Die guten Wetterbedingungen in Deutschland lösen im hiesigen Stromnetz einen neuen Rekord aus: Noch nie floss nach Angaben der Bundesregierung so viel Strom aus erneuerbaren Energien in den Netzen des Landes wie im ersten Halbjahr 2015. "32 Prozent der Stromproduktion kamen aus erneuerbaren Energien", sagte Wirtschafts-Staatssekretär Uwe Beckmeyer (SPD). "Eine enorme Zahl, für das, was wir in Deutschland erreicht haben", so Beckmeyer auf dem 10. Energiekongress der Süddeutschen Zeitung in München.
Es geht um einen Rekord, der in der Politik in diesen Tagen wegen des Fortschritts bei der Energiewende für Aufsehen sorgt. "Diese 32 Prozent sind eine sehr schöne Zahl", sagte Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne). Doch die Freude ist getrübt. "Das Ausland und wir schauen auf die deutsche CO₂-Bilanz. Und da haben wir noch erheblich zu arbeiten." Schließlich gebe es ungeachtet des rasanten Ausbaus von Wind- und Sonnenenergie auch noch einen anhaltend großen Anteil an Energie aus klimaschädlicher Kohle. Zusammen kommen Braun- und Steinkohle in der deutschen Stromerzeugung auf einen Anteil von beinahe 50 Prozent. Auch Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) verlangt, "die Energiewende zu einer Klimawende zu machen".
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Weitere Schlappe für die Gegner: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof lässt im Fall der Anlage nahe dem Weißlinger Holz keine Berufung zu.
Intensiver denn je fragen sich Politik und Fachleute, wie die Räder im deutschen Energiesystem angesichts des rasanten Wachstums von erneuerbaren Energien auch in Zukunft noch ineinander greifen können. Beispiel Stromnetz: Wenn immer mehr private Haushalte ihre eigene Energie anteilig über ihre Solaranlagen erzeugen, dann fallen sie aus dem klassischen Umlagesystem für die Finanzierung des Umbaus - beispielsweise für Stromnetze - heraus. Bislang richten sich diese Netzentgelte nach dem verbrauchten Strom. Wer weniger Energie verbraucht, weil er ihn selbst erzeugt, zahlt aber folglich auch weniger Umlage.
Kosten der Energiewende immer größeres Problem
Die Bundesregierung macht bei der fairen Verteilung der Kosten der Wende offenbar ein immer größeres Problem aus. Am Dienstag wurde deutlich: Berlin will gegensteuern. Ziel sei es, "die Netzkosten auf möglichst vielen Schultern zu verteilen", kündigte Beckmeyer an. Wie das funktionieren sollte, werde derzeit in der Bundesregierung diskutiert. Auch unabhängige Experten wie der Chef des Berliner Expertengremiums Agora, Patrick Graichen, erklärt den Bereich zum entscheidenden Problem: "Das wird in den nächsten Monaten ein Riesenthema. Sowohl, was die Finanzierung als auch die Steuerung der Netze angeht."
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Noch macht sich das Problem bei den Stromverbrauchern, die etwa die Netzentgelte über die Stromrechnung finanzieren, allerdings nicht bemerkbar. Im Gegenteil: Die Deutschen zahlen erstmals seit eineinhalb Jahrzehnten sogar wieder etwas weniger für ihren Strom. Der Durchschnittspreis sei im Jahr 2015 im Vorjahresvergleich bisher um 1,4 Prozent gesunken, teilte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW ) zuletzt mit. Ein durchschnittlicher Haushalt mit vier Personen und 3500 Kilowattstunden Jahresverbrauch gibt damit monatlich etwa 84 Euro für Strom aus. Im Vorjahr waren es 85 Euro.
Den Grund dafür, dass sich der gesunkene Großhandelspreis an den Strombörsen bislang noch nicht stärker auf den Endkundenpreis auswirkt, erklärt der Verband mit dem weiterhin großen Anteil von Steuern, Abgaben und Umlagen am Strompreis. Dieser stehe weiterhin für mehr als die Hälfte des Strompreises. Die Kosten für Strombeschaffung und Vertrieb, den Deutschlands Stromanbieter noch beeinflussen könnten, liege bei nur noch rund 25 Prozent des Preises, erklärte der Branchenverband der Stromindustrie.