Jobcenter-Reform:Dämpfer für von der Leyen

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Das Grundgesetz soll geändert werden, um die Jobcenter zu legalisieren. Für Arbeitsministerin Ursula von der Leyen bedeutet das vor allem eines: Sie ist angeschlagen.

Thomas Öchsner

Worauf sich Union und SPD schon vor einem Jahr in der großen Koalition hätten einigen können, wird jetzt spruchreif: Die Jobcenter, in denen Arbeitsagenturen und Kommunen die Hartz-IV-Empfänger gemeinsam betreuen, sollen über eine Änderung des Grundgesetzes erhalten bleiben. Für die Langzeitarbeitslosen und deren Familien ist das eine gute Nachricht.

Schnelle Einigung: Die Jobcenter, in denen Arbeitsagenturen und Kommunen die Hartz-IV-Empfänger gemeinsam betreuen, sollen über eine Änderung des Grundgesetzes erhalten bleiben. (Foto: Foto: dpa)

Es wäre ein großer Rückschritt gewesen, was in fünf Jahren mühsam zusammengewachsen ist wieder zu trennen. Hätte die Bundesregierung, wie von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen geplant, die Jobcenter wieder formal aufgespalten und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts so Genüge getan, hätte dies zu einem Verwaltungschaos geführt.

Doppelte Bürokratie, höhere Kosten für die Steuerzahler und noch mehr verzweifelte Bezieher von Arbeitslosengeld II, die sich im Hartz-IV-System nicht zurechtfinden, wären die Folge gewesen.

Im Video: Die Union will nun doch die vom Verfassungsgericht verlangte Neuordnung der Jobcenter über eine Grundgesetzänderung regeln.

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Der Fraktionsspitze der Union, die in der großen Koalition noch gegen eine Grundgesetzänderung opponierte hatte, ist deshalb hoch anzurechnen, eingelenkt zu haben. Denn jeder kann Fraktionschef Volker Kauder nun vorhalten, dass man diese Entscheidung auch schon früher ohne das ganze Hickhack hätte haben können.

Klarer Gewinner sind die Unions-Ministerpräsidenten. Die Länderchefs, die die Jobcenter unbedingt erhalten wollten, haben eindrucksvoll gezeigt, dass ohne sie und ihre Zustimmung im Bundesrat ziemlich wenig geht. Es wird nicht die letzte Machtdemonstration von Koch und Co. gewesen sein.

Ministerin von der Leyen steht dagegen jetzt ein bisschen angeschlagen da. Ihre ursprüngliche Entscheidung, eine Grundgesetzänderung kategorisch auszuschließen, war zu voreilig. Jetzt muss sie sich in dieser Frage nicht nur möglichst schnell mit der SPD einigen.

Ist die Existenz der Jobcenter juristisch abgesichert, sollte sich die Ministerin auch um die Effizienz der Arbeitsvermittlung kümmern. Vor allem bei älteren Arbeitslosen, Alleinerziehenden und Jugendlichen läuft die Vermittlung noch schlecht. Da gibt es für von der Leyen noch viel zu tun.

© SZ vom 09.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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