Munich Economic Debates:Was Deutschland bei KI besser machen muss

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Ohne Daten lassen sich KI-Anwendungen nicht bauen, Europa muss besser darin werden, Daten zur Verfügung zu stellen, fordert KI-Unternehmerin Nicole Büttner. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Wo die größten Hindernisse für Start-ups in Europa liegen und warum eine junge KI-Gründerin trotz aller Widerstände nicht verzweifelt.

Von Helmut Martin-Jung

Nicole Büttner hat ein lustiges Video mitgebracht. Zu sehen ist der Kabarettist Emmanuel Peterfalvi alias Alfons, der in seinem orangefarbenen Trainingsanzug von der Erfindung des Feuers berichtet. Alle fanden es gut, alle. Bis auf die Deutschen. Die Deutschen fragten, wo denn der Notausgang sei und wie es überhaupt mit der Brandschutzverordnung aussehe. Das Video zeigt einen Umstand, der Büttner, Jahrgang 1985, Volkswirtin und erfolgreiche KI-Unternehmerin, an Europa und besonders an Deutschland gewaltig nervt. Bei den Munich Economic Debates, veranstaltet von Ifo-Institut, sprach sie darüber, wie KI Unternehmen helfen könne, im Konkurrenzkampf zu bestehen.

Aber liegt Europa, liegt Deutschland nicht auch bei KI schon wieder abgeschlagen zurück? Das Spiel, sagt sie, ist noch nicht vorbei. Aber es habe bereits begonnen, und "viele andere spielen es intensiver". Wo liegt dann eigentlich die Chance für ein Land wie Deutschland? Dabei ist entscheidend, sagt Büttner, auf welchem Feld gespielt wird. Wenn es darum gehe, mit KI etwa eine Mail zu formulieren, komme es nicht darauf an, dass dieser Vorschlag zu hundert Prozent genau sei. Bei der industriellen Produktion mit sehr kleinen Toleranzen dagegen schon.

Ihr Rat an die Unternehmen: Die vorhandenen Daten zusammenbringen und so eine mit Spezialwissen aufgebohrte KI dort schaffen, wo Deutschland seine Stärken hat, bei Medizintechnik etwa, bei Pharma, in der Produktion. Doch die Sache mit den Daten ist nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick aussieht. Denn das, was auf Firmenservern lagert, muss erst einmal fit gemacht werden für KI. Wenn das nicht geschehe, gilt das alte Diktum der IT: Garbage in, garbage out - Müll rein, Müll raus. Eine ziemlich undankbare Aufgabe: "Die Arbeit an der Datenbank sieht kein Mensch."

"Wir haben alles, was man braucht."

Alleine, so sieht das Büttner, sei das für viele Unternehmen nicht zu schaffen. Weshalb sie vorschlägt, Daten aus verschiedenen Unternehmen sozusagen in einen Topf zu werfen und daraus ein industrielles Grundlagenmodell zu schaffen. Doch fehlt es den Firmen oft an der Einsicht, dass sie davon profitieren könnten. Zarte Ansätze gibt es zwar, etwa Catena-X, bei dem sich Unternehmen aus der Autobranche zusammengeschlossen haben. Aber die Politik helfe dabei kaum weiter.

Bedenken - wie im Alfons-Video - kämen in Deutschland oft zuerst. Dabei wäre die Chance da: "Wir haben alles, was man braucht", sagt Büttner, "und können gestern anfangen." Daten, immer wieder kommt sie darauf zurück, seien nicht wie Öl, das man verbrennt oder Gold, das im Tresor liegt. "Der Wert von Daten liegt in der Wiederverwertung." Büttner wirbt dafür, jetzt anzupacken: "Was wäre, wenn wir das hinkriegten?"

An Politik und Unternehmen appelliert sie zum einen, fokussiert vorzugehen, mit einem Plan, der das besondere Wissen der deutschen hidden champions einbezieht. Schnell müsse man sein. Und vor allem - das ist ihr zweiter Appell - brauche es dringend mehr Geld von Investoren, damit Start-ups auch Wachstumsphasen finanziert bekommen. "Die Unternehmen müssen schneller werden, sonst sind sie Dinosaurier."

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