Fitness-Technik:Bauch, Beine, App

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Nicht jeder hat einen Klettergarten im Wohnzimmer, aber man kann sich auch mit erheblich einfacheren Mitteln fithalten. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Elektronische Helfer sollen Sportlern und Ungeübten helfen, ihre Übun­gen daheim richtig auszuführen. Das können die Gadgets von Garmin, Plankpad, Straffr und Co.

Von Valentin Dornis, Helmut Martin-Jung und Thorsten Riedl

Schon klar: Der Turnvater Jahn hat so etwas weder gehabt, noch hätte er es vermutlich gebraucht: elektronische Gadgets, die dabei helfen sollen, dass Menschen sich mehr bewegen. Etwa um endlich etwas gegen die Bürokrankheit Rückenschmerzen zu unternehmen. Besondere Bedeutung gewinnt das gerade jetzt in der Corona-Krise, die viele ins Home-Office zwingt. Eine kleine Auswahl.

Planks reloaded

Das Plankpad ist ein Holzbrett mit Schaumstoffauflage. (Foto: OH)

Unterarme samt Ellbogen auf dem Boden abstützen, Füße auf die Ballen stellen und der Rest des Körpers bildet eine möglichst gerade Linie. Plank nennt man das auf fitnessdeutsch - klingt ja auch gleich viel cooler als Unterarmstütz. Ein Start-up will Heimsportlern diese ohnehin ziemlich anstrengende Übung nun etwas versüßen und gleichzeitig effektiver machen. Das Plankpad ist ein Holzbrett mit Schaumstoffauflage, unten am Brett sind zwei runde Holzstücke befestigt, so dass man mit den Händen auf dem Pad schaukeln kann. In einer zugehörigen App gibt es Spiele, bei denen man in die eine oder andere Richtung wippen muss. Das Handy liegt dabei auf dem Brett und seine Lagesensoren kriegen mit, ob man das Spiel richtig steuert. Der Vorteil: Weil man sich aufs Spiel konzentriert, ist man abgelenkt und bemerkt erst etwas später als ohne, wie sehr die Bauch- oder Rückmuskeln schon ziehen - was ja der Sinn der ganzen Übung ist. Eine nette Idee, das Pad ist darüberhinaus hübsch gestaltet und wirkt, als ob man lange damit arbeiten könnte (etwa 70 Euro).

Daten-Monster

Das Fenix 6x Solar von Garmin vermisst seine Nutzer über eine Vielzahl von Sensoren. (Foto: OH)

Die Garmin Fenix 6x Solar ist ein Traum für jeden sportlich begeisterten Gadgetfan. Der Sportler bekommt eine Vielzahl an Sensoren, um seine Leistung zu überwachen: beispielsweise solche für alle drei internationalen Satellitennavigationssysteme (GPS, Glonass, Galileo), für den Puls oder auch einen Pulsoximeter für die Blutsauerstoffsättigung, einen barometrischen Höhenmesser, ein Thermometer und noch viele mehr. Mit den Daten dieser Sensoren kann der Sportler seine Leistung im Detail aufzeichnen: sei es beim Joggen, Radfahren, Wandern, beim Golfen - und natürlich auch beim Radeln zu Hause, etwa auf einem Rollentrainer. Die Informationen fließen in die Garmin-App und werden dort aufbereitet. Die Software für das Smartphone ist recht übersichtlich, etwas Einarbeitung braucht es aber schon. Die Daten lassen sich auf dem großen Display der Uhr ablesen: Das Gehäuse misst 51 mal 51 Millimeter bei einer Tiefe von 15 Millimeter. Ein ziemliches Monster, sogar an einem Männerarm wirkt die Uhr wuchtig. Zum Glück gibt es die 6er auch in kleineren Versionen.

Im Testgerät sitzt unter dem Display eine Solarzelle. So wird die Uhr beim Tragen zusätzlich geladen - alleine reicht die Sonnenenergie nicht aus, um die Uhr während des Betriebs vollzuladen. Die Akkulaufzeit verlängert sich aber auf einige Wochen. Bedient wird die Uhr über fünf Knöpfe, ohne Touchscreen. Das braucht Übung. Sie besitzt ein transflektives Display, das wenig Strom verbraucht, in direktem Sonnenlicht gut ablesbar ist, im Dunklen mit einer Hintergrundbeleuchtung arbeitet - aber leider Farben weniger brillant darstellt als etwa von Apple- oder Samsung-Uhren gewohnt (etwa 850 Euro).

Kopf hoch!

