Klimawandel:Fonds kritisieren Klimasünder und investieren trotzdem

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Die Total-Raffinerie in Leuna. Die Deutsche-Bank-Tochter DWS ist noch in Anleihen des Unternehmens investiert. Dabei will die Finanzindustrie doch grüner werden. (Foto: Jan Woitas/dpa)

Die Häuser Deka, Allianz Global Investors, Union Investment und DWS investieren in Öl, Gas und Kohle.

Von Victor Gojdka, Frankfurt

Wenn in der Öffentlichkeit von "Klimabomben" gesprochen wird, wählen meistens Klimaschützer diese Formulierung. In drastischer Sprache prangern sie an, wenn Kohle-, Öl- und Gasfirmen neue Projekte entwickeln, die noch auf Jahre CO₂ in die Luft pusten dürften. Dass selbst Finanzmanager die Sprache der Klimaschützer übernehmen, dürfte neu sein: So forderte die Deutsche-Bank-Tochter DWS im Netz erst kürzlich, man müsse die Klimabomben "entschärfen". Recherchen von Greenpeace und anderen Organisationen legen jedoch nahe, dass es die DWS genauso wie andere deutsche Vermögensverwalter damit selbst nicht so genau nehmen könnte.

Den Recherchen der Klimaschützer zufolge investierten die vier größten deutschen Fondshäuser Deka, Allianz Global Investors, Union Investment und DWS insgesamt 12,6 Milliarden Dollar in Aktien und Anleihen von Kohle-, Öl- und Gasfirmen, die ihre fossilen Kapazitäten sogar ausweiten wollen. "Das ist schon eine Hausnummer", sagt Greenpeace-Finanzexperte Mauricio Vargas. So investierte die DWS dem Bericht zufolge beispielsweise in den Rohstoffriesen Glencore oder den Ölgiganten Shell.

Besonders kritisch sehen die Experten Investments in neue Anleihen dieser Firmen, anders als bei den meisten Aktienanlagen fließt den fossilen Energiefirmen so neues Geld zu. So war die DWS im September mit 10,9 Millionen Euro in eine Anleihe von Total Energies investiert, mit der das Unternehmen erst im Januar Kapital eingesammelt hatte. Klimaexperten bemängeln, Total investiere mindestens bis 2024 noch in neue Öl- und Gasprojekte.

Sauer stießen den grünen Finanzexperten auch die hauseigenen Richtlinien der großen deutschen Vermögensverwalter auf, wenn es um fossile Firmen geht. Die DWS habe überhaupt keine öffentliche Richtlinie, wie sie über ihr gesamtes Haus einheitlich mit Kohlefirmen umgehe - obwohl die Konkurrenzhäuser Deka, Union Investment und Allianz Global Investors diese bereits haben. "Das finde ich überraschend, wenn nicht erschreckend", sagt Greenpeace-Experte Vargas. So erlaubt die genossenschaftliche Fondsgesellschaft Union Investment nur solche Firmen in ihren Portfolios, bei denen Kohleabbau maximal fünf Prozent des Umsatzes ausmache. Die DWS habe lediglich allgemeine CO₂-Ziele festgesetzt und schließe Kohleunternehmen lediglich in manchen speziellen grünen Fondsprodukten aus, nicht aber über das gesamte Haus hinweg. Auf Anfrage der SZ teilte die DWS mit, derzeit zwar keine generelle Ausschlusspolitik für Kohle oder andere fossile Brennstoffe zu haben, aber aktuell an Vorgaben für das Thema Kohle zu arbeiten. Außerdem arbeite man mit Indexanbietern zusammen, mehr Nachhaltigkeit in schon bestehende Börsenindizes zu bringen.

Noch effektiver als pure Ausschlüsse unliebsamer Unternehmen erachten Finanzexperten jedoch aktives Engagement der Vermögensverwalter, wenn sie also ihren Einfluss bei Unternehmenslenkern geltend machen. Auch wenn sich die Vermögensverwalter gerne mit solchen Aktivitäten brüsten, fällt die Greenpeace-Bilanz schlecht aus. So forderten zwar alle Vermögensverwalter die betroffenen Unternehmen auf, ihre Emissionen zu reduzieren und dafür klare Ziele zu veröffentlichen. Schlicht einzufordern, die Kohle-, Öl- und Gasfirmen sollten ihre Aktivitäten zumindest ein Stück weit herunterfahren, fiel laut Greenpeace-Analyse aber keinem der Vermögensverwalter ein. Einzig Union Investment bekannte öffentlich, zumindest Stromfirmen zu motivieren, weniger Kohle zu nutzen.

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