Finanzmärkte:Irgendwas gegen Spekulanten

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Wundersame Wendung in Schwarz-Gelb: Die Regierungskoalition von Angela Merkel gibt europäischem Druck nach und pusht Finanzmarktreformen. Europa macht Druck.

Kommt sie oder kommt sie nicht? Zwar hat die schwarz-gelbe Koalition dem Druck nachgegeben und setzt sich nun doch für eine europäische oder internationale Finanzmarktsteuer ein. Allerdings sind noch nicht alle Details geklärt, wie Finanzminister Wolfgang Schäuble in Brüssel sagte.

Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble: Der Druck der europäischen Gmeinschaft ist einfach zu groß, das Nein zur Finanztransaktionssteuer ist nicht durchzuhalten. (Foto: Foto: ddp)

Sind letzten Endes vielelicht so viele Details unklar, dass die von so vielen Stimmen herbeigeredete Steuer doch noch platzt? Fest steht: Derzeit stehen beispielsweise hinter einer Finanztransaktionssteuer mehr Fragezeichen als Ausrufezeichen.

Die Krux mit den unterschiedlichen Meinungen

"Die Meinungen sind darüber ein Stück weit noch nicht im Konsens", erklärte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Rande des Treffens der EU-Finanzminister in Brüssel ein wenig umständlich. Der nächste entscheidende Termin für diesen Plan sei der Gipfel der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer im Juni in Kanada.

"Eine Einigung auf eine europäische Initiative können wir frühestens ins Auge fassen, wenn sich bei dem G20-Treffen herausstellen sollte, es gibt diese Einigung nicht." Schäuble widersprach damit etwas der Darstellung des österreichischen Finanzministers Josef Pröll. Dieser hatte erklärt, die Euro-Staaten wollten die Arbeit an einer europäischen Transaktionssteuer beschleunigen und vorantreiben.

Vielleicht aber hat Europa einfach zu viele Zungen.

Schäubles Einschätzung zufolge hätte eine Finanztransaktionssteuer auf internationaler Ebene kaum Chancen. Die meisten EU-Länder seien so wie die Bundesregierung der Meinung, dass eine solche Steuer nur weltweit sinnvoll sei. "Dafür werden sich die Europäer vermutlich einsetzen - wir auch - aber ob es global zustande kommt, daran bestehen erhebliche Zweifel", erklärte der deutsche Finanzminister.

Unions-Fraktionschef Volker Kauder führte nach einer Sitzung der Koalitionsspitzen in Berlin aus, die Regierung werde aufgefordert, "über die Bankenabgabe hinaus sich für eine europäische, globale Beteiligung der Finanzmärkte einzusetzen". Der Kompromiss zwischen Union und FDP sieht vor, dass sich die Koalition dabei zunächst nicht auf eine Finanztransaktionsteuer oder Finanzaktivitätssteuer festlegt. Beides müsse geprüft werden, sagte Kauder.

Die Regierung habe zugesagt, dass sie sich nun auf internationaler Ebene dafür einsetzen werde, assistierte CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich. "Deutschland ist jetzt einer der Befürworter."

Befürworten ist gut, aber was? Beschlossen ist nichts, nur irgendetwas mit Finanzmarkt soll es sein. Anders geht es ja auch nicht, nachdem die anderen EU-Länder Tempo im Kampf gegen Spekulanten aufgenommen haben und auf keinen Fall auf Angela Merkel warten wollen. Beschlossen sindimmerhin erste Maßnahmen zur Kontrolle von Hedgefonds.

Hü und hott in der Bankenszene

In der Bankenbranche stößt eine solche Steuer auf ein geteiltes Echo. Während die öffentlich-rechtlichen Institute für eine Abgabe auf Finanztransaktionen sind, kommt Kritik von den Privatbanken: "Ohne überhaupt an den Ursachen der Krise anzusetzen, verteuert eine solche Steuer Finanzdienstleistungen", teilte der Bundesverband deutscher Banken mit. Die Folge wären höhere Zinsen für Kreditnehmer und niedrigere Renditen für Anleger. Eine solche Maßnahme berge damit die Gefahr, das Wirtschaftswachstum in Deutschland abzuwürgen.

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband spricht dagegen von einem wirksamen Instrument zur Regulierung internationaler Bankenmärkte.

Auch die FDP befürchtet eine übermäßige Belastung kleiner Sparer, hat sich nun aber zu dem Kompromiss durchgerungen - die Liberalen wollen sich nicht mehr verweigern, wenn eine Mehrheit für dieses Instrument auf europäischer oder globaler Ebene möglich ist. Wichtig sei, dass es am Ende zu einer Beteiligung der Finanzwirtschaft an den Krisenfolgen komme.

Die Union war am Montag auf diese Börsenumsatzsteuer eingeschwenkt. Das als Alternative genannte Instrument einer Finanzaktivitätssteuer, das die FDP für wesentlicher effektiver hält, geht auf den Internationalen Währungsfonds zurück. Es handelt sich dabei um eine Art Bankenabgabe auf Gewinne und Manager-Boni.

CSU-Chef Horst Seehofer begrüßte unterdessen die Einigung der Berliner Koalition auf die Forderung nach einer internationalen Finanztransaktionssteuer. Er habe stets verlangt, dass die Finanzbranche ihren Beitrag leiste, sagte er.

Die SPD betonte dagegen, die Bewegung in der Koalition reiche noch nicht aus. "Dass sich die Koalition endlich bei der Transaktionssteuer bewegt, ist ein großer Erfolg der SPD", sagte Partei-Chef Sigmar Gabriel. "Jetzt kommt es darauf an, dass sich Union und FDP klar zu der Transaktionssteuer bekennen. Unverbindliche Prüfaufträge reichen nicht aus."

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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