Das Upright Go2 soll für eine gerade Haltung sorgen. (Foto: OH)

Der moderne Mensch lässt viel zu oft den Kopf hängen: In der Bahn beim Blick aufs Handy, auf der Arbeit sackt er vor dem Computer in sich zusammen. "Slouching" heißt das Phänomen, bei dem der obere Rücken runder wird und das bei vielen Nacken- und Kopfschmerzen verursacht. Diverse kleine, elektronische Gadgets sollen helfen, sich wieder einen geraden Rücken anzugewöhnen. Mehrere Anbieter haben kleine Kästchen entwickelt, die mit Lagesensoren die Rückenhaltung prüfen. Sie senden direkt einen Alarm, wenn man mal wieder durchhängt, und sammeln alle Daten in der jeweiligen App. Die Geräte werden entweder hinten mit einem kleinen Bügel an den Kragen gehängt oder gleich mit einem Gurt um die Schulter geschnürt.

Eine Ausnahme ist der Upright Go 2: Dieses Gerät wird mit Klebestreifen direkt auf der Haut zwischen den Schultern befestigt. Das funktioniert auch sehr gut, es bleibt unter der Kleidung weitgehend unsichtbar. Es hält auch bei Bewegung fest und lässt sich trotzdem leicht wieder ablösen. Neigt sich der Rücken zu weit nach vorne, mahnt ein sanfter Vibrationsalarm zur Korrektur. Das ist vor allem zu Beginn etwas nervig, hat aber den gewünschten Effekt. Man bewegt sich sofort haltungsbewusster durch den Alltag. Doch da hört es auch schon auf: Um tatsächlich dauerhaft eine bessere Haltung einzunehmen, müssen auch die entsprechenden Muskeln trainiert werden. Experten raten bei Haltungsschäden dazu, unter fachgerechter Anleitung mit gezielten Kräftigungsübungen daran zu arbeiten. Das kleine Gerät für knapp 100 Euro weist nur auf das Problem hin, um es lösen, müssen schon auch ein paar Schweißtropfen fließen.

Sofort-Feedback

Der Straffr ist ein Gurt aus Silikon, der seinem Namen alle Ehre machen soll. (Foto: OH)

Zum Beispiel lässt sich das mit einem recht interessanten Projekt auf der Crowdfunding-Plattform Indiegogo bewerkstelligen. Der Straffr ist ein Gurt aus Silikon, in dessen Innern ein Sensorband verläuft. Ein Kästchen von der Größe einer Streichholzschachtel enthält ein wenig Elektronik nebst Bluetooth-Chip und natürlich einen Akku. Der Sensor erfasst, wie stark man an dem Band zieht, mit ein wenig Algorithmus-Magie schafft es das Straffr-Team auch, die Geschwindigkeit von Bewegungen zu berechnen, ohne dass dafür ein weiterer Sensor nötig wäre. Die Idee: Das Gerät soll es ermöglichen, Übungen in einer bestimmten Intensität und Geschwindigkeit auszuführen.

Das Beste daran: Ob man richtig liegt, wird in der dazugehörigen App in Echtzeit angezeigt. Die App sagt dem Nutzer, mit wie viel Kilo er am Band zieht, hat er den richtigen Bereich erreicht, leuchtet es grün auf. Verschiedene Workouts sind bereits vorkonfiguriert, es gibt aber auch die Möglichkeit, sich eigene zu erstellen oder sich etwa von einem Physiotherapeuten erstellen zu lassen. Das kann zum Beispiel auch dazu dienen, sich nicht zu überlasten, etwa nach einer Verletzung. Der Straffr soll von August an ausgeliefert werden, bei Indiegogo lässt er sich jetzt bereits für 89 Euro vorbestellen, der Verkaufspreis danach wird 99 Euro betragen.

Twister-Matte

Auf der Fitteryou-Matte sind verschiedene Positionen eingezeichnet. (Foto: OH)

Auch der Hersteller Effit hat sich Gedanken darüber gemacht, wie beim Training zu Hause Übungen auch richtig ausgeführt werden. Also etwa nicht zu Überlastung führen. Die Lösung: Fitteryou, eine Matte und eine dazugehörige App. Das Prinzip bei der Doppelbett-großen Matte erinnert ein wenig an das bekannte Spiel Twister: Auf der Unterlage sind Positionen eingezeichnet, die angeben, wo die Gliedmaßen bei dieser oder jener Übung hinsollen. Deshalb gibt es sie auch in vier Größen, von XS bis XL.

Die Trainingsprogramme in der App lassen sich in der Basisversion viermal pro Monat nutzen - das ist zu wenig für ernsthaftere Ambitionen. So bleibt nur das kostenpflichtige Abonnement, das mit gut zehn Euro pro Monat zu Buche schlägt. Die Matte selbst kostet einmalig 59 Euro. Im Paket Matte plus drei Monate Training wird es etwas billiger. Bei den Programmen lassen sich drei Intensitätsstufen auswählen, von eher sanft bis fordernd. Die Trainer erklären zunächst, was die Übung leisten, erläutern, wie man sie ausführt und machen sie anschließend vor, dazu gibt's aufmunternde Musik und lobende Worte vom virtuellen Trainer. Nur schwitzen muss man selber.

© SZ vom 01.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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