Ausbildung:Mehr Geld für Back-Azubis? Gewerkschaft fordert Kurswechsel

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Ein Bäcker formt in der Backstube auf einer mit Mehl bestäubten Arbeitsplatte den Teig. (Foto: Soeren Stache/dpa/Symbolbild)

Gibt es den Bäcker um die Ecke noch? Wenn ja, Glück gehabt. Denn manch Bäcker hat in den vergangenen Jahren das Handtuch geworfen und den Laden dichtgemacht. Auch für junge Leute ist die Frühaufsteher-Branche nur mäßig attraktiv, wie Azubi-Zahlen belegen.

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Neuss (dpa/lnw) - Um jungen Leuten die Arbeit in Bäckereien schmackhaft zu machen, fordern Gewerkschafter eine deutlich bessere Bezahlung in der Ausbildung. „Die Azubis in Bäckereien rangieren bei der Vergütung im unteren Drittel aller Ausbildungsberufe - bei der Abbrecherquote dagegen sind sie im Spitzenfeld“, sagte der NRW-Landeschef der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Mohamed Boudih, am Freitag. Von den Arbeitgebern hieß es, eine Erhöhung der Azubi-Entgelte wäre zwar richtig, es gebe aber finanzielle Belastungsgrenzen für die Betriebe.

Nach Boudihs Ansicht gibt es in der Branche ein „akutes Azubi-Vakuum“ mit schwerwiegenden Folgen. Er habe Zweifel daran, ob das jetzige Sortiment an frischen Sonntagsbrötchen aufrechterhalten werden könne. Darauf würde er „für 2030 keine Wette abschließen“.

Der NGG-Landeschef führt den Nachwuchsmangel auch auf den vergleichsweise niedrigen Lohn zurück. Mit der üblichen Bezahlung von 680 Euro im Monat im ersten Ausbildungsjahr könne man kaum noch junge Leute für das „Frühaufsteher-Handwerk“ gewinnen. „Mit so wenig Geld kommt keiner mehr klar.“ Boudih fordert eine Anhebung auf 850 Euro. Dieser Monatsbetrag sollte schrittweise auf 1100 Euro als letzte Stufe im dritten Lehrjahr angehoben werden, sagt er. Bisher verdient ein Bäckerazubi am Ende seiner Ausbildung den Angaben zufolge 885 Euro. Außerdem macht sich Boudih für einen Fahrtkostenzuschuss von 49 Euro im Monat stark.

Die Arbeitgeber nehmen die Gewerkschaftsforderung verhalten auf. Der Vize-Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks, Friedemann Berg, sagte zwar, dass man ebenfalls eine höhere Azubivergütung wolle. In Tarifverhandlungen habe man ein großzügiges Angebot gemacht. Die NGG habe dieses aber „vom Tisch gefegt“ und noch viel mehr gefordert. Das aber würde einige Handwerksbäcker überfordern, da sie ohnehin mit einer Kostenexplosion zu kämpfen hätten. „Schlimmstenfalls würden sie nicht mehr ausbilden, was auch sehr nachteilig für unsere Branche wäre“, sagt Berg.

Zudem weist der Arbeitsrechtler darauf hin, dass der Tarifvertrag nur die untere Grenze der Ausbildungsvergütung darstelle. „Schon jetzt zahlen viele Betriebe freiwillig mehr und geben ihren Azubis noch weitere Extras.“ Man müsse man aber alle Betriebe im Blick haben, also auch die kleinen in strukturschwachen Gebieten.

Im vergangenen Jahr hatten die 1382 Bäckereien in NRW mit ihren 1760 Verkaufsstellen laut Bundesagentur für Arbeit 3022 Azubis. 2013 waren es noch 5835 Azubis. Das Nachwuchsproblem im Bäckerhandwerk ist eins der Themen auf dem zweitägigen NGG-Gewerkschaftstag, der am Freitag in Neuss begann. Hierbei geht es auch um bessere Arbeitsbedingungen in anderen Branchen, etwa in der Gastronomie. Als Redner vor den gut 200 Delegierten und Gästen trat unter anderen NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann auf.

© dpa-infocom, dpa:230602-99-912698/4

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