Geldhäuser haben aus Sicht von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel neue Geschäftsmöglichkeiten durch einen digitalen Euro bisher nicht genügend erfasst. Mit dem digitalen Euro ließen sich etwa Finanzprodukte viel kleinteiliger anbieten als es bislang der Fall sei, sagte Nagel am Samstag auf der Veranstaltung "Euro20+" mit jungen Erwachsenen in Frankfurt. "Das ist im Übrigen ein Aspekt, von dem ich glaube, dass er von der Kreditwirtschaft noch unterschätzt wird", sagte er.
Aus einer digitalen Geldbörse heraus werde es dann möglicherweise schneller möglich sein, in Finanzprodukte im Finanzmarkt einzusteigen. Der digitale Euro werde ganz neue Möglichkeiten für Finanzprodukte und auch Kundenbindung bieten, sagte Nagel. "Und da wird es in den nächsten Jahren darum gehen, dass wir die Banken, insgesamt die Finanzdienstleister, dort stärker davon überzeugen können, dass da für sie viele neue Geschäftsideen quasi vor ihnen liegen", merkte er an. Nach früheren Aussagen rechnet der Bundesbank-Präsident damit, dass in circa fünf Jahren mit dem digitalen Euro bezahlt werden kann.
Mit dem Projekt eines digitalen Euro will die Europäische Zentralbank (EZB) der zunehmenden Konkurrenz im digitalen Zahlungsverkehr durch US-Unternehmen wie Paypal oder Apple Pay und dem Vormarsch von Kryptodevisen wie Bitcoin und Ethereum etwas entgegensetzen. Auch der Aspekt der Souveränität Europas im Zahlungsverkehr spielt eine wichtige Rolle. Die EZB hatte im Oktober grünes Licht für die nächsten Schritte hin zu einer digitalen Version der Gemeinschaftswährung gegeben. Dabei sollen das Regelwerk fertiggestellt und Anbieter für die Entwicklung einer Plattform und Infrastruktur ausgewählt werden. Diese Vorbereitungsphase begann am 1. November und ist zunächst auf zwei Jahre angelegt.