Halloumi:Grenzen der Käse-Diplomatie

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Halloumi wahrt dabei stets die Form - ob man ihn nun mit Spargel oder anderen Beilagen verspeist. (Foto: NikDon/Pond5 Images/IMAGO)

Wann darf ein Grillkäse "Halloumi" heißen? Das hatte die EU vor zwei Jahren festgelegt - um zyprische Produzenten vor Nachahmern zu schützen. Nun haben ausgerechnet sie dagegen geklagt.

Von Raphael Geiger, Istanbul

Im östlichen Mittelmeer glauben manche, die Konflikte der Region existierten vielleicht in den Köpfen, nicht aber auf den Tellern. Essen sie nicht in Aleppo die gleichen Falafeln wie in Tel Aviv, sieht die Karte einer Istanbuler Meyhane der einer Athener Taverne nicht sehr ähnlich? Stimmt schon. Aber dass Essen verbindet, ist auch eine allzu romantische Idee. Muss man nur eine Syrerin fragen, was sie von israelischer Falafel hält (eventuell noch weniger als von Benjamin Netanjahu). Gar nicht so schwer auch, einen Türken zu finden, der sich beklagt, dass kaum jemand den türkischen Cacık kennt, jeder aber die griechische Variante Zaziki (uralte Geschichte).

Ein EU-Beschluss brachte Nord- und Südzypern einander näher

Auf alte Geschichten ist die Gegend ja spezialisiert. Eine davon handelt von Grillkäse, dem zyprischen Halloumi, der im türkisch besetzten Norden der Insel Hellim heißt. Am Mittwoch hat sich das Gericht der Europäischen Union in Luxemburg mit dem Käse beschäftigt, was daran liegt, dass die EU ihn im Jahr 2021 als "geschützte Ursprungsbezeichnung" eintragen ließ. Das heißt, Halloumi ist ein zyprischer Käse, und er muss zu mehr als der Hälfte aus Schafs- oder Ziegenmilch bestehen, nicht aus Kuhmilch. Die EU legte damals auch fest, dass nicht nur griechisch-zyprischer Halloumi ein Recht auf Schutz hat, sondern auch der türkisch-zyprische Hellim. Die Nordzyprer bekamen das Recht, ihren Käse in die Europäische Union zu exportieren. Was jemanden aus dem griechischen Teil dazu brachte, im Guardian von "Verrat" zu sprechen. Der Sender Euronews ließ sich davon nicht irritieren und fragte: "Kann Käse-Diplomatie Zypern einen?"

Zwei Jahre später ist aus Halloumi kein Friedenskäse geworden. Die "Stiftung zum Schutz des traditionellen zyprischen Käses namens Halloumi" verklagte zwischendurch sogar mal einen Hersteller aus Bulgarien, dessen Produkt "BBQLOUMI" hieß. Die europäischen Richter wiesen die Klage ab, eine Verwechslungsgefahr sei nicht gegeben. Jetzt ging es vor Gericht in Luxemburg um den Schutz des Halloumi an sich, gegen den es immer schon Einwände gab. Unter anderem jenen, dass auf Zypern das Chios-Schaf und die Damaskus-Ziege leben, Tierarten, die erst im 20. Jahrhundert auf die Insel kamen - verdient deren Käse schon den Schutz der EU? Die anfangs erwähnten Syrer wären vielleicht anderer Meinung.

Aber auch zyprische Hersteller waren skeptisch. Man könne so schnell nicht weniger als 50 Prozent Kuhmilch verwenden, es fehle an Schafen und Ziegen. So war es auch im türkischen Norden, wo Hellim für mehr als ein Drittel der Exportumsätze sorgt - in Länder außerhalb der EU mit hohem Kuhmilchanteil. Die türkischen Zyprer schrieben einen Beschwerdebrief nach Brüssel, die griechischen Kollegen klagten. Immerhin, im Ärger auf die EU waren sie sich einig.

Am Mittwoch verloren sie. Der Schutz bleibe, urteilten die Richter in Luxemburg. Kann sein, dass die Käsehersteller jetzt bald mal wieder auf die Straße gehen. Im Jahr 2021 zogen die Nordzyprer zur Nord-Süd-Grenze, dabei hatten sie einen Grill, darauf ihr Hellim, und der tat es ihnen gleich: Selbst bei hoher Temperatur gab er nicht nach.

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