Dem sozialen Netzwerk Facebook steht in Deutschland neuer Ärger bevor. Das Bundeskartellamt teilte am Mittwoch mit, dass es ein Verfahren gegen die Facebook Inc., USA, die irische Tochterfirma sowie die Facebook Germany GmbH, Hamburg, eingeleitet habe.
Das Kartellamt geht demnach dem Verdacht nach, dass der Internet-Konzern durch die Gestaltung seiner Vertragsbestimmungen zur Verwendung von Nutzerdaten seine mögliche marktbeherrschende Stellung missbraucht. Die Behörde will prüfen, welcher Zusammenhang zwischen Facebooks marktbeherrschender Position und den Nutzungsbedingungen besteht.
Kartellamt zweifelt, dass Nutzer ausreichend aufgeklärt werden
Damit kommt das Bundeskartellamt deutschen Daten- und Verbraucherschützern zu Hilfe. Diese haben wiederholt versucht, Facebook wegen Datenschutzverstößen in den Nutzungsbedingungen zu belangen, mit mäßigem Erfolg. Erst am Montag erließ das Landgericht Berlin auf Grund einer strittigen Klausel ein Ordnungsgeld gegen den Konzern, das aber lediglich 100.000 Euro betrug. Facebook hat bereits angekündigt, die Strafe ohne Einspruch zahlen zu wollen - wenig überraschend, wenn man bedenkt, dass Facebook im Jahr 2015 nach eigenen Angaben fast 18 Milliarden Dollar Umsatz gemacht hat.
Wie die Behörde mitteilte, bestehe ein Anfangsverdacht, dass die Facebook-Nutzungbedingungen gegen datenschutzrechtliche Vorschriften verstoßen. Demnach könnte die Verwendung rechtswidriger Nutzungsbedingungen einen sogenannten Konditionenmissbrauch gegenüber den Nutzern darstellen. "Marktbeherrschende Unternehmen unterliegen besonderen Pflichten. Dazu gehört es auch, angemessene Vertragsbedingungen zu verwenden, soweit diese marktrelevant sind", sagte Kartellamts-Präsident Andreas Mundt.
Facebook erhebe von seinen Nutzern in großem Umfang persönliche Daten und ermögliche durch die Bildung von Nutzerprofilen Werbekunden ein zielgenaues Werben. Geprüft werden müsse, "ob die Verbraucher über die Art und den Umfang der Datenerhebung hinreichend aufgeklärt werden", heißt es von der Behörde. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit der Vorgehensweise des Unternehmens. Ein solcher Verstoß könne auch kartellrechtlich relevant sein, wenn ein Zusammenhang mit der dominierenden Stellung des Unternehmens bestehe.
"Ich finde es sehr positiv, dass jetzt dieses Verfahren stattfindet", sagt deshalb auch Thomas Kranig, Präsident des Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht. "Es spricht manches dafür, dass ein Unternehmen wie Facebook eine marktbeherrschende Stellung hat. Es ist gut, dass die zuständige Behörde prüft, ob diese Stellung ausgenutzt wird." Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) begrüßt das Vorgehen des Bundeskartellamts. Der Einfluss der Datenschutzbehörden der Länder gegenüber Facebook ist nämlich beschränkt. Nach geltender Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts sind nämlich irische Behörden zuständig. Eine Prüfung dieser Zuständigkeit durch den Europäischen Gerichtshof steht noch aus.
Facebook droht im Extremfall sogar Strafe in Milliardenhöhe
Die Klage des Kartellamts kann nun ein anderer Weg für deutsche Behörden sein, Facebook dennoch hier zu belangen - und im Falle eines Urteils wesentlich empfindlicher zu treffen als das den Datenschutzbehörden möglich wäre. Während das Bundesdatenschutzgesetz eine Höchststrafe von derzeit 300.000 Euro vorsieht, können Kartellverstöße im Extremfall richtig teuer werden: Bis zu einem Zehntel des weltweiten Umsatzes des vergangenen Jahres dürfen die Gerichte hier verhängen, also bis zu 1,8 Milliarden Dollar im Fall von Facebook.
Auch Kartellrechtler beobachten den Schritt des Kartellamtes mit großem Interesse. "Da muss schon was dran sein", sagt etwa Carsten Thiel von Herff, Anwalt für Kartellrecht. Er glaubt, dass das Kartellamt mit der Einleitung des Verfahrens signalisieren will, "dass sich auch US-Giganten an geltendes Recht zu halten haben". Nach Thiel von Herffs Einschätzung könnte das Verfahren für Facebook durchaus Konsequenzen haben. Sollte die Prüfung ergeben, dass Facebook seine marktbeherrschende Stellung bei den Datenschutzrichtlinien ausnutzt, gebe es üblicherweise einen Bußgeldbescheid. Facebook müsste dann eine Strafe zahlen und den Missstand beheben - also die AGB ändern. Über die Höhe einer etwaigen Strafe könnte man aber noch nichts sagen. Das sei "reine Spekulation".