Gastgewerbe - Michelstadt:Urlaubsregionen zwischen Sommerhoch und Winterblues

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Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Ferien auf dem Land und Aktivitäten an der frischen Luft: Einige hessische Urlaubsregionen haben vom veränderten Reise- und Freizeitverhalten durch die Corona-Pandemie profitieren können. Mehrere Destinationen ziehen ein positives Fazit der ausklingenden Sommersaison - vor allem jene, die Natur zu bieten haben, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.

Ein positives Fazit zum Sommergeschäft kommt aus dem ODENWALD in Südhessen: "Wir haben im August das höchste Buchungsaufkommen, das je gemessen wurde. Wir liegen zehn Prozent über dem Vorjahresmonat", berichtet die Geschäftsführerin der Odenwald Tourismus GmbH, Karolin Horn. Die Tendenz setze sich im September fort. Am Ende würden keine riesigen Gewinne stehen, doch zumindest seien die Auswirkungen des Lockdowns mit dem August ausgeglichen. Nach Auffassung von Horn hat die Corona-Krise das Verhältnis von Städtetourismus und Urlaub auf dem Land umgekehrt: "Die Gäste kamen überwiegend aus den umliegenden Ballungsräumen." Schwerpunkt seien die Outdoor-Aktivitäten gewesen.

Auch das Gastgewerbe rund um den EDERSEE profitiert kräftig vom Trend zum Urlaub in Deutschland. Einen regelrechten Ansturm habe es auf die Ferienhäuser und -wohnungen gegeben, die vor allem während der hessischen und nordrhein-westfälischen Sommerferien ausgebucht gewesen seien, sagt der Geschäftsführer der Edersee Touristic GmbH, Claus Günther. Viel Zulauf verzeichnen zudem - wie überall in Deutschland - die Campingplätze: Rund ein Dutzend gibt es davon rund um den Edersee und alle seien nahezu an ihrer Auslastungsgrenze gewesen. Auch die Hotels zeigten sich insgesamt zufrieden, auch wenn es dort die einen oder anderen freien Kapazitäten gegeben habe.

Schon lange vor Corona setzte das LAHNTAL in Mittelhessen mit Angeboten fürs Radeln, Wandern und Paddeln auf den Aktivtourismus. Nun profitiert die Flussregion davon, dass sich viele Menschen bevorzugt in der Nähe und draußen erholen wollen. Campingplätze, Rad- und Kanuverleih - das alles sei stark nachgefragt, berichtet Ulrike Petersen, Sprecherin des Lahntal Tourismus Verbands. Dennoch könne man die Saison nicht mit normalen Jahren vergleichen.

Zu Beginn der Corona-Krise im Frühjahr habe es Einbußen gegeben, ruft sie in Erinnerung. Zudem hätten die Betriebe mehr Aufwand, um die Hygieneregelungen umzusetzen oder das veränderte Verhalten vieler Gäste hin zu kurzfristigeren Buchungen zu organisieren. Insgesamt sei man aber froh, dass es überhaupt eine Saison gegeben habe. Für eine abschließende Bilanz sei es allerdings noch zu früh.

In der RHÖN hat die Pandemie die Nachfrage der einheimischen Gäste angekurbelt, die verstärkt Urlaub in der Region machten, wie ein Sprecher der Rhön GmbH sagte. Belastbare Zahlen zur Auslastung der Betriebe lägen zwar noch nicht vor, man hoffe aber, dank zunehmender Lockerungen der Auflagen an das Vorjahresergebnis anknüpfen zu können. Gäste suchten in der Region vor allem die Erholung in der Natur, etwa bei Wanderungen oder einer Führung in dem als Sternenpark ausgezeichneten Biosphärenreservat Rhön. Diese Formen des Urlaubs komme auch dem Sicherheitsbedürfnis der Gäste entgegen: "Man kann raus in die Natur und trifft nicht auf riesige Menschenmengen."

Aktuell seien Hotellerie und Gastronomie recht zufrieden mit der Sommersaison, heißt es aus dem RHEINGAU. "Insgesamt kann man ein positives Bild zeichnen", berichtet die Sprecherin der dortigen Tourismusorganisation, Sabine Nebel. "Auch das Wetter spielt uns in die Karten." Es sei zu beobachten, dass Gäste länger blieben oder auch aus der näheren Umgebung zum Übernachten anreisten. Eine Ausnahme sei Rüdesheim: Die Stadt sei anders als andere Orte maßgeblich von ausländischen Gästen und Gruppenreisen abhängig. Wer sich auf diese spezialisiert hat, habe es in Corona-Zeiten schwer.

Auch das in Sachen Tourismus erfolgsverwöhnte FRANKFURT findet derzeit nur spärlichen Trost in langsam wieder ansteigenden Übernachtungszahlen, wie Tourismus-Chef Thomas Feda sagt. Der Städtetourismus habe wegen Corona derzeit einen schweren Stand. "Unsere Erfolgsfaktoren Kultur, Shopping, Events sind im Moment einfach kein Argument." Es gebe kaum Kulturveranstaltungen, die großen Feste hätten abgesagt werden müssen und Einkaufen sei nur unter erschwerten Bedingungen möglich.

Im April seien die Übernachtungen um 90 Prozent eingebrochen, die gleiche Situation habe im Mai vorgelegen. Im Juni sei die Auslastung leicht angestiegen, habe aber im Juli noch immer nur zwischen 20 und 30 Prozent betragen. Dabei habe das Jahr rekordverdächtig begonnen. Frankfurt sei von Corona auch deshalb besonders betroffen, da normalerweise die Hälfte der Gäste aus dem Ausland kommen - aus Staaten wie den USA und China, aber auch aus großen spanischen Städten, die derzeit als Risikogebiete eingestuft sind.

Aktuell verzeichneten die Hotels vermehrt kurzfristige Buchungen von Gästen, die mit dem Auto anreisten. Für eine Belebung der Innenstadt werde auch die Buchmesse sorgen. Vor dem Jahr 2023 rechne er aber nicht damit, dass man in Frankfurt wieder von einem normalen touristischen Betrieb sprechen könne, sagt Feda.

Genaue Zahlen zur Entwicklung von Hessens Tourismusbranche in den ersten sechs Monaten dieses Jahres - also noch vor den Sommerferien - legt das Statistische Landesamt am (morgigen) Mittwoch vor. Ein banger Blick in die Zukunft bleibt auch in anderen Regionen nicht aus. So sagt Sabine Nebel aus dem Rheingau: "Wovor aber allen graut ist die Wintersaison, wenn sich alles wieder nach drinnen verlagert." Die kühlere Jahreszeit werde eine Herausforderung.

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