iPhone 15:Wischful Thinking

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Ist noch immer der Maßstab für die Kategorie Smartphone: Präsentation des iPhone 15 in Kalifornien vergangene Woche. (Foto: Nic Coury/AFP)

Apple will seine Produktion in Indien ausbauen. Dort müssen die meisten Käufer lange arbeiten, um sich das neueste Modell leisten zu können.

Von David Pfeifer, Bangkok

Nachdem Apple das iPhone im Jahr 2007 eingeführt hatte, wurde dieser Moment immer mal wieder mit der Erfindung des Rads verglichen. Es wäre auch untertrieben, nur von einem Lifestyle-Produkt zu sprechen, so fundamental wie seine Auswirkungen auf Wirtschaft, Gesellschaft und Politik seither waren. Gemeinsam mit vielen anderen Firmen, die mittlerweile günstigere Smartphones herstellen, hat Apple den Lebensstil eines großen Teils der Menschheit verändert. Alleine was das Wischen über Bildschirme aller Art angeht.

Da das iPhone immer noch den Maßstab für diese Produktkategorie setzt, erscheint mit jedem neuen Modell, das auf den Markt kommt, auch ein sogenannter iPhone-Index. Darin wird errechnet, welchen Anteil eines durchschnittlichen Jahresgehalts man für das neue Gerät ausgeben müsste, je nach Land, in dem man lebt. Es existieren mehrere dieser Indexe, teilweise werden sie von Mobilfunk-Anbietern oder Vergleichsportalen errechnet, manchmal auch nur von Diagramm-Freunden wie bei "World of Statistics". Sie weichen ein wenig voneinander ab, doch eine Tendenz lässt sich ablesen.

In Myanmar beispielsweise, einem vom Bürgerkrieg gebeutelten Land, müsste man laut einer Erhebung fast 90 Prozent eines durchschnittlichen Jahreseinkommens für ein neues iPhone 15 aufwenden. Im krisengebeutelten Pakistan sind es demnach noch knapp 66 Prozent. Das erklärt, wieso ein iPhone in Islamabad vom Statusgewinn her auf Höhe einer Rolex liegt. Telefonieren sieht man die Menschen eher mit günstigen Smartphones aus China. Interessant wird es in Ländern wie Indien und Vietnam, wo noch jeweils etwa 40 Prozent des durchschnittlichen Jahresgehalts für ein neues iPhone fällig wären. Denn in beiden Ländern stellt Apple verstärkt seine Produkte her, seitdem der kalifornische Konzern versucht, seine Abhängigkeit vom Standort China zu senken.

Foxconn will seine Investments in Indien verdoppeln

Gefertigt werden die meisten Geräte von dem Tech-Giganten Foxconn aus Taiwan. Einen Teil der iPhone-15-Produktion hat Foxconn bereits nach Indien ausgelagert, das im scharfen Standort-Wettbewerb mit China steht. "Wir werden noch härter arbeiten, um Ihnen im nächsten Jahr ein noch größeres Geburtstagsgeschenk zu machen", schrieb Vincent Lee, Foxconn-Vertreter in Indien, am Sonntag als Glückwunsch zum 73. Geburtstag von Premierminister Narendra Modi auf der Wirtschaftsplattform Linkedin. Foxconn will seine Investments in Indien verdoppeln.

Der Konzern betreibt bereits eine iPhone-Fabrik im indischen Bundesstaat Tamil Nadu, wo 40 000 Menschen beschäftigt sind. In Karnataka sollen nun etwa 600 Millionen US-Dollar in zwei weitere Produktionsstandorte investiert werden. Das ergibt auch deswegen Sinn, weil es in Indien sehr viele gut Englisch sprechende Fachkräfte gibt, die erstklassige Arbeit abliefern. Die Fachkräfte können sich von dieser Arbeit freilich auch kein teures iPhone 15 leisten, sondern weichen eher auf chinesische Oppo- oder Vivo-Smartphones aus. Produziert werden die iPhones also weiterhin unter harten Arbeitsbedingungen in Asien, um dann im Rest der Welt als teure Lifestyle-Produkte verkauft zu werden. In Deutschland und Österreich sind beispielsweise nur etwa 2,8 Prozent des Jahreseinkommens dafür fällig.

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