war, sagt, man habe dabei eine neue Facette an Klöckner kennengelernt. Bisher habe sie als die joviale, herzliche, eher emotionale Julia gegolten, die wegen ihrer Herkunft eine große Nähe zur Landwirtschaft habe. Jetzt habe sie gezeigt, dass sie durchaus auch die extrem rationale, fast kühle Ministerin geben könne, die sich weder vom Bauernverband vereinnahmen lasse, noch die Länder aus ihrer Pflicht entlasse, sich an den Hilfen zu beteiligen.

Klöckner habe für ihren Kurs die volle Unterstützung der CDU-Gremien, sagte Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer anschließend. Nicht einmal aus der CSU hört man derzeit Kritik an der Ministerin. Wenn an diesem Mittwoch bekannt wird, was Klöckner genau tun will, wird man sehen, ob es dabei bleibt.

© SZ vom 22.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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